Haben die Alcatraz-Ausbrecher doch überlebt?

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Knapp 56 Jahre nach der spektakulären Flucht dreier Männer taucht ein Brief auf, der die Spekulationen rund um das größte Kriminalrätsel in der US-Geschichte neu entfacht.

Der spektakuläre Ausbruch ging als Mythos in die US-Justizgeschichte ein: Schafften die drei Gefangenen von Alcatraz am 12. Juni 1962 wirklich die Flucht aus dem Hochsicherheitsgefängnis in der Bucht von San Francisco - und überlebten die eisigen, mit Haien bevölkerten Fluten, die starken Strömungen auf der vier Kilometer langen Strecke von Alcatraz nach Angel Island? Und wenn ja, leben sie heute - knapp 56 Jahre später - noch?

Bis heute sind Frank Morris, Clarence und John Anglin die einzigen Menschen, die von der Gefangeneninsel ausbüchsten und niemals gefunden wurden. "The Rock" galt damals als das sicherstes Gefängnis der Welt. Das mysteriöse Verschwinden bot Stoff für viele Krimifantasien, Dokumentarfilme und Blockbustermaterial: 1979 wurde die Legende in dem Hollywood-Film "Die Flucht von Alcatraz" mit Clint Eastwood als Frank Morris unsterblich gemacht.

Ein Brief, der dem Sender "CBS" vorliegt, hat die Spekulationen nun wieder ins Laufen gebracht. Ein Mann behauptet darin, einer der drei Gefangenen gewesen zu sein. Alle drei hätten ihren Ausbruch überlebt, aber er sei der einzige, der noch lebe.

"Das ist kein Scherz"

In 22 von Hand geschriebenen, eng untereinander gekritzelten Zeilen schreibt der Unbekannte, er sei John Anglin. "Ich bin im Juni 1962 mit meinem Bruder Clarence und Frank Morris aus Alcatraz geflüchtet. Ich bin jetzt 83 Jahre alt, aber mir geht es nicht gut. Ich habe Krebs“, heißt es in dem Schreiben, das dem San Francisco Police Department schon 2013 zugeschickt wurde. „Wir haben es damals geschafft, aber knapp.“ 

Sein Mithäftling Morris sei 2008 gestorben, Clarence Anglin 2011. Derzeit lebe er in Südkalifornien, davor habe er in North Dakota gewohnt ("zu kalt, musste da weg"), die meiste Zeit aber in Seattle. "Wenn sie im Fernsehen verkünden, dass ich zuerst für nicht mehr als ein Jahr ins Gefängnis komme und medizinische Behandlung erhalte, werde ich schreiben, wo genau ich mich gerade aufhalte. Das ist kein Scherz", heißt es in dem Schreiben weiter.

CBS/Youtube Screenshot

Das FBI und der für Justizflüchtlinge zuständige Marshals Service stellten damals Ermittlungen an. Warum der Fernsehsender den Brief erst heuer erhielt, ist unklar. Das Schreiben habe keine neuen Beweise erbracht, sagte ein Ermittler gegenüber der Washington Post. Man habe den Brief auf DNA, Fingerabdrücke und die Handschrift des Häftlings untersucht, das Ergebnis sei nicht eindeutig gewesen. Daher sei man nicht auf das Angebot eingegangen.

Monatelang auf Flucht vorbereitet

Was das FBI sicher weiß, ist Folgendes: An jenem Juni-Abend 1962 waren die Gefangenen wie immer in ihren Zellen eingeschlossen worden. Wärter, die ihre üblichen Runden machten, sahen ihre Köpfe - oder was sie für ihre Köpfe hielten. Am nächsten Morgen waren die drei verschwunden. Wie sich herausstellte, hatten die verurteilten Bankräuber - vermutlich mit Unterstützung von mehreren Mithäftlingen - seit Ende 1961 an ihrer Flucht gearbeitet.

Mit Löffeln und einem improvisierten Bohrer gruben sie sich durch
dicke Betonwände einen Weg durch Belüftungsschächte in einen
Korridor. Sie machten sich mit einem Floß, das sie unter anderem aus
Gummiregenmänteln zusammengebaut hatten, auf den Weg. In der Zelle
führten sie die Wärter mit Polster unter der Bettdecke und aus
Klopapier gebastelten Pappmache-Köpfen in die Irre.

Überreste des Floßes und ein Plastiksackerl mit persönlichen
Habseligkeiten der Anglin-Brüder wurden am Tag nach der Flucht auf
einer Insel gefunden, gut drei Kilometer von Alcatraz entfernt. Das
ließ die Behörden spekulieren, dass die Männer ertranken. Nur ein Jahr nach dem Ausbruch schlossen die Behörden das Gefängnis, in dem legendäre Kriminelle, von Al Capone bis zu "Machine Gun Kelly", eingekerkert waren.

Verwandte glauben an erfolgreiche Flucht

Die Verwandten der wohl berühmtesten Flüchtigen der Welt sind sich jedenfalls sicher, dass die drei überlebten. Als Beleg dafür verweisen sie auf eine Weihnachtskarte, die die Familie Anglin 1962 erhielt: "Für Mama von John. Frohe Weihnachten", war darauf zu lesen. "Wenn sie nicht mehr am Leben sind", sagte ein Neffe von John und Clarence Anglin 2013 in einem Interview mit dem San Francisco Chronicle, "warum sucht die Regierung dann noch immer nach ihnen?" Die US-Justiz hat die Akte auch Jahrzehnte nach der Flucht nicht abgeschlossen.

>>> Bericht auf "CBS".

>>> Bericht in der "Washington Post".

(maka)

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