Viele Fragen des Alters

Wie man auch die letzten Lebensphasen erfüllend gestalten kann, ist eines der Hauptthemen der Gerontologie.
Wie man auch die letzten Lebensphasen erfüllend gestalten kann, ist eines der Hauptthemen der Gerontologie. (c) Pixabay
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Gerontologie. Die Alternsforschung ist ein relativ junges Fach, das interdisziplinär arbeitet – und an Bedeutung gewinnen wird. Von gefühlten Jahren, Biografien und der Seniorität.

Das Durchschnittsalter eines Porsche-Käufers liegt inzwischen bei 61 Jahren, das eines Harley-Davidson-Fahrers bei 59 Jahren.“ So veranschaulicht Bernd Seeberger, Vorstand des Instituts für Gerontologie und demografische Entwicklung an der Gesundheitsuniversität Umit, den steigenden Altersschnitt der Bevölkerung. An der Umit hatte man vor einigen Jahren einen Masterstudiengang zum Thema Gerontologie, also Alternswissenschaften, zu installieren versucht – vergeblich. Es fanden sich nicht genug Interessenten. „Dabei wäre das Wissen um das Altern und die entsprechenden Prozesse so wichtig“, sagt Seeberger. Das gefühlte Alter der 50plus-Generation liege durchschnittlich 15 Jahre niedriger als das kalendarische – darauf gelte es zu reagieren. Doch wie?

Die Universität Wien bietet dazu den Universitätslehrgang Gerontologie und soziale Innovation an. Er will Menschen aus dem Sozialmanagement, Gesundheitswesen, der IT sowie aus technischen Bereichen dazu befähigen, ihre Klienten nach der Pensionierung gesund, aktiv und sozial eingebunden zu halten. Der ULG besteht aus sechs Pflichtmodulen und zwei Wahlmodulen.

Individuelle Vorstellungen

„Zuvorderst muss einem bewusst sein, dass jeder Mensch eine individuelle Vorstellung von einem guten Leben im Alter hat. Diese Vorstellung ist abhängig von persönlichen Biografien“, sagt Martina Pruckner, wissenschaftliche Leiterin des Zertifikatslehrgangs „Elder Mediation“ am Weiterbildungszentrum der FH Kärnten. Er ist auf die Konfliktbearbeitung in Alternsfragen fokussiert und dauert zwei Semester. Zudem wird an der FH in drei berufsbegleitenden Semestern der Lehrgang Akademisches Case Management angeboten. Dieser beschäftigt sich unter anderem mit dem Thema Alter im Hinblick auf die steigende Lebenserwartung, die damit einhergehende Multimorbidität und daraus entstehende mögliche Multiproblemsituationen wie chronische Erkrankungen, Pflegebedarf und Altersarmut“, erläutert Pruckner. Aufgabe der Absolventen sei die Koordination von sozialen und pflegerischen Dienstleistungen, die auf die besonderen Lebenslagen der Betroffenen ausgerichtet ist.

Außerdem ist an der Fachhochschule das Forschungszentrum IARA beheimatet, das die Herausforderungen und Potenziale einer älter werdenden Gesellschaft durch praxisnahe Forschung unterstützen will. „In den Gemeinden, auf dem Arbeitsmarkt und in der Ausbildung spielen Ältere eine zunehmende Rolle. In den Entscheidungspositionen der Gesellschaft spiegelt sich das nicht wider. In der Forschung versuchen wir daher, Bedürfnisse offenzulegen, Potenziale des Alterns zu suchen und den Aufbau sowie die Stabilität von Unterstützungsnetzwerken zu erkennen und zu vermitteln“, sagt Kai Brauer, Leiter des Departments für Intergenerational Solidarity, Activity and Civil Society am IARA. „Wichtig ist, Altern als Matrix von Zeit und Erfahrung wahrzunehmen. Auch, Altern und somit Alte als Teil einer diversen Gesellschaft wahrzunehmen. Diversität ist das, was eine Gesellschaft reich und vielfältig macht, und Alter ist ein Aspekt“, sagt Roberta Maierhofer, wissenschaftliche Leiterin des Masterlehrgangs „Managing Age/ing“ an der Uni for Life, dem Weiterbildungsprogramm der Universität Graz. Die Absolventen der sechssemestrigen Ausbildung erhalten einen Überblick über das Wissenschaftsgebiet Gerontologie, seine Geschichte und Teilgebiete. Und sie lernen unter anderem die demografische Entwicklung sowie individuelle und gesellschaftliche Zusammenhänge des Alterns kennen und können diese beurteilen.

Von Aktivität zu Fragilität

„Während das dritte Lebensalter die Phase der Nacherwerbstätigkeit und der aktiven und selbstständigen Lebensführung umschreibt, meint das vierte Lebensalter den Zeitpunkt der beginnenden Fragilität. Hier treffen wir auf abnehmende physische und psychische Ressourcen, begrenzte Mobilität und geistige Abbauprozesse“, erläutert Elmar Fleisch die unterschiedlichen Lebensphasen ab 60 beziehungsweise ab 80 Jahren. Er leitet den Programmbereich Gesundheit und Soziales am Wissenschafts- und Weiterbildungszentrum des Landes und der FH Vorarlberg. Hier wird das ÖÄK-Diplom Geriatrie und palliative Medizin vor allem für niedergelassene Ärzte sowie Ärzte in internistischen und psychiatrischen Abteilungen von Krankenhäusern angeboten. Für Psychotherapeuten, die Menschen im fortgeschrittenen Alter in ihren seelischen Veränderungsprozessen begleiten, gibt es auch einen Lehrgang für Alterspsychotherapie: „Dazu zählen die Bewältigung von Angst und Einsamkeit, der Umgang mit schweren Erkrankungen und geistigen Abbauprozessen sowie die Auseinandersetzung mit dem Verlust des Partners oder dem eigenen Sterben“, erklärt Fleisch. Eine Seminarreihe widmet sich dem Handlungsfeld Alter und Seniorität.

Web:www.aap.co.at, www.uniforlife.at, www.schlosshofen.at, www.umit.at, www.fh-kaernten.at, www.iara.at, www.postgraduatecenter.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.10.2017)

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