Wirbel um ein neues Zuhause für Ötzi

ITALY ARCHEOLOGY MUSEUM
ITALY ARCHEOLOGY MUSEUMSüdtiroler Archäologiemuseum
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Das derzeitige Museum für den Mann aus dem Eis in Bozen platzt aus allen Nähten. Der Innsbrucker Investor René Benko schlägt den Bau eines neuen Museumquartiers auf dem Hausberg Virgl vor. Dagegen regt sich aber Widerstand.

Mehr als 5500 Jahre hatte Ötzi seine letzte Ruhestätte in einem Gletscher in den Ötztaler Alpen. Seit 1998 ist der Mann vom Tisenjoch in einer Kühlzelle im  Südtiroler Archäologiemuseum in Bozen untergebracht. Und schon bald soll die Gletschermumie eine neue letzte Ruhestätte bekommen. Doch darüber ist in Ötzis Heimat Bozen ein Streit entbrannt. Soll das neue Ötzi-Museum in einem bestehenden Haus in der Altstadt untergebracht werden? Oder soll ein Neubau außerhalb des Zentrums Bozens entstehen?

Das derzeitige Museum, in einem ehemaligen k.u.k. Bankgebäude aus dem Jahre 1912 untergebracht, platzt aus allen Nähten. Die Ausstellung rund um den Mann aus dem Eis samt Mumie, Bekleidungsstücken und Ausrüstung nimmt drei Viertel des Museums in Beschlag. Jährlich zieht es rund 300.000 Touristen überwiegend aus Deutschland, Österreich und Italien in das Ötzi-Museum, Tendenz steigend.

In der Debatte um ein neues Museum mischt der Tiroler Investor René Benko mit: Er will 200 Meter oberhalb des Stadtzentrums, auf dem Bozner Hausberg Virgl, ein Museumsquartier errichten. Vor rund fünf Jahren hat er dort mit seiner Signa-Gruppe ein 38 Hektar großes, verwahrlostes Areal gekauft und schlägt nun der Stadt den Bau eines neuen Gebäudes vor. Neben dem Archäologiemuseum soll auch das Stadtmuseum dort unterkommen, inklusive Lagerräume und Büros. Vorgesehen ist auch eine Seilbahn, die Besucher von der Altstadt direkt auf den Virgl bringen soll – schon früher gab es eine Seilbahn auf den Hügel, deren Betrieb 1976 eingestellt wurde. „Wir haben immer gesagt: Wir möchten den Virgl revitalisieren und wieder an die Stadt anbinden und für öffentliche Nutzung zugänglich machen“, sagt Heinz Peter Hager, Benkos rechte Hand in Bozen, in einer Aussendung. Die Pläne für den Museumsneubau wurden kürzlich in Bozen präsentiert.

moka-studio & Snøhetta
moka-studio & Snøhetta

Das Innsbrucker Studio des international bekannten Architekturbüros Snøhetta hat einen futuristischen Bau vorgeschlagen, der einen weiten Blick über die Stadt freigibt. Bereits 2015 gewannen die Architekten, die weltweit bereits mehr als zwanzig Museen gebaut haben, einen von Benkos Signa-Gruppe ausgeschriebenen Architekturwettbewerb für die Seilbahn auf den Virgl. Der Entwurf für das Ötzi-Museum ist nun eine Erweiterung des damaligen Entwurfs für die Bergstation. Die Erschließung des derzeit brachliegenden Virgl sei unabhängig vom Bau des Museum geplant gewesen, so Hager, Partner der Signa-Holding.

Benko will auch Flughafen kaufen

Während die einen vom modernen Neubau und von der Erschließung des Virgls als neue Touristenattraktion für Bozen begeistert sind, regt sich in der Altstadt der Widerstand. Die Kaufleute der Bozner Lauben fürchten um ihr Geschäft und machen gegen die Abwanderung der Gletschermumie Stimmung. Sie machen sich für den Ankauf eines bestehenden Hauses neben dem derzeitigen Museum stark, um Besuchermagnet Ötzi im Zentrum zu halten. Eingebracht hat diesen Vorschlag die Mediengruppe Athesia - sie möchte dem Land ihr altes Verlagshaus verkaufen. Ein weiteres Angebot umfasst den Umbau eines Gebäudes im Stil faschistischer Architektur aus dem Jahr 1936, in dem einst die Versicherungsgesellschaft INA untergebracht war. Diesem Projekt werden aber wenig Chancen gegeben.

Der Widerstand gegen die Pläne am Virgl richtet sich wohl auch generell gegen Benkos Signa-Gruppe, die in Bozen einiges aufgekauft hat - und kürzlich gemeinsam mit dem Industriellen Hans-Peter-Haselsteiner ein Angebot für den Kauf des Bozner Flughafens gelegt hat. Die Bauarbeiten für das Projekt Waltherpark starten dieser Tage: Nachdem vergangenen Dezember der neue Busbahnhof eröffnet wurde, entsteht am Gelände des alten Bahnhofs ein Shopping Center, ein Hotel, Wohnung, Büros und Gastronomiebetriebe. Und von dort aus soll auch die neue Seilbahn 200 Höhenmeter Richtung Virgl starten - und die Besucher zum Ötzi-Museum bringen.

Der Ball liegt jetzt beim Land Südtirol und bei der Stadt Bozen, dort prüft derzeit eine Kommission die Machbarkeit aller Vorschläge. Danach soll über Ötzis neue letzte Ruhestätte entschieden werden. (zoe)

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