Medizin zu lehren will gelernt sein

Wenn Ärzte ihr Wissen optimal weitergeben sollen, brauchen sie spezifische Lehrgänge.
Wenn Ärzte ihr Wissen optimal weitergeben sollen, brauchen sie spezifische Lehrgänge. (c) imago stock&people (imago stock&people)
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Hochschuldidaktik. Jedes Fach muss anders vermittelt werden. Im Gesundheitsbereich, insbesondere in der Medizin, müssen spezielle Anforderungen berücksichtigt werden.

Generell stehen in der Hochschuldidaktik alle Aspekte des Lehrens und Lernens im Fokus, also die Planung und Durchführung von Lehrveranstaltungen, die Begleitung von Lernprozessen und die Auseinandersetzung mit Curricula und Studiengängen. Im medizinischen Bereich braucht es aber noch ein bisschen mehr. Neben hohen Ansprüchen an die fachliche Kompetenz wollen etwa auch der Umgang mit Patienten sowie die Wissensvermittlung im klinischen Alltag gelernt sein. „Uns ist es wichtig, dass wir die Lehrkompetenz stärken, um unsere Studierenden gut ausbilden zu können. Deshalb brauchen Ärzte, die an der Medizinischen Universität Wien tätig sind, fundiertes didaktisches Know-how“, sagt Angelika Hofhansl, Leiterin des Curriculum-Managements im Teaching Center der Med-Uni Wien. Das Zertifikatsprogramm Medizinische Lehre Wien (MLW) ist Teil des Karriereschemas für das wissenschaftliche Universitätspersonal und hat das Ziel, Lehre zu standardisieren und zu professionalisieren.

„Die Teilnehmer dieses Programms lernen problemorientiert, anhand von Fällen, Patienten und naturwissenschaftlichen Aufgaben. Und natürlich spielt auch die Kommunikation eine große Rolle“, erläutert Hofhansl. So werden etwa Schauspieler engagiert, die in die Rolle von Patienten schlüpfen, um den Informationsfluss und -austausch am Krankenbett zu simulieren. Und diese Erkenntnisse dann als Lehrende an die Studierenden weitergeben zu können.

Auch für niedergelassene Ärzte

Das Zertifikatsprogramm besteht aus Pflicht- und Aufbaumodulen. Themen wie Medical Education, Kleingruppenunterricht und das Planen von Lehrveranstaltungen sind ein Muss. Prüfungsmethodik, der Einsatz von technischen Hilfsmitteln oder Diplomarbeitenbetreuung werden als Wahlpflichtmodul angeboten. „Die Basis ist für alle Lehrenden an der Medizinischen Universität Wien obligatorisch.“ Und das gilt auch für niedergelassene Allgemeinmediziner, die famulierende Studierende im Rahmen einer Berufsvorbereitung betreuen, und Ärzte, die in Lehrkrankenhäusern tätig sind.

In Innsbruck ist man ebenfalls bestrebt, die Lehrenden zu professionalisieren. Auch hier besteht das Angebot aus Pflicht- und Wahlmodulen. Sieben Veranstaltungen müssen insgesamt absolviert werden, verpflichtend sind die Themen Start in die Lehre, Lehrkonzepte, Prüfungswesen und Gender-Medizin. „Die Didaktikkurse werden vorwiegend von unseren eigenen Mitarbeitern in Anspruch genommen, auch von Habilitationswerbern und nur gelegentlich von niedergelassenen Ärzten“, erläutert Peter Loidl, Vizerektor für Lehre und Studienangelegenheiten an der Medizinischen Universität Innsbruck.

Allgemeine Kurse zu wenig

Eine Professionalisierung der Didaktik in Form einer allgemeinen Erwachsenenbildner-Ausbildung greife seiner Ansicht nach zu kurz: „Ich würde meinen, dass so ein Lehrgang vielen Aspekten der Wissensvermittlung im medizinischen Kontext gerecht wird, aber eben nicht allen. In der medizinischen klinischen Lehre kommt es auch auf Haltungen, Gesprächsführung und individualisierte Vermittlung von Wissen an, insofern sollten sich Medizin-Didaktik-Kurse von allgemeinen Didaktikweiterbildungen unterscheiden.“

Auch für Pfleger und Biologen

Nicht nur Mediziner, sondern auch verwandte Berufe wie Pfleger, Biologen, Psychologen und Wissenschaftler absolvieren den Lehrgang Medizindidaktik an der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität PMU in Salzburg, der seit 2011 angeboten wird. Im Lehrgang werden neue Lehr- und Lernmethoden nicht nur theoretisch vermittelt, sondern auch angewandt: „Die Teilnehmer gehen schon in der ersten Ausbildungswoche in die Klinik und arbeiten im ersten Semester mit Patientenfällen“, erklärt die Lehrgangsleiterin, Sabine Revers. Besonderen Wert legt sie als Erziehungswissenschaftlerin darauf, die individuelle Disposition der Studierenden als Faktor für den Lernerfolg anzusehen: „Die Absolventen verlassen die PMU als eigenständige Lehrpersönlichkeiten, die fachlich und didaktisch bestens ausgebildet sind. Und sie haben ein Konzept in der Tasche, das sie unmittelbar nach ihrer Ausbildung sofort anwenden können.“

Management inklusive

Die umfassendste Ausbildung zum Thema ist der viersemestrige Masterlehrgang Hochschuldidaktik für Gesundheitsberufe an der FH Gesundheitsberufe Oberösterreich. Hier sollen neben wissenschaftlichen und didaktischen Kenntnissen auch Management-, Selbst- und Sozialkompetenzen vermittelt werden. Zielgruppe sind Menschen in Gesundheits- und Krankenpflege, Biomedizinischer Analytik oder Radiologietechnologie, die ihre Tätigkeiten in der Aus-, Fort- und Weiterbildung im Gesundheitswesen professionell ausüben wollen.

Web:www.fh-gesundheitsberufe.at

https://teachingcenter.meduniwien.ac.at https://www.i-med.ac.at/studium

www.pmu.ac.at/medizindidaktik.html

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.09.2017)

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