Der Bremer Politikwissenschaftler erklärt, warum bei den EU-Wahlen die Rechtspopulisten nun auch im „linken“ Süden reüssierten.
Die Presse: Sie erklären den Erfolg populistischer Parteien mit den regional unterschiedlichen wirtschaftlichen Auswirkungen der Globalisierung. Vereinfacht dominieren im wirtschaftlich starken Nord-und Kontinentaleuropa rechtspopulistische Parteien, weil man dort mit der Migration in den Wohlfahrtsstaat konfrontiert ist. Während Linkspopulisten im wirtschaftlich schwächeren Süden reüssieren, weil dessen Wirtschaft unter dem freien Güterverkehr eher leidet. Was lässt sich insofern aus dem Ergebnis der jüngsten EU-Wahlen herauslesen?
Philip Manow: Der große Sieg der Populisten war es ja nicht. Gleichzeitig haben die Rechtspopulisten erheblich dazugewonnen, während die Linkspopulisten verloren haben. In Italien hat sich die Situation im Verhältnis zur letzten Parlamentswahl sogar um 180 Grad gedreht: Die Lega liegt nun weit vorn, Movimento 5 Stelle hinkt hinterher, beide zusammen kommen hingegen immer noch auf über 50 Prozent der Stimmen. Da die Auswirkungen der Eurokrise langsam zurückgehen, verlieren linke Parteien wie 5 Stelle, Podemos, Syriza oder La France insoumise. Bei der Migration gibt es dagegen noch keine klare Lösung, und sie betrifft nun auch den Süden stärker, weil die Sekundärmigration in den Norden nicht mehr funktioniert. Daher sind die Rechtspopulisten nun auch im Süden erfolgreich, wobei die spanische Vox ja auch weit unter Erwartung geblieben ist.