Wenn die Negevwüste auflebt

Innehalten in der Negevwüste: Israels erster Ministerpräsident, David Ben-Gurion, träumte schon davon, die karge Landschaft zum Leben zu erwecken.
Innehalten in der Negevwüste: Israels erster Ministerpräsident, David Ben-Gurion, träumte schon davon, die karge Landschaft zum Leben zu erwecken. (c) Corbis via Getty Images (Antoine Gyori - Corbis)
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Die Bevölkerung wächst schnell, die Städte werden teurer: Langsam, aber sicher blicken die Israelis in die Wüstenlandschaft. Einfach ist deren Besiedlung aber nicht, und Wasser ist teuer.

Raz wartet unter einer Plane, bei den sympathisch schiefen Holzbänken und dem Steinboden, der über und über mit den hellrosa Blättern einer Bougainvillea bedeckt ist, die sich mit diesem hübschen Gruß auf die Winterruhe vorbereitet. Rund um Raz erstreckt sich meterweit eine mediterrane Stimmung: Von den Feigen- und Pomelobäumen hängen riesige Früchte saftig herunter, die Olivenbäume warten auf die längst fällige Ernte, ein Hund streift lustlos zwischen dem Gestrüpp herum.
„Vor 18 Jahren war hier nichts“, sagt Raz, der sportliche Gastgeber, „das hier war eine verwahrloste Bison-Farm.“ Heute wachsen hier nicht nur dicke Granatäpfel, sondern reiht sich nach den Obstbäumen eine Weinrebe hinter die andere.

Die letzte Rebe hört dort auf, wo die endlose Steinlandschaft wieder beginnt. Denn die Oase der Avdat Winery liegt mitten in der Negevwüste, jener geröllartigen, nicht sonderlich lebensfreundlichen Gegend im Süden von Israel. Dank eines ausgeklügelten Bewässerungssystems haben die Betreiber von Avdat eine kleine Agrikultur erschaffen. Rund um das Weingut zählt Raz mittlerweile 17 landwirtschaftliche Betriebe. „Seit Mitte der 1990er-Jahre hat sich hier die Bevölkerung verdoppelt“, sagt er, „die Betriebe haben andere ermutigt, auch in die Wüste zu kommen.“

Was Raz erzählt, davon hat der erste Ministerpräsident Israels, David Ben-Gurion, geträumt: die Wüste aufleben zu lassen. Nach seiner aktiven Zeit in der Politik zog Ben-Gurion Mitte der 1960er selbst hierher, er liegt nördlich der Kleinstadt Mitzpe Ramon begraben. „Im Negev“, sagte er einst, „werden die Kreativität und die Pionierkraft Israels getestet“. Aber nur wenige Pioniere haben sich in den vergangenen Jahrzehnten auf den Weg in die Wüste gemacht. Nun lebt Ben-Gurions Traum wieder auf, „langsam, aber stetig“, wie es das israelische Außenministerium formuliert. Zwischen Beer Sheva, der heimlichen Negev-Hauptstadt, und Eilat am Roten Meer herrscht Kibbutz-Stimmung. Institute sollen hier das Leben unter widrigsten Umständen erforschen, das Militär hat hier bereits Basen errichtet. Dattelbauern erhoffen sich Rekordernten, die umsatzsteuerfreie Badestadt Eilat zieht Touristenströme an. Der Flughafen, der sich kurioserweise mitten in der Stadt befindet, wird demnächst geschlossen – etwas nördlicher entsteht ein neuer. Das wird in Eilat Platz für neue Hotels in Strandnähe schaffen. Und Lufthansa hat soeben begonnen, die Wüste anzufliegen.

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