Massenmörder von München: Sieben Jahre Haft für Waffenlieferant

Waffendealer Philipp K. (Mitte)
Waffendealer Philipp K. (Mitte)APA/AFP/dpa/SVEN HOPPE
  • Drucken

Philipp K. hatte jenem jungen Mann illegal eine Pistole samt Munition verkauft, mit der David S. im Juli 2016 neun Menschen erschossen und mehrere weitere verletzt hatte.

Im Prozess gegen einen Mann, der dem sogenannten "Amokläufer von München" eine Pistole verkauft hatte, mit der dieser im Juli 2016 neun Menschen erschoss und vier oder fünf weitere verletzte, ist der Angeklagte am Freitag zu sieben Jahren Haft verurteilt worden. Das Landgericht München I sprach Philipp K. (33) der fahrlässigen Tötung, Körperverletzung und des illegalen Waffenhandels schuldig. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Das Gericht folgte damit im Wesentlichen den Forderungen der Anklage.

K. hatte seinerzeit von Marburg (Hessen) aus im Darknet, einem schwer kontrollierbaren "Untergrund" des Internets, illegal mit Waffen gehandelt, und an den damals 18-jährigen späteren Täter David S. eine Pistole und in zwei Tranchen mehrere Hundert Schuss Munition verkauft. Die Pistole Typ Glock 17 war eigentlich eine nicht schießfähige Theaterwaffe gewesen, die schussfähig gemacht wurde, und wies ein amtliches Beschusszeichen (es dokumentiert die technische Eignung bzw. Zulassung) aus der Slowakei auf.

Mit dieser Waffe erschoss S. im Zeitraum mehrerer Stunden in und nahe des Münchner Olympiaeinkaufszentrums OEZ neun Menschen und tötete sich selbst. Mindestens vier, nach anderen Quellen fünf Menschen wurden durch Projektile oder Splitterwirkung nach Gesschosseinschlägen verletzt. Zudem wurden an vielen anderen Orten in ganz München drei Dutzend Menschen verletzt, nachdem es durch fälschliche, teils regelrecht hysterisch aufgeladene Meldungen über die Schiesserei in sozialen Medien vielerorts in der bayrischen Hauptstadt zu panikartigen Szenen und Fluchtbewegungen gekommen war.

Erstes Urteil dieser Art gegen Waffenschieber

Erstmals wurde damit in Deutschland ein illegaler Waffenhändler mit dem Verkauf einer Waffe für eine Tat mitverantwortlich gemacht, an der er nicht direkt beteiligt war. David S., ein in München geborener Sohn iranischer Einwanderer, hatte die Pistole und Munition selbst in Marburg abgeholt.

David S. auf einem Parkplatz, gefilmt von Anrainern.
David S. auf einem Parkplatz, gefilmt von Anrainern.YouTube (Screenshot)

Umstritten war in dem Verfahren die rechtliche Bewertung des Waffenverkaufs. Die Staatsanwaltschaft hatte sieben Jahre und zwei Monate Haft verlangt. Erst durch das Waffengeschäft sei die Tat möglich geworden, denn K. habe "wegen der Umstände des Waffenverkaufs" davon ausgehen müssen, dass Menschen durch S. verletzt oder getötet werden sollten. Die Verteidigung plädierte dagegen für dreieinhalb Jahre Haft wegen Verstößen gegen das Waffengesetz. Fahrlässige Tötungen oder Verletzungen, wie von der Staatsanwaltschaft angeklagt, seien nicht gegeben. Philipp K. habe nicht absehen können, was mit der Waffe geschehen sollte.

Angesichts der langen Untersuchungshaft des noch im Sommer 2016 festgenommen Händlers forderte die Verteidigung außerdem, den Haftbefehl außer Vollzug zu setzen und K. freizulassen.

Angeklagter wollte nichts geahnt haben

Die Angehörigen der Opfer hatten als Nebenkläger eine Verurteilung wegen Beihilfe zum Mord und damit wesentlich längere Haftstrafen gefordert. K. muss der Plan von S. klar gewesen sein, zudem habe beide "eine rechtsextreme Gesinnung" geeint.

Der Angeklagte betonte hingegen, er hätte die Waffe nie verkauft, wenn er etwas von den Plänen des Amokläufers geahnt hätte. Dessen Opfer waren fast ausschließlich junge Menschen mit Migrationshintergrund gewesen, etwa aus der Türkei, Griechenland und dem Kosovo. Das konnte damals allerdings auch an der grundsätzlichen ethnischen Zusammensetzung der Passantenmenge im Tatortumfeld gelegen sein; zudem gingen die polizeilichen Ermittler davon aus, dass David S., der sich selbst laut Zeugen als "guter Deutscher" sah, aus persönlicher Kränkung gehandelt hatte, nicht etwa aus politischen Gründen: Seine Opfer glichen demnach vom Phänotyp her Altersgenossen, die ihn jahrelang, etwa an der Schule, gemobbt hatten.

(APA/AFP)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.