Bei einem Krisentreffen der Regierung in Rom sind sich die zerstrittenen Koalitionspartner einig: Sie wollen ein EU-Strafverfahren wegen des hohen Schuldenbergs abwenden.
Italien will die Verabschiedung eines Nachtragshaushalts mit Sparmaßnahmen zur Abwendung eines EU-Verfahrens vermeiden. Dies berichtete der italienische Innenminister und Chef der rechten Lega, Matteo Salvini, am Ende eines Koalitionsgipfels in Rom in der Nacht auf Dienstag.
Das Treffen mit Regierungschef Giuseppe Conte und Vizepremier Luigi Di Maio sei gut verlaufen. "Unser gemeinsames Ziel ist die Abwendung eines EU-Verfahrens. Es wird weder zu einem Nachtragshaushalt noch zu einer Steuererhöhung kommen. Wir wollen den Italienern Wirtschaftswachstum, Beschäftigung und Senkung des Steuerdrucks garantieren", erklärte Salvini nach dem Gipfeltreffen in einer Presseerklärung. Salvini und Die Maio wollen nun mit Wirtschaftsminister Giovanni Tria zusammenkommen, um eine Strategie auszuarbeiten.
Wegen des steigenden Schuldenbergs droht die EU-Kommission Italien mit einem Strafverfahren. Die Verbindlichkeiten des Landes belaufen sich auf mehr als 130 Prozent seiner Wirtschaftsleistung - die EU-Regeln erlauben maximal 60 Prozent. Laut EU-Kommission wird sich das Verhältnis von Schulden zur Wirtschaftsleistung dieses und nächstes Jahr noch weiter verschlechtern. Bereits Ende 2018 war das chronisch wachstumsschwache Land nur knapp einem Strafverfahren aus Brüssel entkommen.
Conte hatte mit Rücktritt gedroht
Conte hatte die populistische Regierungskoalition vor dem Krisentreffen am Montagabend vor einer weiteren Konfrontation im Schuldenstreit mit der EU gewarnt. Komme es zu einem Strafverfahren, könnte das Land mit Finanzmarktverwerfungen konfrontiert werden, sagte er der Zeitung "Corriere della Sera". In diesem Falle drohe auch eine Herabstufung der Bonitätsnote. Dies würde es der Regierung erschweren, ihre Staatsanleihen zu platzieren, betonte Conte. Er bekräftigte zugleich seine Rücktrittsdrohung, falls Salvini und Di Maio ihre Differenzen nicht überwinden.
Besprochen wurde bei dem Krisentreffen laut Insidern auch das Thema der Nachbesetzung des seit Februar vakanten Postens des Europa-Ministers. Die Stelle wurde interimistisch von Premier Conte übernommen. Aussichtsreichster Kandidat ist Alberto Bagnai, Wirtschaftsexperte der Lega. Zugleich will die Regierung Druck auf die EU für einen italienischen EU-Kommissar mit Wirtschaftskompetenzen machen.
Beim Regierungsgipfel bekräftigte Conte seinen Widerstand gegen die sogenannten "Mini-Bots", die von der Lega vorgeschlagen wurden. Dabei handelt es sich um staatliche Gutscheine, mit denen der italienische Staat Leistungen von Unternehmen bezahlen soll. Experten sehen die "Mini-Bots" als ersten Schritt einer Parallelwährung zum Euro.
Am Dienstag ist eine Ministerratssitzung geplant. Erwartet wird die Verabschiedung eines neuen Sicherheitspakets von Innenminister Salvini, mit dem der Kampf gegen die Schlepperei und Maßnahmen für mehr öffentliche Ordnung verschärft werden sollen.
(APA/Reuters)