Der Robin Hood des Ural

Von Notwohnungen bis Businessideen: Jewgeni Roisman hilft in seiner Sprechstunde.
Von Notwohnungen bis Businessideen: Jewgeni Roisman hilft in seiner Sprechstunde.(c) Igor Grom
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Seit fast fünf Jahren ist Jewgeni Roisman Bürgermeister der Millionenstadt Jekaterinburg. Er sammelt Ikonen, fährt Rallyes, bewegt sich ohne Bodyguards und wird die Präsidentenwahl boykottieren. Ein Besuch.

Wenn man eine Bürgersprechstunde abhält, dann wird man mitunter mit schwierigen Bitten konfrontiert. Jewgeni Roisman, Bürgermeister von Jekaterinburg, sitzt hinter seinem Schreibtisch im Zimmer 105, auf dem dunklen Holz liegen drei Mobiltelefone, daneben steht ein Teller mit Gebäck. „Nehmen Sie“, bittet er den Gast. Der will Roisman als Geschäftspartner gewinnen. „Ich bin weit weg vom Business“, sagt Roisman. „Sagen Sie mir, womit ich Ihnen konkret helfen kann.“ Der nächste Bürger, ein alter Mann mit dicken Brillengläsern, will von Roisman wissen, wo er im Hof eine Schranke aufstellen soll. Roisman holt Luft. „Der Bürgermeister entscheidet viel. Aber Ihre privaten Entscheidungen kann ich nicht treffen.“

Kaum ist der Mann weg, sagt er: „Wissen Sie, was eines der größten russischen Probleme ist? Infantilismus, das Erbe des totalitären Regimes. Die Menschen können keine Entscheidung für sich selbst treffen.“ Das ist Roisman: einer, der redet, wie ihm der Schnabel gewachsen ist. Das Gegenteil der Bürokraten, die in Russland so zahlreich sind. Einer, der nicht bloß Bürgermeister sein will, sondern viel mehr: Ikonensammler, Anti-Drogen-Aktivist, Rallyefahrer, Marathonläufer, Poet, Historiker und natürlich Kritiker. Wobei er das Wort „Oppositioneller“ ablehnt. Politiker mit „gesundem Menschenverstand“ gefällt dem 55-Jährigen besser.

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