Osmanische Tourismus-Träume

Osmanische Architektur und Festivals wie hier das Frühlingsfest: Edirne will mehr Touristen anlocken.
Osmanische Architektur und Festivals wie hier das Frühlingsfest: Edirne will mehr Touristen anlocken.(c) REUTERS (Murad Sezer)
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Die Türkei will heuer, trotz Finanzkrise, wieder alle Besucherrekorde brechen. Kommunen im Landesinneren entdecken ihre osmanische Vergangenheit – und setzen auf Kulturtouristen.

Die roten Paprika hängen büschelweise von der Decke. Sie sind rot, spitz, bröselig getrocknet und mit Fäden zusammengebunden wie eine Weintraube. Unterhalb der Paprikadecke hängen Urkunden an den Wänden, historische Aufnahmen, Preise, allerlei Körbe und Instrumente. Und unter all dem sitzt Bahri Dinar auf einem alten Holzstuhl. „Sag mal“, ruft er seinem Mitarbeiter zu, der hinter der Theke an Fleisch und Gemüse werkelt, „wie spät ist es eigentlich? Schalte mal um auf TV2.“ Denn in 15 Minuten, ruft er noch nach, beginne das Programm mit ihm. „Da erzähle ich wieder was über gebratene Leber und Paprika.“

Wo Dinar sitzt, auf dem alten Stuhl, wirkt die Zeit wie entrückt. Die dicken Gemäuer und die drei restaurierten Rundbögen sind die Reste einer Karawanserei aus osmanischer Zeit. Es soll ja hier nicht nur um Leber gehen, sagt Dinar und zeigt mit einer ausladenden Bewegung in die Umgebung. Er wolle den Gästen in dieser historischen Stätte auch die Geschichte seiner Stadt Edirne erzählen, daher das sympathisch zusammengewürfelte Sammelsurium. Hinter Dinar wischt der Kellner die Tische ab, der Geruch von frischem Gemüse verbreitet sich. Es ist die Ruhe vor dem Abendgeschäft: In einer Stunde werden die Gäste Dinars Restaurant im Zentrum Edirnes, wo hauptsächlich Leber serviert wird, regelrecht überfluten.

Der Besitzer ist ein hagerer, redseliger und emsiger 58-Jähriger. Als er vor wenigen Jahren dieses Restaurant eröffnete, kam er auf die Idee, mit dem Lokal auch das osmanische Erbe zu preisen. Nach alter Tradition werde hier Leber gebraten, erzählt Dinar detailreich: Hauchdünne Streifen, die nur wenige Sekunden in heißes Öl getaucht werden, das eine ganz bestimmte Temperatur haben muss. Am osmanischen Hof, der ab Mitte des 14. Jahrhunderts bis zur Eroberung Konstantinopels (1453) hier residierte, war gebratene Leber ein Leckerbissen. Dinar hat gemeinsam mit dem von ihm mitbegründeten Verein zum Schutz des historischen Erbes in Edirne das Gericht und die osmanische Erzählung revitalisiert. Er tingelt von TV-Programm zu TV-Programm, erzählt über seine Stadt und osmanische Gerichte. Mit Erfolg, vor allem, was Binnentouristen betrifft.

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