Behandeln nach Großmutters Rezepten

Das Interesse an (Heil-)Kräutern steigt, sowohl für den Einsatz im privaten Bereich als auch für berufliche Zwecke.
Das Interesse an (Heil-)Kräutern steigt, sowohl für den Einsatz im privaten Bereich als auch für berufliche Zwecke. (c) imago images / Panthermedia (SimoneVoigt)
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Die Skepsis gegenüber Chemie und eine neue Verbundenheit zur Natur haben traditionelles Wissen um Kräuter wieder populär gemacht. Zahlreiche Ausbildungen tragen diesem Wunsch Rechnung.

Der Wunsch ist groß, alte Möglichkeiten des Heilens zu entdecken. Weg von der Chemie – das ist sicher ein Trend“, sagt Franz Stürmer, Leiter des Studiengangs Kräuterpädagogik der Vitalakademie an den Standorten Linz und Wien. Seiner Einschätzung nach wollen immer mehr Menschen lernen, wie sie sich selbst helfen können, aber auch, wie sie der Natur verbunden sein und sie schützen können.

An der Vitalakademie wird an verschiedenen Standorten in Österreich ein mehrmonatiger Diplomlehrgang angeboten. Die Module finden entweder als Wochenend- oder Tageslehrgänge statt. Die Inhalte erstrecken sich von der Geschichte der Kräuter über Methoden der Konservierung bis hin zu pädagogischen Grundlagen. „Wir bilden die Teilnehmer dahingehend aus, dass sie Kräuterwanderungen unternehmen sowie Workshops und Seminare anbieten können“, sagt Stürmer. Auch das Herstellen von Lebensmitteln ist eine Möglichkeit, wie man das gewonnene Wissen praktisch umsetzen kann.

Vorbild Hildegard von Bingen

An der Gesundheitsschule Hildegard von Bingen kann man – wenig überraschend – auf den Spuren der historischen Kräuterheilerin wandeln. Die an diesem Institut unter anderem angebotene Diplomausbildung Kräuterpädagoge/-in nach HvB und traditioneller europäischer Medizin umfasst 723 Einheiten, die sich über ein berufsbegleitendes Semester erstrecken. Zudem ist ein Praktikum im Umfang von insgesamt 100 Stunden zu absolvieren. Wer mit dem Diplom abschließt, ist in der Lage, selbstständig Kurse, Seminare oder Workshops für Interessierte abzuhalten, Kräuterwanderungen anzubieten und Kräuterzubereitungen sowie Natur- und Kräuterkosmetik herzustellen.

Auch im Wifi-Wien-Lehrgang zum Heilkräutercoach finden sich häufig Menschen, die „mehr Wissen über Pflanzeninhaltsstoffe, ihre Wirkung und Anwendung gewinnen möchten“, sagt Lehrgangsleiter Ernst Frühmann. Die Ausbildung enthalte viele Ausflüge in die Natur und Theorie, die „in verschiedenen Bereichen anwendbar ist, etwa bei Salben, Tees, Tinkturen oder ätherischen Ölen“. Der dreimonatige Kurs vermittelt in drei Modulen das sichere Erkennen von Heilpflanzen, deren Prüfung und Vermittlung sowie Wissen über die Inhaltsstoffe und Wirkstoffe dieser Heilpflanzen zur Aktivierung der Selbstheilungskräfte des Körpers.

Am Wifi Oberösterreich wird zudem der Diplomlehrgang Heilkräuterpädagogik angeboten. Er dauert ein Jahr und wird an den Wochenenden abgehalten. Zum TEH-Praktiker, der sich mit heimischen Kräutern auskennt, können sich Interessierte an den Wifi-Standorten in Vorarlberg, Salzburg und Niederösterreich ausbilden lassen. TEH steht für „traditionelle europäische Heilkunde“. Wissen über Kräuter ist nicht immer Selbstzweck, sondern auch in diversen Branchen hilfreich, etwa im Tourismus, in der Gastronomie oder Landwirtschaft.

Wissen für Prosumer

„Viele Menschen verstehen sich auch als sogenannte Prosumer, also Produzierer und Konsumierer. Dadurch haben sie die Gewissheit, was sie essen und wie ihre Lebensmittel produziert wurden“, sagt Eveline Neubauer, Leiterin des Lehrgangs Wildkräuter und Arzneipflanzen an der Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik. Wer sich trotzdem auf die eine oder andere Art mit den gewonnenen Erkenntnissen selbstständig machen möchte, bekommt auch hier Know-how: „Beratung und Kommunikation sind ein wichtiger Teil der Ausbildung, um das eigene Unternehmerprofil zu stärken, sich selbst und die eigenen Produkte gut zu vermarkten“, sagt Neubauer. Weitere Themen: angewandte Botanik, Phytochemie, Arzneipflanzen und Ernährung. Der berufsbegleitende Lehrgang dauert vier Semester und wird in 14 drei- bis viertägigen Blöcken durchgeführt.

Web:www.vitalakademie.at,

www.bingen.at, www.wifi.at,

www.agrarumweltpaedagogik.ac.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.07.2019)

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