Neue Brexit-Niederlage für Theresa May

APA/AFP/ADRIAN DENNIS
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Die britische Regierung scheitert im Parlament mit ihrem Brexit-Verhandlungsplan. Theresa May steht reichlich blamiert da, die Brexit-Ultras demonstrierten ihre Macht.

London. Rechtlich hat die Niederlage keine Folgen, politisch könnten die Konsequenzen aber schwerwiegend sein: Mit einer klaren Mehrheit von 303 zu 258 Stimmen verweigerte das britische Unterhaus der Regierung von Premierministerin Theresa May am Donnerstagabend eine rein deklaratorische Unterstützungserklärung. May, die sowohl in London als auch in Brüssel nicht müde wird zu behaupten, dass ihre Politik „eine Mehrheit im Parlament“ habe, steht damit reichlich blamiert da.

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Die Abgeordneten haben nicht nur ihre Premierministerin in der Schlussphase angeblich entscheidender Verhandlung mit der EU öffentlich geschwächt. Sie machten auch der konservativen Parteiregie einen dicken Strich durch die Rechnung: Eigentlich wollte die Tory-Führung mit einer Willenserklärung zum Ausdruck bringen lassen, dass das Parlament zu seinen Beschlüssen vom 29. Jänner steht. Damals hatte das Unterhaus verbindlich für eine Ersetzung der Auffanglösung für Nordirland (Backstop) durch „alternative Vereinbarungen“ gestimmt und sich nicht bindend gegen einen No-Deal-Brexit ausgesprochen.

„Vielleicht, aber nur vielleicht, geht May jetzt ein Licht auf“

Hardliner in der konservativen Fraktion aus der „European Research Group“ leiteten aus der Resolution ab, dass die Regierung damit den harten Brexit vom Tisch nehmen würde. Das wollen – zunehmend verzweifelt – die Wirtschaft, die gemäßigten Kräfte im Parlament und die Mehrheit der Bevölkerung. Nicht aber die Brexit-Ultras. Sie enthielten sich, trotz Bemühungen Mays um ihre Gunst, ihrer Stimmen.

Wie lange May noch auf die Loyalität von Politikern setzen wird, die sie regelmäßig öffentlich demütigen, wird immer mehr zu einer Schicksalsfrage für das Land. Der konservative Nick Boles, der sich seit Monaten vergeblich um einen überparteilichen Kompromiss bemüht, meinte nach der Abstimmung:  „Vielleicht, aber nur vielleicht, geht der Premierministerin jetzt ein Licht auf, dass die Hardliner einen No-Deal-Brexit um jeden Preis wollen und dafür vor nichts zurückschrecken werden.“

Labour als „Hebamme eines harten Brexit“

Labour-Chef Jeremy Corbyn war nicht weniger langsam mit seiner Reaktion und erklärte, May „kann nicht länger ignorieren, dass sie für ihre Politik keine Mehrheit hat“. Wenige Minuten später brachte aber die oppositionelle Labour Party zugunsten der regierenden Konservativen einen Antrag der Scottish National Party zu Fall, den Austrittsprozess um mindestens drei Monate zu verlängern. Die schottische Regierungschefin Nicola Sturgeon warf Corbyn angesichts seiner doppelzüngigen Politik vor, „Labour zur Hebamme eines harten Brexit zu machen“.

May war bei der Verkündung der Abstimmungsergebnisse nicht einmal im Parlament. In einer Stellungnahme erklärte sie, London halte weiter an der Forderung nach Änderungen des Backstop als einzig mehrheitsfähiger Position fest. Zu der entscheidenden Abstimmung hat May sich für 27. Februar verpflichtet. Nach der gestrigen Niederlage kann sie weniger denn je mit einem Erfolg rechnen. Eine Gruppe wartet nur darauf: Die Verfechter eines harten Brexit, denen May und Corbyn scheinbar unablässig in die Hände spielen.

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