Fachhochschulen: Sturm auf die letzte Bastion

Die Universitäten sind die Hüter der höchsten  akademischen Weihen.
Die Universitäten sind die Hüter der höchsten akademischen Weihen.(c) Roger Violett / Picturedesk
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Nach einem FH-Studium ein Doktorat an einer Uni anzuschließen, ist grundsätzlich möglich. Die Fachhochschulen würden aber gerne auch selbst promovieren dürfen. Was sie sich davon erwarten und was Unis und Studenten davon halten.

Wer nach einem FH-Master seine Liebe zur Wissenschaft entdeckt und ein Doktorat oder neuerdings einen Ph.D. anschließen will, der muss dazu an eine Uni wechseln. Diese Regelung ist den Fachhochschulen ein Dorn im Auge. Der Grund sind weniger Probleme bei der Anrechnung der FH-Qualifikationen. Dies funktioniert laut Kurt Koleznik, dem Generalsekretär der Fachhochschulkonferenz (FHK) "immer besser". Und das bestätigt auch Patrik Buchhaus, ÖH-Referent für Bildungspolitik an der TU Graz. Zwar würden recht strenge Maßstäbe angelegt, die Zulassungsvoraussetzungen seinen aber nachvollziehbar.

Warum die Fachhochschulen dennoch großes Interesse haben, selbst promovieren zu dürfen, erklärt Koleznik. Und stellt gleich klar, dass es der Fachhochschulkonferenz nicht um ein flächendeckendes Promotionsrecht für alle FH-Studien geht. Was er sich wünscht, ist die Möglichkeit, dass Fachhochschulen in einzelnen Fächern, in denen sie schon länger forschen, auch ein Doktoratsstudium anbieten können. Eine externe Akkreditierung soll die Qualität sicher stellen.

Motivation für diese Forderung sind laut Koleznik nicht so sehr die Belange der Absolventen diesen steht in der Regel ja der Wechsel an eine Universität offen , sondern die der wissenschaftlichen Mitarbeiter an den Fachhochschulen, die sich im Rahmen ihrer Forschung an der FH akademisch weiterentwickeln wollen.

"Wir wollen keine qualifizierten Mitarbeiter an die Unis verlieren", so der FH-Vertreter. Zudem würden andere Forschungsfelder bearbeitet als an den Unis. Entsprechend hätten die Universitäten an vielen für die FH relevanten Forschungsfragen kein Interesse und auch gar nicht die notwendige Kompetenz. Ein weiterer Punkt, den Koleznik anführt, sind Dissertationen im Rahmen von Firmenprojekten. Auch hier sieht er die Fachhochschulen als primäre Partner für Unternehmen.

Unis ablehnend. Bei den Universitäten trifft das Ansinnen der FH auf wenig Sympathien. Wie mehrfach dargelegt ist es aus Sicht der Universitätenkonferenz (uniko) nicht sinnvoll, die Differenzierung zwischen Uni und FH aufzuweichen. "Das Forschungsumfeld an den Universitäten ist grundsätzlich ein anderes als an einer FH, auch im Hinblick auf die interdisziplinäre Einbindung in Forschungsgruppen", sagt uniko-Generalsekretärin Elisabeth Fiorioli, die als Alternative Kooperationen zwischen FH und Unis propagiert. Auch Kurt Matyas, Vizerektor für Studium und Lehre an der TU Wien ist für ein Kooperationsmodell. Entsprechende Verhandlungen mit Fachhochschulen würden an der TU Wien gerade geführt. Matyas bekräftigt, dass sehr wohl externe Dissertationen, sowohl von FH-Mitarbeitern als auch von Mitarbeitern in Unternehmen an den Unis möglich und auch Usus seien. Allerdings räumt er ein, dass immer erst ein Betreuer gefunden werden muss.

Skepsis bei Studenten. Die Sichtweise der Studenten, zumindest seitens der ÖH, deckt sich weitgehend mit den Unis. Buchhaus favorisiert auch das Kooperationsmodell, das laut dem TU-Graz-Studenten zwischen seiner Uni und der FH Joanneum sehr gut funktioniere. Die Idee, das Promotionsrecht an bestimmte Kriterien zu knüpfen, hält er zwar für interessant, aber wenig praktikabel, sowohl im Hinblick auf die Definition der Kriterien als auch auf deren Überprüfung.

Auch die FH-Referentin der ÖH, Nina Antoniuk, ist bezüglich einem FH-Doktoratsstudium skeptisch. Sie bemängelt unter anderem den großen Prozentsatz an Lehrenden ohne wissenschaftliche Vorbildung an den FH und auch das ihrer Einschätzung nach geringere Niveau der wissenschaftlichen Arbeiten. Antoniuk sieht die FH als berufsbildende Hochschulen. Diese hätten als Plus einen starken Praxisbezug. "Für Doktoratsstudien gelten aber andere Anforderungen, die die Strukturen an den FH in der Regel nicht erfüllen", so die Studentenvertreterin. Einig sind sich alle Befragten nur in einem Punkt: Die FH-Landschaft in Österreich ist sehr vielfältig, sodass man nicht alle Fachhochschulen und alle ihre Studiengänge über einen Kamm scheren kann.

FH-Forschung in Zahlen

Ca. 800 FH-Absolventen sind an heimischen Universitäten in Doktoratsstudien inskribiert.

104 Millionen Euro beträgt das gesamte Forschungsbudget der österreichischen Fachhochschulen im Jahr (Stand 2015).

Insgesamt waren an den heimischen FH im Jahr 2015 940 Mitarbeiter (Vollzeitäquivalente) in der Forschung beschäftigt.

16 % beträgt die durchschnittliche jährliche Steigerung der FH-Forschungsaktivitäten seit 2002.

1450 Forschungsprojekte in Kooperation mit Unternehmen werden jährlich an FH durchgeführt.

10 Josef Ressel Zentren sind derzeit an Fachhochschulen eingerichtet. Sie forschen themenbezogen in Kooperation mit Unternehmen.

("UniLive"-Ausgabe, 27.09.2017)

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