Das Ende der „Robin-Hood-Steuer“

Es wird auf absehbare Zeit keine EU-Steuer auf Finanztransaktionen geben, erklärte Finanzminister Hartwig Löger.
Es wird auf absehbare Zeit keine EU-Steuer auf Finanztransaktionen geben, erklärte Finanzminister Hartwig Löger.(c) APA/GEORG HOCHMUTH
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Mangels Erfolgsaussicht stoppt Finanzminister Löger die Arbeit an einer EU-Finanztransaktionssteuer. Berlin und Paris streben stattdessen eine abgespeckte Aktiensteuer an.

Brüssel/Wien. Nach mehr als sieben Jahren zusehends aussichtsloser Debatten ist es seit Montagnachmittag beschlossene Sache: Es wird auf absehbare Zeit keine EU-Steuer auf Finanztransaktionen geben. Das erklärte Finanzminister Hartwig Löger, der im Rahmen des österreichischen Ratsvorsitzes die Ecofin-Sitzungen der EU-Finanzminister leitet, am Montag in Brüssel. Die Gespräche über diese volkstümlich auch „Robin-Hood-Steuer“ genannte Abgabe wurden seit Jahren in einer Gruppe von zuletzt nur mehr zehn Mitgliedstaaten geführt. Mit dem deutsch-französischen Vorschlag einer gemeinsamen Aktiensteuer, welche ein künftiges Budget der Eurozone füllen sollte, war jedoch seit vorigem Monat bereits klar, dass es keine volle Transaktionssteuer geben wird. Löger bestätigte dies am Montag, indem er sagte, dieser deutsch-französische Vorschlag habe „nicht mehr den Anspruch“ auf eine umfassende Finanztransaktionssteuer.

Ungelöste Zielkonflikte

Unklar ist, wie viele Mitglieder dieser Staatengruppe (außer Deutschland und Frankreich sind das Belgien, Griechenland, Italien, Österreich, Portugal, die Slowakei, Slowenien sowie Spanien) sich dem neuen deutsch-französischen Steuerprojekt anschließen werden. „Es haben heute einige Länder – ich werde keine genaue Zahl nennen und auch keine Ländernamen – dazu das Okay gegeben, hier in den nächsten Wochen noch technisch die Dinge zu vertiefen, um zu erkennen, in welcher Form das deutsch-französische Papier (. . .) auch für ein mögliches Eurozonenbudget Verwendung finden kann“, sagte Löger. „Mein Status ist, dass das nicht mehr die Finanztransaktionssteuer ist, die wir in unserer Zehnergruppe diskutieren.“

Im September 2011 hatte die Europäische Kommission (damals noch unter ihrem Präsidenten José Manuel Barroso) einen Vorschlag für eine unionsweite Steuer unterbreitet, „damit auch der Finanzsektor seinen fairen Beitrag leistet“. Der Hinweis zeigt, welcher Zeit Kind dieser Plan war: Nach der Finanzkrise 2008 waren in Europa unzählige Banken und Versicherungen in den Genuss von insgesamt mehr als 4,5 Billionen Euro an staatlichen Notkrediten und Haftungsübernahmen gekommen. Mit einem Steuersatz von 0,1 Prozent auf den Handel mit Aktien und Anleihen beziehungsweise 0,01 Prozent für den Handel mit Derivaten dieser Wertpapiere sollten sie einerseits einen Teil der dadurch entstandenen Kosten hereinspielen (sei es ins EU-Budget oder in die nationalen Haushalte), andererseits sollte diese Steuer die Börsenspekulation zügeln.

Hier zeigte sich von Anfang an der Zielkonflikt, welchen die Befürworter der EU-Transaktionssteuer bis zuletzt nicht zu lösen vermochten. Denn wenn sie ihren Regulierungszweck erfüllt und die Spekulation verringert, bringt sie logischerweise weniger Ertrag – und taugt nicht als verlässliche Quelle öffentlicher Haushalte.

Verzögerte Digitalsteuer

Auch bei der Digitalsteuer zeichnet sich eine verdünnte Variante ab. Finanzminister Löger wird heute, Dienstag, seinen EU-Amtskollegen einen Kompromiss vorschlagen, für den sich eine Zustimmung abzeichnet. Da zuvor mehrere Länder angekündigt hatten, eine europäische Übergangslösung bis zur angepeilten globalen Digitalsteuer zu blockieren, sieht der neue Vorschlag nun eine sogenannte Sunrise Clause vor. Sollte bis 2022 auf OECD-Ebene keine Einigung über die Einführung einer solchen globalen Steuer erzielt werden, soll demnach eine europäische Digitalsteuer in Kraft treten. In Steuerfragen braucht es in der EU Einstimmigkeit. Allen voran hatten sich Irland und das Nochmitglied Großbritannien gegen eine EU-Vorreiterrolle bei der Digitalsteuer ausgesprochen. Aber auch Dänemark und Deutschland hatten gebremst. Die Besteuerung, die vor allem große Internetkonzerne treffen soll, war von Frankreichs Präsident, Emmanuel Macron, forciert worden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.12.2018)

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