Budapest: Unglückswrack aus Donau gehoben

Mit einem Spezialkran wurde das Wrack vom Grund der Donau geholt.
Mit einem Spezialkran wurde das Wrack vom Grund der Donau geholt.(c) REUTERS (MARKO DJURICA)
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Das untergegangene Ausflugsboot „Hableány“ konnte endlich geborgen werden. Aber es werden immer noch vier Opfer vermisst. Vermutlich hat die Donau sie flussabwärts getrieben.

Budapest. Am frühen Dienstagmorgen begann nach fast zweiwöchigem Warten endlich der Versuch, das in Budapest gesunkene Ausflugsschiff „Hableány“ aus den Fluten der Donau zu heben. Am 29. Mai hatte das riesige Hotelschiff „Viking Sigyn“ – es gehört einer Schweizer Kreuzfahrtgesellschaft – die viel kleinere Hableány bei einem Überholmanöver seitlich gerammt und binnen sieben Sekunden unter sich begraben. Nur sieben Menschen überlebten die Katastrophe. An Bord waren 35 Menschen gewesen – eine südkoreanische Touristengruppe und zwei ungarische Besatzungsmitglieder.

Als die Winden des Bergungsschiffes „Clark Adam“ ihre Stahlseile ins Wasser ließen, wusste noch niemand so recht, wie viele Leichen man im Wrack finden würde. Sieben Tote waren gleich nach der Tragödie aus dem Wasser gezogen worden. 21 Menschen galten ursprünglich als vermisst – und als der Schiffsrumpf kurz nach sieben Uhr langsam aus dem Wasser auftauchte, waren acht Opfer immer noch nicht gefunden.

Vier von ihnen, so stellte sich heraus, lagen im Wrack. Darunter befand sich der Kapitän sowie ein sechsjähriges Mädchen. In den Tagen nach dem Unglück waren Opfer an den verschiedensten Stellen gefunden worden. Taucher entdeckten manche im Wrack, andere Leichen wurden 60 bis 100 Kilometer stromabwärts gefunden.

Klar ist, dass das Hotelschiff „Viking Sigyn“ den Unfall verursachte. Der ukrainische Kapitän wurde nach dem Unfall in Behördengewahrsam genommen. Gegen den 64-Jährigen wird wegen des Verdachts der Gefährdung des Schiffsverkehrs mit Todesfolge ermittelt. Er soll übrigens vor wenigen Monaten einen anderen Unfall in den Niederlanden verursacht haben, allerdings ohne Opfer.

Nach Angaben der ungarischen Behörden hatte die „Viking“ die „Hableány“ überholen wollen. Die Vorschriften sehen in solchen Fällen vor, dass die Kapitäne der beiden Schiffe vor einem solchen Manöver miteinander kommunizieren müssen. Das geschah – aus welchen Gründen auch immer – in diesem Fall nicht. Laut Polizei soll der ukrainische Kapitän vor seiner Festnahme auch Daten von seinem Mobiltelefon gelöscht haben.

Werden Hotelschiffe verbannt?

Die „Viking“ war nach dem Unfall mit Genehmigung der Behörden weitergereist, um ihre Passagiere abzusetzen, kehrte dann aber zurück und liegt seit Montag bei Visegrád nördlich von Budapest vor Anker. Die Polizei inspizierte das Boot dort am Montag erneut.

Auch die „Hableány“ wird jetzt akribisch untersucht, um Hinweise auf Ursache und Hergang des Unfalls zu gewinnen. Zu diesem Zweck wurde auf der Insel Csepel – ein riesiges Industrieareal im Süden Budapests – eine Fläche bereitgestellt, wo Experten das Wrack unter Ausschluss von Schaulustigen unter die Lupe nehmen sollen.

Der Unfall hat in Ungarn eine rege Debatte ausgelöst. Im Oktober sind Kommunalwahlen, und die Regierungspartei Fidesz ist in der Hauptstadt weniger beliebt als auf dem Land – bei den Europawahlen erzielte sie dort 41 Prozent. Daher will man nun bei den Wählern punkten: Der regierende Bürgermeister István Tarlos (71, Fidesz) hat bereits angekündigt, prüfen zu lassen ob Hotelschiffe aus der Innenstadt verbannt werden sollen. Und Ministerpräsident Viktor Orbán versprach eine lückenlose Untersuchung.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.06.2019)

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