Russischer Journalist Arkadi Babtschenko in Kiew erschossen

Arkadi Babtschenko im Jahr 2017.
Arkadi Babtschenko im Jahr 2017.(c) Reuters
  • Drucken

Einer der bekanntesten russischen Kriegsberichterstatter ist tot: Arkadi Babtschenko starb gewaltsam vor seiner Wohnung in Kiew. Die Täter sind nicht bekannt.

Der prominente russische Journalist und Schriftsteller Arkadi Babtschenko ist in Kiew von Unbekannten vor seiner Wohnung erschossen worden. Das teilte die ukrainische Polizei am Dienstagabend mit.

"Seine Frau war im Badezimmer, als sie einen dumpfen Knall hörte. Als sie herauskam, sah sie ihren blutüberströmten Ehemann", sagte ein Sprecher der Polizei. Der Journalist war in ein nahes Geschäft gegangen, um Brot zu kaufen, schrieb der Parlamentsabgeordnete Anton Geraschenko, der als Vertrauter des Innenministers Arsen Awakow gilt. Auf dem Rückweg habe ihm der Täter im Treppenhaus aufgelauert. Der Polizei zufolge ist er durch Schüsse in den Rücken getötet worden. Babtschenko hinterlässt eine Tochter und sechs Adoptivkinder.

Babtschenko starb auf dem Weg ins Krankenhaus. Die Polizei fahndet nach dem mutmaßlichen Schützen, einem 40- bis 45-jährigen, bärtigen Mann, wie die ukrainische Nachrichtenagentur Unian berichtete.

Die Polizei vermutet, dass die Tat in Zusammenhang mit seinem Beruf steht. Der im Exil lebende 41-Jährige war einer der bekanntesten russischen Kriegsberichterstatter. Bevor er zum Journalismus wechselte und unter anderem für die russische Oppositionszeitung Nowaja Gaseta tätig war, diente er als Soldat im ersten Tschetschenienkrieg. Seine Bücher über die Brutalität des Kriegs wurden auch ins Deutsche übertragen und sind im deutschen Verlag Rowohlt erschienen; darin erzählte Babtschenko ungeschönt von der Brutalität auf beiden Seiten.

Ein ukrainischer Polizist in der Nähe des Appartementblock, in dem Babtschenko wohnte.
Ein ukrainischer Polizist in der Nähe des Appartementblock, in dem Babtschenko wohnte.(c) Reuters

Kritik an Syrien-Einsatz

Babtschenko hielt sich seit rund einem Jahr in der Ukraine auf; er bewohnte eine Wohnung in einem Kiewer Plattenbaubezirk und war für den krimtatarischen Sender ATR tätig. Zwischenzeitlich hatte er sich in Prag aufgehalten, war aber aus freien Stücken in die Ukraine zurückgekehrt. Harsche Kritik in seiner Heimat hatte vor allem seine Ablehnung der russischen Militärintervention in Syrien hervorgerufen.

In einem Artikel im britischen "Guardian" vom Februar 2017 erzählt er von seinem "unpatriotischen Posting" auf Facebook, das ihn zur Flucht gezwungen habe. Babtschenko war ein Gegner der russischen Intervention in Syrien. Als er anlässlich des Absturzes eines Flugzeuges im Schwarzen Meer im Dezember 2016, das ein Militärchorchestor in das Bürgerkriegsland transportieren sollte, seine "Gleichgültigkeit" angesichts der russischen Toten ausgedrückt habe, sei eine Kampagne gegen ihn losgetreten worden. Babtschenko fürchtete um sein Leben; er verließ Russland.

Aufklärung gefordert

Der Beauftragte für Medienfreiheit der OSZE, Harlem Désir, verurteilte den Mord an Babtschenko scharf und forderte Aufklärung von den ukrainischen Behörden. Der Mord an dem russischen Journalisten ist bereits der zweite hochrangige Anschlag gegen Journalisten in weniger als zwei Jahren. Am 20. Juli 2016 wurde der aus Belarus gebürtige Journalist Pawlo Scheremet Opfer einer Autobombe. Die Verantwortlichen sind noch immer flüchtig.

Im UN-Sicherheitsrat kam es nach dem Mord zu einem Schlagabtausch zwischen Russland und der Ukraine. Der russische UN-Botschafter Wassilij Nebensja kritisierte, dass in der Ukraine Journalisten nicht mehr sicher seien und die Meinungsfreiheit nicht geachtet würde. Der ukrainische Außenminister Pawlo Klimkin entgegnete, es sei noch früh, Rückschlüsse auf die Täter zu ziehen; jedoch gehöre die gewaltsame Ausschaltung politischer Gegner zu den Taktiken der Russischen Föderation, um die Ukraine zu destabilisieren.

Babtschenkos letzter Eintrag auf Twitter vom Dienstag handelte von seinem "zweiten Geburtstag": Der Journalist erzählt darin eine Anekdote, wie ein ukrainischer General ihn vor vier genau Jahren - zu Beginn des Krieges in der Ostukraine - nicht auf einen Helikopter-Flug mitnehmen wollte. Diese Absage sei sein Glück gewesen, denn der Hubschrauber wurde kurz darauf von der Gegenseite abgeschossen. 14 Menschen starben. Nur ein paar Stunden nach seinem letzten Online-Eintrag wurde Arkadi Babtschenko gewaltsam aus dem Leben gerissen.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.