Ein Jahr nach der Rettung aus der Tham-Luang-Höhle

Die Buben und ihr Trainer posieren ein Jahr nach der Kastasrophe im Besucherzentrum bei der Tham-Luang-Höhle.
Die Buben und ihr Trainer posieren ein Jahr nach der Kastasrophe im Besucherzentrum bei der Tham-Luang-Höhle.APA/AFP/JITTRAPON KAICOME
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Für die zwölf Buben war das Jahr nach der Katastrophe in der thailändischen Höhle voller Reisen und Verträge. Film, Serie, Dokumentation sind geplant. Bei der Höhle könnte bald ein Einkaufszentrum stehen.

Es war eine dieser Geschichten, eine dieser Katastrophen, die Menschen auf der ganzen Welt genau verfolgten. Am 23. Juni 2018 - vor einem Jahr also - saßen zwölf Burschen im Alter von elf bis 16 Jahren und ihr 25-jähriger Fußballtrainer in einer Höhle in Thailand fest. Das Wasser hatte ihnen den Rückweg abgeschnitten. Eine tagelange Tauchmission war die Folge, bei der die Fußballer schließlich gerettet werden konnten. Einer der thailändischen Retter kam dabei ums Leben. Das Leben der Jugendlichen hat sich seit damals genauso verändert, wie die Szenerie vor dem Eingang der Tham-Luang-Höhle.

Zum Beispiel Dom Promthep. Der 14-Jährige aus Mae Sai, einer Kleinstadt an der Grenze zu Myanmar, war in England, in Japan, in Argentinien und in den USA. In Bangkok gab der König ihm zu Ehren eine Gala. Bald kommt ein Film ("The Cave") über sein Schicksal ins Kino. Netflix dreht eine Serie, Disney einen Dokumentarfilm. Und es wurde ihm zu Ehren sogar ein Denkmal gebaut. Dom war der Kapitän der U16-Mannschaft der Moo Pah, der "Wildschweine“.

Reisen um die Welt

Das offizielle Thailand, das ohne Hilfe aus dem Ausland nicht in der Lage gewesen wäre, die Buben zu retten, erzählt die Geschichte ebenfalls gerne. Es geht um Geld und ums Image. So gute Nachrichten gab es aus dem Königreich, wo seit einem Putsch 2014 das Militär regiert, schon lange nicht mehr. Und seither nicht wieder, auch wenn zwischenzeitlich gewählt wurde.

Im Mittelpunkt stehen natürlich die Kinder. Die ersten Wochen nach der Rettung aus der Tham-Luang-Höhle waren die Moo Pah noch zusammen. Anfangs in Quarantäne im Krankenhaus, dann für zwei Wochen im Tempel, wo sie sich nach buddhistischem Ritus die Köpfe rasieren ließen. Und schließlich zusammen auf Tour: bei der FIFA, bei Manchester United, zu Talkshows in den USA. Drei der Buben und der Betreuer, die bis dahin staatenlos waren, bekamen einen thailändischen Pass.

Im größten Tempel ihrer Heimatstadt gibt es ihnen zu Ehren jetzt sogar ein Museum. Dort sind ihre Fußballschuhe ausgestellt, die Rucksäcke, mit denen sie unterwegs waren, und auch eines der Räder. Am Ausgang stehen dann alle fast lebensgroß in Stein, mit orangenen Mönchsgewändern und merkwürdigerweise auch mit blauen Haaren. Dom, der Kapitän, ist gleich der erste, ganz außen rechts.

Seine Mutter, Noi Promthep, weiß nicht so recht, was sie von der Verehrung halten soll. "Ich bin sehr stolz", sagt die 42-Jährige der Nachrichtenagentur dpa. Sie betreibt auf dem Markt einen Wäschestand. "Ihm geht es gut. Aber er kommt nicht mehr so oft nach Hause." Dom geht in Chiang Mai aufs Internat, 250 Kilometer weiter. An der Schule von Mae Sai sind von den "Wildschweinen" nur noch fünf.

