Wo ist die norwegische Millionärsgattin?

Entführt: Anne-Elisabeth Hagen.
Entführt: Anne-Elisabeth Hagen.(c) REUTERS (NTB SCANPIX)
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Von der Frau eines der reichsten Männer Norwegens fehlt seit Ende Oktober jede Spur. Nun gibt es neue Nachrichten der Entführer.

Stockholm/Oslo. Vor mehr als drei Monaten wurde die Millionärsgattin Anne-Elisabeth Falkevik Hagen aus ihrem Haus an einem See östlich von Oslo entführt. Nach längerer Funkstille verhandeln Entführer, Familie und Polizei nun angeblich wieder darüber, wie die 68-Jährige unbeschadet heimkommen könnte. Falls sie noch lebt.

Zu Halloween, am 31. Oktober, entführten Unbekannte, die von der Polizei als professionell eingestuft wurden, die Frau. Sie hinterließen einen in brüchigem Norwegisch geschriebenen Brief, in dem sie Lösegeld in der Höhe von neun Millionen Euro forderten. Diese sollten über das Internet in einer Kryptowährung anonym ausgezahlt werden. Da die Entführer in den Folgemonaten kein Lebenszeichen von Anne-Elisabeth, wie sie schlicht in Landesmedien genannt wird, übermittelt haben, hat sich ihr Mann, Tom Hagen (68), bislang geweigert zu zahlen – gemäß dem Rat der Polizei. Bisher hat weder die Familie noch die Polizei einen Beweis erhalten, dass die dreifache Mutter noch am Leben ist.

Nun hofft die Familie wieder. Nach einem ersten verschlüsselten Internetkontakt am 24. Jänner ist in den vergangenen Tagen eine neue Nachricht der Entführer an die Familie und auch an die Polizei auf einer anderen Internetplattform eingegangen. Diese eigne sich besser als die zuerst genutzte, so die Polizei. Laut dem Sender NRK unterbreiten die Entführer „einen Vorschlag“, welches Lebenszeichen auf welche Weise übermittelt werden könnte. „Das könnte ein Anruf von Anne-Elisabeth sein, ein E-Mail mit Bild. Wichtig ist, dass das Datum bestimmt werden kann und es beweist, dass sie lebt“, erklärt Polizeisprecher Tommy Bröske. Sobald ein Lebenszeichen vorliege, werde die Familie „daran arbeiten, Anne-Elisabeth sicher und schnell heimzubringen“, betont auch der Familienanwalt gegenüber NRK.

Viele Hinweise, nur vage Spur

Sollte die Polizei eingeschaltet werden, würde man Anne-Elisabeth umbringen, warnten die Entführer in dem zu Halloween hinterlassenen Brief. Der Ehemann alarmierte sie trotzdem. Vor der Öffentlichkeit hielt man die Entführung jedoch bis zum 9. Jänner geheim. Ermittlungen wurden nur diskret durchgeführt. Als nach 71 Tagen keine Lösung in Sicht war, wandte sich die Polizei an die Medien.

Zwei morgendliche Videoüberwachungsaufnahmen vom unweit entfernten Büro des Millionärs wurden veröffentlicht. Darauf sind zwei Personen zu sehen. Doch trotz mehr als 1000 eingegangener Hinweise konnten sie nicht identifiziert werden. Da einer der Männer in der Videoaufnahme telefoniert hat, soll die Polizei laut der Zeitung „Aftenposten“ versucht haben, mithilfe der genauen Uhrzeit das Telefonat und damit die Person ausfindig zu machen. „Ich kann bestätigen, dass elektronische Spuren ein wichtiger Teil der Ermittlungen sind“, sagte Bröske kürzlich.

Auch der See Langvannet vor dem Haus, 20 Kilometer östlich von Oslo im Örtchen Lørenskog, wurde inzwischen genaustens untersucht. Von einem verdächtigen Angler war zeitweise die Rede. „Gegenstände“ sollen gefunden worden sein. Die meisten Spuren sind aber im Nichts verlaufen. Inzwischen gibt es auch Kritik an der Polizei. Da sie zu Beginn nur heimlich Ermittlungen durchführen konnte, könnten ihr wichtige vom Wetter oder der Zeit getilgte Spuren vor dem Haus entgangen sein, kritisiert „Aftenposten“.

Tom Hagen gehört zu den reichsten Männern des Landes. Der Immobilien- und Energiemagnat nimmt Platz 172 unter den 400 reichsten Norwegern mit einem gemäß norwegischem Gesetz öffentlich ausgewiesenen Nettovermögen von umgerechnet 174 Millionen Euro ein.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.02.2019)

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