Italien: Retter bergen sechs Überlebende aus Lawine

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Die Geretteten hatten im Hotel Feuer gemacht. Unter ihnen ist auch die Tochter eines Kochs, der schon zuvor lebend geborgen wurde. Viele werden aber noch vermisst.

Nach dem schweren Lawinenunglück in der mittelitalienischen Region Abruzzen haben Rettungseinheiten sechs Menschen aus den Trümmern des verschütteten Hotels Rigopiano geborgen. Darunter sind auch zwei Kinder. Sie werden ins Krankenhaus der Adria-Stadt Pescara geflogen.

Unter den Überlebenden sind eine 40-jährige Frau und ein kleines Mädchen, bestätigte Italiens Vize-Innenminister Filippo Bubbico, der die Hilfsaktion koordiniert. Dabei dürfte es sich um die sechs Jahre alte Ludovica Parete, Tochter des 38-jährigen Kochs Giampiero Parete handeln, der als erster Alarm geschlagen hatte. Vermisst sind noch seine Frau und sein achtjähriger Sohn. 

Die sechs Personen hatten in einer Nische Zuflucht gefunden und dort ein Feuer in einer Nische gemacht. Das rettete ihnen das Leben, berichten Einsatzkräfte.

Der schon zuvor geborgene Koch schildert indes, warum er gerettet werden konnte: "Ich bin am Leben, weil ich aus dem Hotel gegangen bin, um meiner Frau Kopfschmerztabletten aus dem Auto zu holen", erzählte Parete. Er wurde zwar selbst verschüttet, konnte sich jedoch befreien. Von seinem Wagen aus bat er seinen Freund und Arbeitgeber Quintino Marcella um Hilfe und wartete dann auf Rettung. Schwer unterkühlt wurde er per Hubschrauber ins Krankenhaus von Pescara geflogen. Er war aber nicht in Lebensgefahr.

"Empfinde Ohnmacht, weil wir nichts tun konnten"

Die Rettungsarbeiten mit 135 Helfern vor Ort gestalteten sich äußerst schwer. "Die Hunde riechen zwar etwas, wir müssen aber bis zu fünf Meter graben, bis wir zur Erde gelangen", berichtete Matteo Gasperini, der die Rettungsaktion koordiniert. Die Rettungseinheiten hatten sich in der Nacht auf Donnerstag acht Kilometer weit auf Skiern ihren Weg durch Schnee und Eis zum Hotel Rigopiano auf einer Höhe von 1200 Metern gebahnt. Bei Temperaturen von Minus vier Grad tobte zudem ein Schneesturm in der Region.

"Wir haben um 4.00 Uhr das Hotel erreicht. Vom ganzen Gebäude war nichts mehr zu sehen, nur ein weißer Hügel. Wir haben in der Ferne ein Licht gesehen, das war der Stromgenerator des Heizungsraums. Danach haben wir das Auto gesichtet, in dem die zwei Überlebenden saßen. Sie konnten sich retten, weil sie das Auto heizen konnten", berichtete Lorenzo Gagliardi, der mit einem Alpinistenteam als erster den Unglücksort erreichte.

"Wir haben mit Schaufeln und Händen gegraben. Wir wussten, dass im Schnee eine Person lag. Ich habe ihr zugeflüstert und gesagt, wir würden sie retten, doch es war schon zu spät. Ich empfinde eine Ohnmacht, weil wir nichts tun konnten", sagte der 48-jährige Gagliardi nach Medienangaben. "Ich war schon bei vielen Lawinen im Einsatz. Ich habe Menschen bei den Erdbeben in L'Aquila, Norcia und Amatrice gerettet. Doch hier ist es anders. Ich habe diesen verzweifelten Vater kennengelernt, der um seine Familie bitterlich weinte. Ich muss ihm seine Familie zurückbringen", sagte Gagliardi.

In der Ortschaft Penne zu Füßen des Gran Sasso wurde eine Unterkunft für die Angehörigen der Vermissten eingerichtet. Rettungseinheiten, Psychologen und Ärzte übernahmen die Betreuung.

"Habe meiner Frau Kopfschmerztabletten geholt"

Bisher wurden vier Leichen geborgen. Die Zahl der Vermissten schwankt zwischen 25 und 35. Noch ist unklar, ob sich im Hotel zum Zeitpunkt des Unglücks Personen aufhielten, die nicht als Gäste gemeldet waren. Auch mehrere jüngere Menschen sollen ums Leben gekommen sein. Zu ihnen zählen einige Mitarbeiter des eleganten Vier-Sterne-Hotels Rigopiano am Hang des Gran Sasso Massivs auf einer Höhe von 1200 Metern.

Zu den Vermissten zählt ein Ehepaar aus Osimo in der Provinz Ancona und ihr sieben Jahre alter Sohn. "Wir warten mit größter Sorge auf Nachrichten", sagte der Bürgermeister von Osimo, Simone Pugnaloni. Auch ein Paar aus Ascoli soll sich unter den Trümmern des Hotels befinden. Die Staatsanwaltschaft von Pescara ermittelt wegen fahrlässiger Tötung. Angeblich sollen die örtlichen Behörden vor akuter Lawinengefahr gewarnt haben.

Indes bleibt die Lage in dem verschneiten Bebengebiet in den Abruzzen und in den Marken weiterhin kritisch. Die Schneeräumung komme nur schleppend voran, weil wenige Fahrzeuge zur Verfügung stehen, klagten die Bewohner der Gegend. Mehrere Touristen steckten seit Tagen in Ortschaften am Apennin fest. Die Gegend wurde von den heftigsten Schneefällen seit Jahren heimgesucht. Am Mittwoch war es in der Region darüber hinaus zu Erdbeben mit Stärke von über 5 gekommen.

(APA/AFP)

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