Uni statt Konservatorium

Die Anton-Bruckner-Privat-Uni unterhält auch ein eigenes Symphonieorchester.
Die Anton-Bruckner-Privat-Uni unterhält auch ein eigenes Symphonieorchester. (c) Reinhard Winkler
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Ausbildungen rund um Musik haben in Österreich Tradition. Konservatorien und Schulen, die zu Privatuniversitäten wurden, bereichern das akademische Angebot.

Die Dichte der musikalischen Studienangebote in Österreich entspricht in etwa jener in Deutschland und in der Schweiz. Aber sie ist im Wachsen begriffen. Im Gasometer Wien befindet sich die jüngste private Musikhochschule des Landes. Das Jam Music Lab mit Schwerpunkt Jazz und Popularmusik wuchs vom Musikkonservatorium zur Privatuniversität, seit Herbst läuft der Universitätsbetrieb. Der Weg zur erfolgreichen Akkreditierung bedurfte intensiver Vorbereitungen. Letztlich konnten alle erforderlichen Qualitätsstandards erfüllt und abgesichert werden.

Akademisierung gefragt

„Seit der Etablierung des Bologna-Systems in Europa ist die Erlangung eines akademischen Abschlusses immer wichtiger geworden“, erklärt Rektor und Geschäftsführer Marcus Ratka den Grund, warum man sich zu diesem Schritt entschieden hat. „Musikkonservatorien sind in eine unklare Mittelposition zwischen akademischer und schulischer Ausbildung geraten. Absolventen einer musikalischen und vor allem musikpädagogischen Ausbildung werden in Zukunft in bestimmten Bereichen nur mit akademischem Abschluss Fuß fassen können“, meint Ratka. Was ändert sich für die Studierenden? Sie können ab sofort bolognakonforme Bachelor- und Masterstudien belegen und abschließen. Alle Studienangebote gibt es für künstlerische und musikpädagogische (IGP) Schwerpunktsetzungen, wahlweise Bachelor und Master in „music“ oder „music education“. „Das vormals schulische Konservatoriumsangebot mit Abschlussdiplomen ist demzufolge nun ein akademisches Studium, das mit akademischen Titeln abschließt. Auch umfasst das Uni-Studium ein reichhaltigeres Curriculum, in dem Forschung und Music-Business ebenso Platz finden wie künstlerische und musikpädagogische Lehre“, sagt Ratka. Derzeit sind insgesamt rund 350 Studierende in den Ausbildungsangeboten des Jam Music Lab Conservatory und der Private University eingeschrieben.

Einen ähnlichen Weg wie Jam Music Lab absolvierte die Musik-und-Kunst-Privatuniversität der Stadt Wien, kurz MUK genannt, schon vor einigen Jahren. Das Konservatorium Wien wurde bereits 2005 als Privatuniversität (damals Konservatorium Wien Privatuniversität) akkreditiert. 2015 erfolgte die Änderung des Namens in Musik-und-Kunst-Privatuniversität der Stadt Wien, um sich von den privaten, also nicht öffentlichen Konservatorien, abzugrenzen. „Aufgrund der im Vergleich eher kleinen Größe ist die MUK eine Privatuniversität mit sehr kurzen Abstimmungswegen. Insbesondere für die Studierenden ergibt sich hier eine sehr individuelle Betreuung und ein persönliches Umfeld“, sagt Bernhard Mayer-Rohonczy von der MUK. Bezüglich der Studien finden sich an der MUK einige in Österreich sonst nicht angebotene Fächer. Etwa die Möglichkeit, Akkordeon, Operette oder Musical auf universitärem Level zu studieren. Klassiker an der MUK sind der Studiengang Alte Musik, der seit den 1990er-Jahren besteht, oder Jazz – gar schon seit den 1960er-Jahren. „Als einzige Universität im Eigentum der Stadt Wien erfolgt die Finanzierung über Landes- und nicht aus Bundesmitteln“, sagt Mayer-Rohonczy. Dass der MUK Zusammenarbeit wichtig ist, sieht man an der Zahl an Kooperationsvereinbarungen, die mit über 130 Partneruniversitäten weltweit abgeschlossen wurden. Dieses internationale Netzwerk wird laufend vertieft und erweitert. Laut Mayer-Rohonczy nutzt die MUK hier besonders die Möglichkeiten des Erasmusprogramms.

Ausbau wegen reger Nachfrage

Ebenfalls längst etabliert ist die Anton-Bruckner-Universität in Linz für Musik, Schauspiel und Tanz mit derzeit rund 850 Studierenden. Sie wurde 2004 als Privatuniversität akkreditiert und ging aus dem Anton-Bruckner-Konservatorium der Stadt Linz hervor. „Wir haben um ein Vielfaches mehr an Bewerbungen als Studienplätze und sind daher in der glücklichen Lage, uns die besten Bewerber auszusuchen“, sagt Rektorin Ursula Brandstätter. Das bezieht sich übrigens auf alle Studienangebote. Laufend wird daher auch das künstlerische und künstlerisch-pädagogische Studienangebot an der Bruckneruniversität erweitert. „So haben wir im vergangenen Jahr zwei neue Lehrgänge implementiert: Theaterpädagogik und Urban Dance Styles“, so die Rektorin. „Aktuell laufen die Vorbereitungen für die Re-Akkreditierung der Studienpläne, die nun überarbeitet und den sich ständig wandelnden Anforderungen des künstlerischen Berufsfelds angepasst werden.“ Bereits heuer startete ein neuer Lehrgang für Liedgestaltung am Klavier. Auch an der Einführung eines Promotionsstudiums wird derzeit in Kooperation mit der Kunstuniversität Linz, der Musikuniversität Wien und der Universität Salzburg gearbeitet. „Geplant sind eine klassisch akademische Promotion, aber auch eine künstlerisch-wissenschaftliche, womit wir auf aktuelle, zukunftsorientierte Tendenzen in Kunst und Wissenschaft reagieren“, so Brandstätter.

Nicht nur das Angebot an musikalischen Fachrichtungen wird dem Bedarf angepasst. Alle drei vorgestellten Privat-Unis betonen, wie wichtig ihnen die „Employability“ bei den jeweiligen Ausbildungsstandards ist.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.11.2017)

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