Beatrix Karl: Die "angepasste Juristin" als Ministerin

(c) Clemens Fabry
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Beatrix Karl im "Presse"-Interview über Studiengebühren, ihr Verhältnis zu den Studenten und den Uni-Protesten sowie den Vergleich, dass sie optische Ähnlichkeit mit Model Claudia Schiffer habe.

UniLive: Die strenge Jusprofessorin ist ja der natürliche Feind des Studenten. Wie wollen Sie sich als Ministerin von diesem Image lösen?

Beatrix Karl: Ich habe als Professorin immer ein gutes Verhältnis zu den Studierenden gehabt. Mir haben sogar viele Studierende zu meinem neuen Job gratuliert.

Boulevardmedien schreiben Ihnen optische Ähnlichkeit mit dem deutschen Model Claudia Schiffer zu. Gefällt Ihnen dieser Vergleich besser?

Karl: Es stört mich nicht. Das ist journalistische Freiheit.

Zu den Protesten: Sie selbst haben in den 80er-Jahren studiert. Mussten Sie da in Vorlesungen auch auf dem Boden sitzen?

Karl: Es gab auch damals schon volle Hörsäle, vor allem im ersten Studienabschnitt. Die haben sich aber rasch gelichtet, weil es bereits damals eine gefürchtete Knock-out-Prüfung gab, bei der ordentlich ausgesiebt wurde. Diese Prüfungen sind also nichts Neues, sie sollen aber in Zukunft vermieden werden, zum Beispiel durch eine noch transparentere Studieneingangsphase.


Sie kennen das System Uni von innen. Da verwundert es, dass Sie in einer Partei sind, die während der Proteste einen harten Kurs gegen Studierende eingeschlagen hat.

Karl: Ich verstehe, dass Studierende protestieren, wenn sie zum Beispiel in Seminare nicht hineinkommen. Demonstrationen sind legitim. Was mich gestört hat, war die Hörsaalbesetzung. Weil damit wurden andere, die studieren wollten, behindert. Das geht zu weit.

Hätten Sie als Studentin nicht auch Hörsäle besetzt, wenn die Bedingungen so schlecht gewesen wären wie heute?

Karl: Es gab damals schon Massenstudien. Ich habe mein Studium dennoch zügig abgeschlossen.

Sie entsprechen also dem Klischee des angepassten Jusstudenten.

Karl (lacht): Das kann stimmen.
Haben Sie je Marihuana geraucht? Karl (lacht): Nein. Wie gesagt, die großen Revolutionäre sind wir Juristen wahrscheinlich nicht.

Es muss ja nicht gleich eine Revolution sein. Man hat aber das Gefühl, im ÖVP-Wissenschaftsministerium gelten Studenten nur noch als notwendiges Übel.

Karl: Die Studierenden sind unser Zukunftspotenzial. Es ist ja nicht so, dass die ÖVP gegen die Studierenden aufgetreten ist.

Dass die Polizei das Audimax räumen soll, hat die ÖVP gefordert.

Karl: Ich persönlich wünsche mir keine Polizei an der Uni. Man hätte vieles auch mit Gesprächen lösen können.

Alle reden vom beschränkten Zugang. Was sollen jene machen, die keinen Platz mehr bekommen?

Karl: Es sind nicht alle Fächer überlaufen. Es gibt Bereiche, in denen mehr Studierende herzlich willkommen sind. Etwa in den technischen und naturwissenschaftlichen Studienrichtungen.s

Können Sie einem Studenten erklären, warum er für die Wiedereinführung von Studiengebühren sein soll, wenn er dadurch keine Qualitätssteigerung im Studium erlebt?

Karl: Die Qualität muss sich verbessern, die Unis bekämen das Geld ja zusätzlich zum bisherigen Budget.s

Das war aber bisher nicht so.

Karl: Natürlich kann ich mit 363 Euro nicht das ganze System reformieren. Es hat sich aber gezeigt, dass die Beiträge einen sehr positiven Lenkungseffekt haben. Die Drop-outs sind gesunken. Und der Druck auf die Studierenden, schnell fertig zu werden, ist gestiegen.

„Druck“ auf die Studierenden auszuüben, finden Sie also positiv.

Karl: Ich sehe das in erster Linie als positiven Druck. Es ist gut, wenn man rasch fertig wird. Wer länger studieren will, der muss eben zahlen. 363 Euro pro Semester sind kein hoher Betrag. Vor allem, wenn er durch Beihilfen und Stipendien abgefedert wird. Derzeit sind Studienbeiträge aber kein Thema.

Auf einen Blick

■ Die Jusprofessorin Beatrix Karl (ÖVP) ist seit 26. Jänner neue Wissenschaftsministerin. Zuvor war die 42-jährige Steirerin Wissenschaftssprecherin im Parlament, Generalsekretärin des ÖAAB und lehrte am Institut für Arbeits- und Sozialrecht der Universität Graz.

("Die Presse" Printausgabe vom 24. 02. 2010)

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