Instagram-Prominenz

Schuldirektor Kanet Pongsuwan erzählt: "Einige sind jetzt in dem Alter, wo sie rebellischer werden. Sie gehen häufiger aus und spielen nicht mehr so viel Fußball." Die Buben würden aber behandelt wie alle anderen Schüler auch. Doch natürlich gibt es Neid. Zwei von ihnen haben auf Instagram jeweils fast 150.000 Follower. Die Buben direkt zu interviewen ist auch am Jahrestag beinahe unmöglich.

Die Fußballer und ihre Eltern haben Exklusiv-Verträge geschlossen. Wer sie befragen darf, wird in Bangkok entschieden - auch eine Frage des Geldes. Allein für die Netflix-Serie soll jede Familie nach einem Bericht der Lokalzeitung drei Millionen Baht (etwa 86.000 Euro) bekommen. Bisher jedoch, so heißt es unter der Hand, haben sie davon noch nichts gesehen. Doms Mutter sagt nur: "Ich mag nicht über Geld reden."

Große Pläne rund um die Höhle

Zurück zum Eingang der Tham-Luang-Höhle, ein Jahr nachdem die Fußballer dort Schutz vor dem Regen gesucht haben und sich dabei in die Notlage manövriert haben.

Vor dem Unglück war Mae Sai ein ruhiger Ort, fernab von den Touristenrouten. Seit den Katastrophentagen wird er von thailändischen und ausländischen Touristen überrannt. Zwischen Oktober und April seien es 1,3 Millionen Besucher gewesen, sagt Kawee Prasomphol, zuständig für das neue Besucherzentrum hundert Meter vom Höhleneingang entfernt. Viel zu sehen gibt es dabei eigentlich nicht. Das schwarze Loch, über das man früher in die Höhle klettern konnte, ist abgesperrt.

Der Eingang in die Höhle ist abgesperrt.
Der Eingang in die Höhle ist abgesperrt.REUTERS

"Ich wollte es mit meinen eigenen Augen sehen", erzählt ein 60-jähriger Tourist aus Australien der Nachrichtenagentur AFP. "Es ist so erstaunlich, was hier passiert ist", sagt McGowan. Gerne hätte er selbst die Tham-Luang-Höhle erkundet, doch die ist noch mindestens bis nächstes Jahr gesperrt. Kleinbusse bringen immer neue Touristengruppen. Ein Wandbild mit dem Titel "Die Helden" zeigt die jungen Fußballer, dem thailändischen Regierungschef Prayut Chan-O-Cha und dem verstorbenen Taucher Saman Kunan. Touristen machen Selfies, kaufen Poster mit der Fußballmannschaft und T-Shirts mit dem Porträt Kunans. "Er ist der Held eines ganzen Landes. Er rettete unsere Kinder“,  sagt eine thailändische Frau, die vier Stunden Anreise auf sich genommen hatte, um Blumen vor der Bronzestatue des Tauchers niederzulegen. Dem 37-Jährigen ging, noch bevor die eigentliche Rettung begann, in der Höhle der Sauerstoff aus. Sein Denkmal zeigt bronzene Wildschweine um seine Füße: ein großes und zwölf kleine.

Teilnehmer eines Charity-Laufes posieren vor dem Denkmal beim Besucherzentrum.
Teilnehmer eines Charity-Laufes posieren vor dem Denkmal beim Besucherzentrum.APA/AFP/JITTRAPON KAICOME

Bei dem Besucherzentrum neben der Höhle soll es nicht bleiben. Die Regierung habe Großes vor, sagt Kawee. Für 50 Millionen Bath (1,43 Mio. Euro) sollen ein Einkaufszentrum, Restaurants, Hotels und mehrere Campingplätze gebaut werden. Ganz in der Nähe haben Lotterie-Verkäufer ihre Stände aufgebaut. Früher waren es einige wenige, nun sind es um die 250. Sie spekulieren darauf, dass die Besucher am Ort der glücklichen Rettung besonders gerne Lose fürs Glücksspiel kaufen.

(APA/AFP/dpa)

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