Auch eine von US-Einheiten am Dienstag ausgemachte Wärmequelle im Meer vor Patagonien hat sich als trügerisch erwiesen. Man habe gar keine Spur mehr, hieß es am Mittwochnachmitteg (MEZ). Im Boot dürfte heute oder morgen die Luft ausgehen.
Die Suche nach dem seit einer Woche verschollenen argentinischen U-Boot ARA "San Juan" hat am Mittwoch einen neuen und besonders schweren Rückschlag erlitten: Seitens der Führung der Marine in Mar del Plata hieß es am frühen Nachmittag (MEZ), dass alle bisherigen Hinweise - darunter Leuchtraketen über dem Atlantik und sogar erst in den vergangenen Stunden aufgefangene unterseeische Geräusche - nicht von dem U-Boot oder seiner 44-köpfigen Crew stammen würden. "Im Moment gibt es keine Spur", sagte Marinesprecher Enrique Balbi.
Suchschiffe mehrerer Staaten und Suchflugzeuge hätten die betreffenden Gebiete sowie den relativ flachen Meeresgrund dort (200 bis 300 Meter Tiefe) - abgesucht, etwa mit Sonar, Infrarot- und Magnetfelddetektoren. Von der San Juan aber wurde nichts gefunden. In einem Fall hieß es, dass eine Sequenz unablässiger Geräusche aus der Tiefe von einer enormen Ansammlung von Garnelen ausgegangen sei.
Norwegisches Spezialschiff mit US-Tauchrobotern
Auch eine am Dienstag entdeckte heiße Spur, von der man sich viel erwartet hatte, dürfte wohl zu nichts führen: Ein US-Seeaufklärer bzw. U-Boot-Jäger hatte eine räumlich definierte Wärmequelle im Atlantik gefunden, in nur rund 70 Metern Tiefe und angeblich etwa 300 Kilometer vor der Küste bei der nordpatagonischen Stadt Viedma. Ein norwegisches Spezialschiff mit mindestens einem Mini-U-Boot der U.S. Navy soll in die Richtung unterwegs sein. Später gab es zu dem Wärmefleck keine Informationen mehr; er könnte von geothermischen Vorgängen stammen.
Das Problem bei der Berichterstattung ist auch generell, dass wegen der Teilnahme zahlreicher Staaten oft verschiedene Längenmaße (Kilometer versus Meilen) genannt werden und es zudem nicht immer klar ist, ob letzteres in nautischen Meilen (1 Seemeile = 1,852 Kilometer) oder aus dem angelsächsischen Raum herrührenden "Statute Miles (1 Meile = 1,609 km) gemeint ist.
Allgemein wird jedenfalls vermutet, dass der Luftvorrat in dem 65 Meter langen Boot deutscher Herkunft, sofern es sich unter Wasser befindet und den Schnorchel nicht einsetzen kann, heute oder morgen ausgeht.
Knallgasexplosion im Boot?
Zur Unfallursache, die vorigen Mittwoch zum Verschwinden des U-Bootes im Südatlantik auf der Fahrt von Feuerland Richtung Buenos Aires geführt hatte, wird weiter ein Problem, vermutlich gar ein Feuer, im Batterieraum genannt. Laut Angaben von Ingenieuren sind in der San Juan 960 Batterien zu je 500 Kilogramm Gewicht verbaut, sie machen einen wesentlichen Teil der Bootsmasse (Verdängung getaucht rund 2340 Tonnen) aus. Aus ihnen bezieht der E-Antrieb Strom, wenn das Boot getaucht ohne Luftzufuhr fährt und der Dieselantrieb nicht einsetzbar ist.
Wesentliche Teile des 1985 in Dienst gestellten Bootes wurden Berichten zufolge zwischen 2007 und 2011 bis 2014 in Argentinien ausgetauscht, darunter fast der komplette Antrieb, die Waffen- und Kommunikationssysteme. Die vier Dieselmotoren seien laut argentinischen Medien zumindest unter Aufsicht, wenn nicht von Personal des Herstellers Siemens ausgetauscht worden, die Batterien und das Gros der übrigen Teile von Fachkräften der argentinischen Marine und ihr zurechenbarer militärischer Firmen.
Mit dem deutschen Hersteller der Batterien, Varta, sei man stets in Kontakt geblieben, weil man gewusst habe, dass die Batterien Wasserstoff ausgasen könnten, etwa im Fall eines Kurzschlusses, und die Varta-Leute daher die jeweiligen Bordtechniker ausgebildet hätten, wie man die Batterien schnell austauschen kann. Von einem möglichen Kurzschluss indes ist im konkreten Fall ebenfalls diese Rede - ein Wasserstoffaustritt größeren Maßes freilich hätte die Gefahr einer Knallgasexplosion im Inneren des U-Bootes herbeiführen können
Größte Seenotsuchaktion seit Jahrzehnten
In der patagonischen Hafenstadt Comodoro Rivadavia wurde das regionale Krankenhaus auf Anforderung der argentinischen Kriegsmarine in Bereitschaft versetzt. Alle geplanten Operationen wurden verschoben und vier Säle frei gehalten, um die Besatzungsmitglieder des U-Boots gegebenenfalls einliefern zu können.
Bei der Suchaktion handelt es sich um die größte Seenotrettungsaktion seit Jahrzehnten, gewiss seit dem Untergang des weitaus größeren russischen Atom-U-Bootes "Kursk" im August 2000 in der Barentssee: Damals gab es aufgrund einer unglücklichen Verkettung von Umständen (es begann mit einem Torpedo-Fehlstart) eine Explosion, die weitere auslöste; die Kursk sank auf den Grund in 108 Meter Tiefe. Keiner der 118 Insassen überlebte, das Boot wurde 2001 geborgen.
An der Suchaktion im Südatlantik nehmen mehr als 4000 Personen (Soldaten, Seeleute, Fliegerpersonal, Wissenschaftler, etc.) teil, aus Argentinien, Chile, Uruguay, Brasilien, Peru, Kolumbien, den USA, Großbritannien, Norwegen, Frankreich und Deutschland; mehr als drei Dutzend Kriegs- und Spezialschiffe, Flugzeuge, Hubschrauber und Mini-U-Boote sind im Einsatz, darunter ein wesentlicher Teil der Armada Argentina.
>>> Die Zeitung "Clarín" hat dazu eine schöne Grafik gemacht
>>> Link zu den Bildern der Besatzungsmitglieder
(APA/DPA)