Campusgestaltung: Studentenleben im akademischen Dorf

Gemeinsam leben, gemeinsam lernen – das Collegekonzept wollen auch heimische Hochschulen umsetzen.
Gemeinsam leben, gemeinsam lernen – das Collegekonzept wollen auch heimische Hochschulen umsetzen.(c) JKU
  • Drucken

Neue bauliche und organisatorische Ideen machen das Hochschulleben attraktiver – auch für internationale Studierende.

Was im anglosächsischen Raum jahrhundertealte Tradition ist, inspiriert in Österreich eine neue Form akademischen Zusammenlebens: das Uni-College nach englischem Vorbild. Ein einheimisches Pendant wird nun von der Johannes-Kepler-Universität (JKU) im Rahmen ihres Linz Institute of Technology (LIT) gegründet. Das LIT College richtet sich an Bachelorabsolventen der Mint-Fächer (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) aus der ganzen Welt, die einen Mastergrad anstreben. Vorerst werden 100 Plätze geschaffen (je 50 pro Jahrgang), um die sich Interessenten bewerben müssen.

Das College soll eine Ergänzung des LIT sowie des LIT Open Innovation Center (OIC) werden und unter anderem die Internationalisierung der Universität fördern, sagt Meinhard Lukas, gerade wiedergewählter Rektor der JKU. „Das OIC und das College wirken hier als Motoren. Davon profitiert die Kepler-Universität genauso wie der Bildungs-, Forschungs- und Wirtschaftsstandort insgesamt.“

Der Campus wird durch Holzbauten in neuartiger Modulbauweise geprägt werden. Jedoch solle das College nicht nur optisch mehr bieten als ein konventionelles Studentenheim auf einem Campusgelände, meint Lukas.

„Die Lehrenden der JKU widmen sich den Studierenden als sogenannte Fellows. Ziel sind Gemeinschaft, Lernen und individuelle Lehre. Wir errichten ein echtes akademisches Dorf mit besonderen Gemeinschafts- und Lernräumen.“ Auch seien ein Schwimmteich sowie umfangreiche Sportmöglichkeiten auf dem Campus vorgesehen.

Vorbild in Oxford

In Österreich gibt es laut Rektor Lukas keinerlei Vorbilder für ein College. Man habe sich vielmehr am St. Catherine's College in Oxford orientiert, das bei einem Besuch im Vorjahr die oberösterreichische Delegation begeistert habe. Die Linzer Collegevariante sei weniger elitär angelegt. Weniger elitär sind auch die Mietkosten von rund 400 Euro monatlich, die idealerweise durch Stipendien abgedeckt werden sollen. Gespräche mit der öffentlichen Hand und der Industrie laufen.

Einen Campus, dessen Konzeption über den üblichen Bau neuer Hochschulbauten hinausgeht, soll ab 2019 auch das Management Center Innsbruck (MCI) bekommen, das unter allen Fachhochschulen die meisten Incoming-Studierenden pro Jahr verzeichnet. Der neue sternförmige Baukörper soll im Herzen der Innsbrucker Altstadt errichtet werden, angrenzend an die historische Hofburg und den Hofgarten. Allein dadurch schon ergeben sich Begrenzungen. Dennoch sollen vier Plätze an den Ecken des Hochschulkomplexes entstehen, die den Campus mit den Stadträumen verschränken. Um diese großzügigen Freiräume möglich zu machen, sollen die Hochschulgebäude in die Höhe wachsen. Für eine internationale Atmosphäre sollen zudem Harvard Style Lecture Rooms mit einer Amphitheatern nachempfundenen Form sorgen, außerdem hochwertig gestaltete Arbeits- und Begegnungsräume, ein Sportplatz sowie begehbare Dachterrassen und ein von oben belichtetes Atrium mit innen liegenden Terrassenflächen.

MCI-Rektor Andreas Altmann möchte sich den neuen Hochschulcampus als „pulsierenden Kosmos und internationalen Treffpunkt“ vorstellen. „Ein moderner Campus verfolgt heute ein diametral anderes Konzept als früher. Ging man früher an die Uni, wenn man unbedingt musste, so verbringt man heute auf einem modernen Campus den ganzen Tag und gern auch die Abende und Wochenenden.“ Zum einen hätten sich Anzahl und Dichte der Lehrveranstaltungen deutlich erhöht. Zum anderen solle der Campus auch ein Ort sein, „um Ideen zu entwickeln, über Konzepte nachzudenken, an Technologien zu basteln, Unternehmen zu gründen, Arbeitgebern und Projektpartnern zu begegnen, mit Investoren zu verhandeln, sich mit Freunden zu treffen, Medien zu nutzen, Sport zu betreiben und vieles andere mehr“, sagt Altmann.

Gemeinsames erstes Jahr

Ebenfalls mitten in der Stadt befindet sich die Montanuniversität Leoben, die mit Studierenden aus über 80 Nationen zu Österreichs internationalsten Universitäten gerechnet werden kann. Auch hier sind die Studentenheime außerhalb des Uni-Geländes, jedoch gut erreichbar, in ausreichender Anzahl und zu günstigen Preisen verfügbar. Die Universität habe durch die räumliche Konzentration der Institute, die durchwegs innerhalb weniger Gehminuten erreichbar seien, eine campusartige Struktur, sagt Rektor Wilfried Eichlseder. Von einem College könne man zwar nicht sprechen. Collegeartigen Charakter habe an der Montanuniversität allerdings das gemeinsame erste Studienjahr. „Das heißt, dass alle Studienanfänger dieselben Lehrveranstaltungen absolvieren und sich damit regelmäßig treffen.“

Beides zusammen, das erste gemeinsame Jahr und der geschlossene Campus, erleichtere den Einstieg in das Studentenleben, da einfach Kontakte geknüpft werden könnten. Gefördert wird das Miteinander der Studierenden in Leoben auch durch die Innenarchitektur. Im vor einigen Jahren gebauten neuen Trakt der Montan-Uni wurden Hunderte Lernplätze und -inseln mit entsprechender Infrastruktur (Computern, Steckdosen, WLAN-Zonen, Kopierern und Getränkeautomaten) geschaffen, die das gemeinsame Lernen fördern.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.04.2018)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.