Wie alles mit allem zusammenhängt

Wie verschiedenste Elemente der Gesellschaft zusammenspielen, ist Gegenstand der Volkswirtschaftslehre.
Wie verschiedenste Elemente der Gesellschaft zusammenspielen, ist Gegenstand der Volkswirtschaftslehre. (c) Getty Images/iStockphoto (phototechno)
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Die heutige Welt ist ein riesengroßes Netzwerk. Die wirtschaftlichen Zusammenhänge zu verstehen ist daher unverzichtbar, auch um etwa die Umwelt zu schützen.

Eine Gesellschaft besteht aus vielen verschiedenen Einheiten. Es gibt einzelne Menschen, Haushalte, verschiedene Unternehmen und den Staat mit all seinen Einrichtungen. Die alle treffen jeden Tag sehr viele Entscheidungen, die zueinanderpassen müssen. Das alles zusammen bildet unsere Volkswirtschaft“, erklärt Hans Manner. Er ist Volkswirt an der Universität Graz, die ein Bachelorstudium dazu anbietet. Zudem kann man es mit dem Thema „Umweltsystemwissenschaften“ kombinieren – beides zusammen will Basiskenntnisse zum Verständnis der starken Vernetzung zwischen dem Handeln des Menschen und den daraus resultierenden Umweltveränderungen vermitteln. „Eines der großen Themen unserer Zeit ist der Klimawandel. Viele der Effekte und Kosten sind sehr langfristig und in einer Art, dass sie unser Preissystem nicht erfassen kann. Hier sind Markteingriffe notwendig, aber die Art der Eingriffe ist nicht offensichtlich. Dies erfordert einen interdisziplinären Ansatz, der natürlich auch ein Verständnis von wirtschaftlichen Wirkungsmechanismen voraussetzt“, erläutert Manner.

Interdisziplinäre Perspektive

Auch für Ingrid Kubin ist das Thema Umwelt ein gutes Beispiel, anhand dessen man die Thematik der Volkswirtschaft gut veranschaulichen kann: „Es gibt einen Zusammenhang zwischen Umwelt, Wirtschaft und gesellschaftlichen Mustern. Wir vermitteln in unserem Studium dazu eine interdisziplinäre Perspektive“, sagt die Vorständin des Instituts für Außenwirtschaft und Entwicklung an der Wirtschaftsuniversität Wien. Dort können Interessierte das Bachelorstudium Volkswirtschaft und Sozioökonomie belegen. Die Eingangsphase ist für alle wirtschafts- und sozialwissenschaftlichen Studien an der WU gleich, ab dem dritten Semester fokussieren sich die Studierenden dann auf die beiden Bereiche. Im dritten Studienjahr erfolgt eine Spezialisierung. Im Schwerpunkt Volkswirtschaft stehen gesamtwirtschaftliche Fragestellungen und empirische Forschungsmethoden im Zentrum. Neben den Pflichtfächern können angehende Volkswirtschaftler bei weiteren Themen in die Tiefe gehen, beispielsweise in die Arbeitsmarktökonomie, Wirtschaftsgeografie oder Corporate Governance. Der Schwerpunkt Sozioökonomie wiederum vermittelt breites historisches, politisches, geografisches, rechtliches und kommunikationstheoretisches Wissen, ergänzt durch Theorie- und Methodenkenntnisse. Auch hier erfolgt eine Spezialisierung, entweder in Richtung moderne Gesellschaften, sozioökonomische Problemlagen oder Ökonomie und Gesellschaft.

Nichts für Wirtschaftsmuffel

Spätestens hier wird klar, wie umfassend die Beschäftigung mit Volkswirtschaft ist. Denn wie alles mit allem zusammenhängt und zusammenarbeitet, ist ein nahezu unendliches Thema.

An der Universität Wien, der dritten heimischen Hochschule, wird ebenfalls ein Bachelorstudium dazu angeboten. „Wenn jemand die Wirtschaftsseiten in einer Zeitung nie gelesen hat, sich nie gefragt hat, warum die ,Fridays for Future‘-Bewegung entstanden ist oder warum es Steuern gibt, dann ist das VWL-Studium vermutlich nicht das richtige. In erster Linie sollte deshalb Interesse an wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Zusammenhängen bestehen. Zusätzlich sollte ein Interesse an analytischem Denken vorhanden sein“, sagt Gerhard Sorger, Vorstand des Instituts für Volkswirtschaftslehre an der Universität Wien. Zudem sei es wichtig, „dass man Interesse an der Gestaltung von Veränderung, speziell von gesellschaftlichen Systemen hat“, ergänzt Kubin.

Beide Befragten sind sich einig, dass ein konsekutiver Master auf jeden Fall die beruflichen verantwortungsvollen Einsatzmöglichkeiten in Institutionen, dem öffentlichen sowie dem NGO-Sektor oder in der Privatwirtschaft erhöht. An der WU Wien kann man diesen Abschluss entweder auf Englisch in den Studienrichtungen Economics und Socio-Ecological Economics and Policy sowie auf Deutsch in Sozioökonomie machen. An der Uni Wien bieten sich der allgemeine Volkswirtschaftsmaster an, aber auch „ein anderes Masterprogramm mit Wirtschaftsbezug oder ein Programm, das Kompetenzen vermittelt, die komplementär zu Wirtschaftsfragen sind, beispielsweise Politikwissenschaft, Soziologie, Lehramt Geografie und Wirtschaftskunde oder Jus“, erläutert Sorger. In Graz wird der Masterstudiengang Politische und empirische Ökonomik angeboten.

Web:www.uni-graz.at, www.univie.ac.at

www.wu.ac.at

AUF EINEN BLICK

Volkswirtschaftslehre betrachtet das Zusammenspiel und das Handeln der Akteure in der Wirtschaft auf allen Ebenen, auch im Hinblick auf ökologische Aspekte. Dazu wird ein interdisziplinärer Ansatz verfolgt, der neben Wirtschafts- vor allem Sozialwissenschaften umfasst. Zusätzlich zu Interesse an Wirtschaft und Gesellschaft sind analytische Fähigkeiten gefragt, ein Masterabschluss erweitert die beruflichen Möglichkeiten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.07.2019)

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