Aus für Pkw-Maut: Es gibt auch einen österreichischen Verlierer

Archivbild: Ein Zubringer auf die Autobahn A4 bei Ohorn in Sachsen.
Archivbild: Ein Zubringer auf die Autobahn A4 bei Ohorn in Sachsen.(c) imago/photothek (Florian Gaertner/photothek.net)
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Der Wiener Konzern Kapsch TrafficCom hätte das deutsche Mautsystem miterrichten sollen. Und jetzt?

Der Europäische Gerichtshof hat also die deutsche Pkw-Maut gekippt. So wie es Österreich wollte. Für den Moment gibt es deshalb 1,8 Millionen rot-weiß-rote Gewinner - also aus finanzieller Sicht. Denn so viele österreichische Autofahrer wären nach Schätzungen des ÖAMTC von einer deutschen Pkw-Maut betroffen gewesen. Es gib aber auch einen großen österreichischen Verlierer, nämlich Kapsch TrafficCom. Das  börsennotierte Unternehmen hatte gemeinsam mit dem deutschen 50-Prozent-Partner CTS Eventim den Zuschlag für die Errichtung und den Betrieb des deutsche Mautsystems erhalten.

Die Nachricht platze just inmitten die jährliche Bilanzpressekonferenz des Unternehmens. „Das Urteil hat uns völlig überrascht“, erklärte danach Marketingchef Alf Netek gegenüber „Presse“. Man müsse es nun  analysieren – und dann in Gespräche mit dem deutschen Staat treten. erzeit wüsste man auch nicht, ob es für das Projekt nicht doch weitergehen könnte, wenn auch in anderer Form.

Es geht hier schließlich um einen  Mammutauftrag mit einem Gesamtvolumen von 1,6 Milliarden Euro über die nächsten zehn Jahre. Und das Projekt ist längst angelaufen. „Natürlich wurden schon Vorarbeiten geleistet“, sagt Netek. Denn das Mautsystem sollte im Herbst 2020 stehen, mit allem, was dazu gehört. Kameras, Datensysteme, etc. Es wurden schon Partner gesucht, Projekte initiiert, Subunternehmen beauftragt.  Ein deutschlandweites Mautsystem errichtet sich eben nicht von heute auf morgen.

Vertraglich abgesichert

Und jetzt? Was wenn das Projekt wirklich scheitert? Das Urteil kommt nicht aus dem Nichts. Die Möglichkeit gab es immer. „Es gibt deshalb im Vertrag entsprechende Absicherungen, dass uns kein finanzieller Schaden etwa aus einer Nicht-Inbetriebnahme entsteht", sagt Netek. Details nannte er nicht.

Verlust aus einer Absage werde man jedenfalls keinen haben, da gelieferte Leistungen wohl auch bezahlt würden. "Wir liefern dort nichts auf Risiko", erklärte später Firmenchef Georg Kapsch. Spuren würde ein vollständiges Maut-Aus trotzdem hinterlassen. Das erwartete Umsatzplus heuer von fünf Prozent könnte einkassiert werden, die EBIT-Marge von 10 auf 7 Prozent sinken, so die vorsichtige Schätzung des Firmenchefs, denn: "Wir müssen uns das Urteil vorher genau ansehen."

Kapsch TrafficCom hatte am Dienstag gute Zahlen vorgelegt: „Wir konnten das vierte Jahr in Folge den Umsatz steigern und 2018/19 erstmals die Schwelle von 700 Millionen Euro überschreiten“, hieß es. Doch die Nachricht vom Aus für die deutsche Pkw-Maut ließ die Aktie dann zunächst ins Minus drehen.

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