Ägypten: Die Qualen der Polithäftlinge

Das berüchtigte Tora-Gefängnis in Kairo ist auch außen gut gesichert (Bild: M-60-Panzer). Ex-Präsident Mursi saß hier nach seinem Sturz 2013 ein.
Das berüchtigte Tora-Gefängnis in Kairo ist auch außen gut gesichert (Bild: M-60-Panzer). Ex-Präsident Mursi saß hier nach seinem Sturz 2013 ein. (c) REUTERS (Mohamed Abd El Ghany)
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Der Tod des jahrelang inhaftierten Ex-Präsidenten Mohammed Mursi lenkt ein Licht auf die grauenhaften Umstände, unter denen mehr als 60.000 politische Gefangene in Ägypten vegetieren.

In Ägyptens Medien herrscht dieser Tage das große Schweigen. Einzig versteckt auf den hinteren Zeitungsseiten erschien Anfang der Woche eine kleine Randnotiz, die den Tod von Mohammed Mursi meldete, ohne freilich den Verstorbenen als ehemaligen Präsidenten des Landes zu bezeichnen. Nur das private Blatt „Al-Masry Al-Youm“ berichtete auf seiner Titelseite, während es in einer der Fernsehstationen eine vielsagende Panne gab: Eine junge Nachrichtensprecherin las den 42 Wörter langen Einheitstext von Mursis Tod vom Teleprompter ab, zusammen mit dem versehentlich mitkopierten Hinweis: „Von einem Samsung-Gerät gesendet.“

Wenn das Regime Idioten auswähle, um Geheimdienstaufträge auszuführen, „wird das Ergebnis tragikomisch“, lästerte ein Aktivist auf Twitter. Denn durch dieses Missgeschick war mit einem Schlag offenkundig: Sämtliche Redaktionen des Landes hatten den gleichen Wortlaut vorgeschrieben bekommen, verschickt von einem Smartphone aus der Zentrale der Staatssicherheit. Eine übliche Praxis in dem ultrarepressiven Ägypten von Ex-Feldmarschall Abdel Fatah al-Sisi, in dem jeder Andersdenkende kriminalisiert werden kann, willkürliche Verhaftungen und spurloses Verschwinden zum Alltag gehören, genauso wie Folter und systematische Grausamkeiten in den Haftanstalten.

Drei Besuche in fünf Jahren. Unter den geschätzt 60.000 politischen Gefangenen des Sisi-Regimes war Mohammed Mursi (1951–2019, Präsident 2012–2013) der prominenteste, immerhin war der gelernte Ingenieur das einzige frei gewählte Staatsoberhaupt in der 5000 Jahre alten Geschichte Ägyptens. Einmal, im März 2018, bekamen drei britische Parlamentarier Zugang zu Mursis Gefängnis. Die Haftbedingungen des vom Militär gestürzten islamistischen Ex-Präsidenten grenzten an Folter, und die Verweigerung medizinischer Grundversorgung könnten zu seinem vorzeitigen Tod führen, lautete damals das Fazit der Besucher. „Leider wurden wir jetzt in unserem Urteil bestätigt“, erklärte der konservative Abgeordnete Crispin Blunt, der die Delegation leitete. Und so kommen immer mehr Details über die Quälereien an die Öffentlichkeit, denen das ehemalige Staatsoberhaupt während seiner sechs Jahre hinter Gittern ausgesetzt gewesen ist.

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