Loch in Raumkapsel: Unfall oder Sabotage?

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Sojus-Schiff soll angebohrt worden sein.

Moskau. Russlands Raumfahrtbehörde Roskosmos hat Ermittlungen über einen seltsamen Vorfall an Bord jener Sojus-Kapsel der Mission MS-09 aufgenommen, mit der im Juni drei Raumfahrer, darunter der Deutsche Alexander Gerst, zur Raumstation ISS gebracht worden waren, und die dort in etwa 400 Kilometern Höhe dockt.

Vorige Woche hatten die Systeme der ISS einen leichten, aber langsam wachsenden Druckabfall bemerkt. Es zeigte sich, dass die Quelle dafür besagte Sojus-Kapsel war: In ihrer Hülle fand sich ein winziges, etwa zwei Millimeter großes Loch, durch die Luft in den luftleeren Raum entwich. Man konnte das Löchlein versiegeln und ging davon aus, dass ein Mikrometeorit es gestanzt hatte. Allerdings heißt es jetzt von Roskosmos, das Loch sei von innen her entstanden – und ganz klar ein Bohrloch. Man könne sogar erkennen, dass jemand es „zögerlich“ und in mehreren Anläufen gebohrt habe.

Bei Roskosmos spekuliert man, dass es auf der Erde durch ein Missgeschick eines Technikers entstanden sein könnte, der es heimlich zuklebte, doch dass sich der Verschluss später gelöst habe. Allerdings gebe es auch die beunruhigende Möglichkeit, dass jemand am Boden oder auf der ISS das Loch absichtlich gebohrt haben könnte, wobei man über Motive nicht spekulieren will. Zur Zeit sind sechs Raumfahrer in der ISS.

Nun werden alle Sojus-Schiffe untersucht. Sie sind nach wie vor die einzigen, die Menschen zur ISS fliegen können. Russland nimmt von anderen Nationen saftige Reisegebühren dafür, die Amerikaner etwa zahlen umgerechnet rund 70 Millionen Euro pro Sitz.

Supermacht ohne Raumschiffe

Vor Tagen wies zudem Vizepremier Juri Borissow darauf hin, dass der Beförderungsvertrag mit den USA bzw. der Nasa im April endet. Eine Verlängerung gibt es noch nicht, es sieht dafür angeblich auch nicht gut aus, was politische Gründe haben soll. Die Nasa hat seit Ende der Space Shuttles 2011 noch immer keine bemannten Raumschiffe; erst nächstes Jahr stehen bemannte Testflüge von Kapseln der Hersteller Boeing und SpaceX an. (wg)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.09.2018)

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