Postgraduelle Ausbildung: Die gescheiterte Heldin der Unterbezahlten

Postgraduelle Ausbildung gescheiterte Heldin
Postgraduelle Ausbildung gescheiterte Heldin(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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50 Euro Taschengeld hat die Psychologin Franziska T. während ihrer praktischen Ausbildung bekommen. Sie hat die Praxisstelle geklagt.

Beschwert haben sich viele, geklagt hat bisher nur eine: Franziska T. (Name von der Redaktion geändert) hat im Herbst 2007 die Ausbildung zur Klinischen und Gesundheitspsychologin begonnen, obwohl sie Kolleginnen vor den Problemen gewarnt haben: Der praktische Teil der Ausbildung sei schlecht bezahlt und habe oft wenig mit Psychologie zu tun. Wie zutreffend diese Einschätzungen sind, hat Franziska bald gemerkt.

Zur Vorgeschichte: Nach dem Psychologie-Abschluss hat sich Franziska schon „richtig darauf gefreut, endlich arbeiten zu können“. Zahlreiche Absagen später hat sie festgestellt, dass eine Psychologin ohne Zusatzausbildung wenig gilt am Arbeitsmarkt. Wie drei Viertel aller Psychologie-Absolventen hat sie daher die postgraduale Ausbildung begonnen. Auch wenn 1100Einrichtungen die praktische Ausbildung anbieten, die echten „Traumstellen“ sind schnell vergeben. So war Franziska „heilfroh“, als ihr ein privates Unternehmen eine Stelle angeboten hatte – für 50Euro monatliches Taschengeld. „Es ist schwer sich aufzuregen. Immerhin konnte ich anrechenbare Stunden sammeln“, sagt Franziska. Als dann aber die Arbeit weniger aus psychologischer Beratung und mehr aus Verwaltungstätigkeit bestanden hatte, war das Maß voll: Mithilfe der Arbeiterkammer und der Gesellschaft kritischer Psychologinnen und Psychologen (GkPP) hat Franziska die Firma geklagt. „Mir geht's auf die Nerven, wenn die Leute nur jammern.“

Ein Problem sind die mangelnden gesetzlichen Bestimmungen: Zwar schreibt das Psychologengesetz 1480 Stunden Praxis vor, aber nicht, was man zu lernen und an Lohn zu bekommen hat – im Gegensatz zum Turnus der Mediziner und dem Gerichtsjahr der Juristen. Die Bezeichnung „Praktikum“ lehnt Franziska ab: „Ich bin keine Praktikantin, sondern Psychologin in Ausbildung.“

An ihrer Praxisstelle sei noch erschwerend hinzugekommen, dass sie laut Klage eine „tatsächliche Arbeitsleistung“ erbracht hat. Daher würde ihr ein Angestelltengehalt nach dem Kollektivvertrag zustehen. Im Juni 2009 endet der Prozess mit einem Vergleich. „Ich habe dem Druck emotional nicht standgehalten“, macht sich Franziska Vorwürfe. Sie hätte den Fall gewinnen und damit einen Präzedenzfall für die anderen Psychologen in Ausbildung schaffen können, die selten mehr als 70Euro Taschengeld bekommen. „Jetzt bin ich zwar nicht die Heldin, aber immerhin Vorreiterin.“ Das Unternehmen verweigerte auf „Presse“-Anfrage jeden Kommentar.

■ Das Problem allgemein:

Jährlich beginnen etwa 550 Personen mit der Ausbildung in Klinischer und Gesundheitspsychologie. Sieben Einrichtungen bieten theoretische, 1100 die praktische Ausbildung an. Seit einer Beschwerde aus dem Jahr 2004 müssen alle Praxisstellen die Auszubildenden zumindest sozialversichern (Pension, Unfall, Kranken und Arbeitslosen).

■ Das sagt die Studentenvertretung:

Die ÖH fordert Kontrollen der Ausbildungsinhalte und angemessene Bezahlung, zumal die Kurse bis zu 3700Euro kosten.

■ Das sagt das Gesundheitsministerium:

Laut des zuständigen Gesundheitsministeriums wird das Thema Bezahlung diskutiert. Man rechne aber mit Widerstand der Länder, da sie als Träger zahlreicher Einrichtungen Mehrkosten tragen müssten. Ab dem Sommer soll die inhaltliche Qualität der Praxis-Stellen überprüft werden.


ombudsstelle@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.03.2010)

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