USA: Schmerzmittel als Einstiegsdroge

Rund 100 Menschen sterben täglich an einer Überdosis Opioiden.
Rund 100 Menschen sterben täglich an einer Überdosis Opioiden.(c) APA/AFP/GETTY IMAGES/SPENCER PLATT
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Seit Jahren steigt die Zahl der Drogentoten. Immer mehr US-Amerikaner sind von verschreibungspflichtigen Schmerzmitteln abhängig. Wie konnte es zu dieser Epidemie kommen?

Wien. Am Anfang steht nicht selten eine Sportverletzung, ein eitriger Weisheitszahn oder Rückenprobleme. Der Arzt verschreibt dem Patienten ein starkes, Opioid-haltiges Schmerzmittel, das rasch Linderung verschafft – und schleichend zu einer Abhängigkeit führt. Scheinbar so harmlos verläuft in den USA für viele der Einstieg in die Drogensucht.

Täglich müssen rund 1000 Menschen in den Notaufnahmen des Landes behandelt werden, weil sie Schmerzmittel missbräuchlich verwendet haben. Von Juli 2016 bis September 2017 schnellte diese Zahl um 30 Prozent in die Höhe. Rund 100 Menschen sterben täglich an einer Überdosis Opioiden (dazu zählen Heroin, Methadon, Fentanyl sowie verschreibungspflichtige Schmerzmittel). Das geht aus einem aktuellen Bericht der US-Gesundheitsbehörde CDC hervor. Von einer „rasch fortschreitenden Epidemie“ spricht die Chefin der Behörde, Anne Schuchat, die Männer und Frauen zugleich betreffe und längst in der Mittelschicht angekommen sei.

Präsident Donald Trump hat schon vorigen Herbst den Gesundheitsnotstand ausgerufen und erst diese Woche die Todesstrafe für Drogendealer – unter bestimmten Voraussetzungen – gefordert. Den Bau des Grenzwalls zu Mexiko sieht Trump auch als Teil seiner Anti-Drogenpolitik. Der Großteil des in den USA konsumierten Heroins kommt aus Mexiko.

Zwei Millionen Opioidsüchtige

Der Grund für die Opioidepidemie in den USA mit derzeit rund zwei Millionen Süchtigen ist eine Mischung aus verantwortungslos agierenden Pharmaunternehmen und aus dem Versagen der Behörden, dieses Überangebot an stark süchtig machenden Schmerzmitteln zu regulieren. Viele sind guten Glaubens über verschreibungspflichtige Medikamente wie etwa Oxycontin in die Abhängigkeit geschlittert. Seit den 1990er-Jahren bewarb der Hersteller, ein einst kleines amerikanisches Familienunternehmen, das starke Schmerzmittel aggressiv. Von den Ärzten freizügig verschrieben wurde das Medikament zu der am häufigsten konsumierten Schmerzpille in den USA – mit verheerenden Folgen.

Zerkaut, als Pulver geschnupft, injiziert oder etwa in Kombination mit Alkohol wirken die hochwirksamen Opioide euphorisierend. Reicht die vom Arzt verschriebene Dosis nicht mehr aus und wird die Pille am Schwarzmarkt schließlich zu teuer, steigen viele Süchtige auf das billigere Heroin um. Dealer strecken Heroin oft mit dem synthetisch hergestellten Fentanyl, das viel stärker ist und noch abhängiger macht.

Auch Wirtschaft leidet

Vor allem der Mittlere Westen ist massiv vom Drogenproblem betroffen. Unternehmen klagen, keine Arbeiter zu finden, weil kaum einer den Drogentest bestehe. Die Stadt Chicago hat sogar Klage gegen drei große Vertriebsfirmen für Medikamente eingereicht, weil diese in den Augen der Stadt durch ihr verantwortungsloses Verhalten die Opioidkrise im Land anfachen.

Wie sieht die Situation in Europa aus? Laut der Drogenbeobachtungsstelle gibt es in der EU rund 1,3 Millionen Erwachsene mit Hochrisiko-Opioidkonsum, in Österreich sind es zwischen 29.000 und 33.000 Menschen. Hier geht es in erster Linie um Heroinkonsum. Darüber, wie viele Menschen in Österreich von Schmerzmitteln abhängig sind, gibt es keine Zahlen.

Opioid-haltige Medikamente sind bei der Behandlung von chronischen Schmerzpatienten anerkannt und werden auch hierzulande verschrieben. Der Zugang ist allerdings wesentlich schwieriger als in den USA. Außerdem ist in Österreich die Werbung für rezeptpflichtige Arzneimittel seit jeher verboten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.03.2018)

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