Ein „Riesensieg“ für Orbán

Ministerpräsident Viktor Orbán.
Ministerpräsident Viktor Orbán.(c) APA/AFP/EMMANUEL DUNAND (EMMANUEL DUNAND)
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Während der Rest der EU Ministerpräsident Orbán geschwächt sieht, feiern Ungarns Regierungsmedien seinen „Sieg“ gegen Kritiker in der EVP.

Budapest. Die Mitgliedschaft der ungarischen Regierungspartei, Fidesz, in ihrer europäischen Parteienfamilie, der christdemokratischen EVP, ist suspendiert, Fidesz ist von allen Gremien ausgeschlossen, kann keine Posten besetzen, nicht abstimmen. Zugleich soll ein Weisenrat prüfen, ob die Regierung von Ministerpräsident Viktor Orbán den EVP-Werten von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit entspricht. Eine klare Schwächung der Partei von Ministerpräsident Viktor Orbán in der EVP, sollte man meinen. So schildern es auch westliche Medien. Aber nicht die regierungsnahe ungarische Presse.

Da ist von Orbáns „Riesensieg“ die Rede und von einer vernichtenden Niederlage seiner Gegner. Im Staatssender M1 sagte der als Experte eingeladene Zoltán Lomnici, Orbán habe einen „riesigen Sieg“ errungen über „migrationsfreundliche Kräfte“, die einen Ausschluss der Partei gefordert hatten und gescheitert seien. In der als Regierungsorgan geltenden Zeitung „Magyar Nemzet“ lautete die Schlagzeile: „Riesensieg für Orbán“. Hat er tatsächlich so viel erreicht? Am 12. März hatte EVP-Spitzenkandidat Manfred Weber mit Orbán in Budapest persönlich verhandelt. Dabei einigten sich beide auf Bedingungen für den EVP-Verbleib, und Orbán bot nach Angaben einer ranghohen ungarischen Quelle an, die Mitgliedschaft in der EVP „freiwillig“ ruhen zu lassen – für drei Monate. Letztlich musste er sich mit weniger zufriedengeben: Die Suspendierung ist nicht zeitlich begrenzt. Orbán konnte aber erreichen, dass im Text von einer „gemeinsamen“ Entscheidung die Rede ist.

Der Orbán-Vertraute Zoltán Balog, der an den Verhandlungen teilnahm, wertet das Ergebnis als Teilerfolg. „Was für Österreich 2000 gut war, ist auch für Ungarn gut“, sagte er auf Anfrage der „Presse“. „Das war unser Ziel.“ Allerdings seien „die wirklich wichtigen Fragen vertagt – wo wir gemeinsam hin wollen“.

Ágoston Mráz vom regierungsnahen Thinktank Nézöpont meint, die Richtung zu sehen: Orbán werde „auf jeden Fall das europäische christdemokratische Bündnis formen, ob in der EVP oder außerhalb“. Ziel sei eine Annäherung der EVP an „kooperationsfähige Rechtsparteien“ – die polnische PiS, die italienische Lega und Österreichs FPÖ. Das gehe aber nicht, wenn EVP-Spitzenkandidat Weber seine Mehrheit links von der EVP suchen will.

Dass nicht nur die EVP, sondern auch der Fidesz weiterhin über eine Scheidung nachdenkt, machte Orbán selbst deutlich, indem er eine dreiköpfige Kommission zusammenstellte, die prüfen soll, ob die EVP noch den „christdemokratischen Werten“ des Fidesz entspricht. Sie wird von Familienstaatssekretärin und Fidesz-Vizepräsidentin Katalin Novák geleitet.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.03.2019)

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