Rauswurf für Langzeitstudenten?

„Wir haben ein Laissez-faire-System, das zum Scheitern einlädt“, sagt Vitouch.
„Wir haben ein Laissez-faire-System, das zum Scheitern einlädt“, sagt Vitouch.(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Die Rektoren wollen weg vom Laissez-faire-System an den Universitäten. Sie fordern ein neues Studienrecht, in dem es auch Teilzeitstudenten gibt – und weniger Prüfungsantritte.

Wien. Die Unis wollen strengere Regeln für ihre Studenten – bis hin zum Rauswurf, wenn sie zu lange keine Prüfungen ablegen. „Den Sonderweg Studieren auf Österreichisch sollte man beenden“, sagte Rektorenchef Oliver Vitouch am Montag. Mit Sonderweg meint er: Studierende können negative Prüfungen bis zu vier Mal wiederholen, beliebig viele Fächer inskribieren und jahrzehntelang keine Prüfungen ablegen. „Das ist fast weltkulturerbeverdächtig.“

„Studenten dürfen fast alles, und sie müssen fast gar nichts“, sagt Vitouch. Das führe mitunter dazu, dass sie sich verzetteln, anstatt planvoll und konsequent zu studieren – zumal, wenn in einem Fach auch noch Massenstudienbedingungen herrschen. „Wir haben ein Laissez-faire-System, das maximal frei und fördernd sein soll, das aber leider zum Scheitern einlädt.“

„Kein Wolkenkuckucksheim“

Von der nächsten Regierung fordern die Rektoren daher eine „couragierte Modernisierung“ des Studienrechts. „Die Unis müssen wieder als Universitäten funktionieren können und nicht als marode Filialen von Wolkenkuckucksheim.“ Konkret wollen sie, dass zwei Kategorien geschaffen werden – von denen jeweils bestimmte Leistungen erwartet werden und die der realen Situation eher entsprechen: Vollzeit- und Teilzeitstudierende. Letztere sollen um einen definierten Zeitraum länger studieren können – für einen Master also statt zwei Jahre etwa drei oder vier brauchen, aber nicht acht. Zudem soll es zusätzliche Stipendien geben, damit sie den Job reduzieren können. Die Kategorie der „ewig Studierenden“ bekomme man so weg.

Die soll es ohnedies nicht mehr geben, wenn es nach den Unis geht. Nicht nur soll die Anzahl der Prüfungswiederholungen von derzeit bis zu vier auf zwei reduziert werden. Für Studenten, die kaum Prüfungen ablegen, müsse es auch Konsequenzen geben. „Nach einer gewissen Zeit der Inaktivität sollte eine Exmatrikulation erfolgen“, sagt Vitouch. Wann genau, lässt er offen. Nur so viel: „Wenn jemand eine Regelstudiendauer lang prüfungsinaktiv bleibt, gibt es ein Problem.“ Vor dem Rauswurf gebe es noch Optionen wie Beratung.

Ein Uni-System ohne Studiengebühren funktioniere nur dann, wenn Studenten intensiv studieren, relativ rasch abschließen und in einem einschlägigen Beruf entsprechende Steuern bringen. „Das funktioniert aber nicht bei diesen Abbrecherquoten und Studiendauern“, sagt Vitouch. Dass es womöglich wieder Studiengebühren geben könnte, sei einer der wenigen uni-relevanten Punkte, die man aus den Koalitionsverhandlungen höre. Gebühren seien eine Möglichkeit, die Ernsthaftigkeit zu erhöhen. „Aber nicht die einzige und nicht die beste“, meint Vitouch. Generell seien sie „ein vermintes Thema“. Eine Befürchtung: dass Gebühren – wenn sie einmal eingeführt sind – durch die Decke gehen, wie zuletzt in England.

Schranken rasch umsetzen

Beim Uni-Zugang müsse bald etwas passieren: Dass das Uni-Budget mit der Auflage, bis 31. Jänner die neue Studienplatzfinanzierung zu fixieren, noch knapp vor die Ziellinie gebracht worden sei, sei ein erster Schritt, sagt Vitouch. Ein Gesetzesentwurf sei vor der Wahl noch in Begutachtung geschickt worden. „Wesentlich ist eine rasche und faire Umsetzung, inklusive Aufnahmeverfahren.“

Probleme sehen die Unis auch bei der Forschung. „Ich weiß, es ist langweilig, immer über die Finanzierung zu reden“, sagt Vitouch. Er drängt darauf, dass die lang versprochenen zwei Prozent des BIPs in den tertiären Bildungsbereich gesteckt werden – ein Pfad sei derzeit nicht in Sicht. „Uns fehlt nach wie vor ein Milliardenbetrag.“ Er fordert speziell, dass mehr Geld in die Grundlagenforschung fließt. In Österreich seien das nur 20 Prozent der Forschungsmittel – in der Schweiz ist es mehr als ein Drittel.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.11.2017)

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