Warum der Mindestlohn die Schattenwirtschaft befeuert

Der Mindestlohn kostet laut Studie deutsche Unternehmen sieben Milliarden Euro.

Die Putzfrau, die bar entlohnt wird, oder die Friseurin, die nach Hause kommt: Die Schattenwirtschaft macht in Deutschland mehr als ein Zehntel der Wirtschaftsleistung aus. Erstmals seit Jahren dürfte ihr Anteil nicht mehr sinken.

Was hat das mit dem Mindestlohn zu tun?
Der flächendeckende Mindestlohn in Deutschland treibt einer Studie zufolge die Schwarzarbeit in die Höhe. Trotz eines robusten Arbeitsmarkts dürfte die Schattenwirtschaft daher erstmals seit Jahren nicht weiter zurückgehen. Das zeigt eine Prognose des Tübinger Instituts für Angewandte Wirtschaftsforschung (IAW) und der Universität Linz. Fragen und Antworten zum Thema:

Was ist Schwarzarbeit genau?
Bei Schwarzarbeit umgehen Arbeitgeber und Beschäftigte Steuern oder Sozialabgaben. Experten sehen sie als Teilbereich der sogenannten Schattenwirtschaft, zu der auch illegale Beschäftigung und kriminelle Aktivitäten zählen.

Welche Faktoren beeinflussen sie?
Geringere Arbeitslosigkeit führt in der Regel dazu, dass weniger schwarz gearbeitet wird, weil die Menschen dann leichter eine besser bezahlte reguläre Arbeitsstelle finden. Daher sind die Konjunktur und die Lage auf dem Arbeitsmarkt wichtige Faktoren.

Eine Rolle spielen laut IAW-Direktor Bernhard Boockmann auch politische Rahmenbedingungen wie hohe Sozialabgaben und Steuerbelastungen. 2015 dürfte sich ihm zufolge deshalb vor allem der seit Jänner geltende Mindestlohn bemerkbar machen. Hinzu kämen auch das Rechtsbewusstsein der Menschen und die Frage, wie hoch das Risiko sei, aufzufliegen.

Warum spielt der neue Mindestlohn so eine wichtige Rolle?
Der Mindestlohn führt bei vielen Arbeitgebern zu steigenden Kosten. Laut der gemeinsamen Studie von IAW und Universität Linz sind in den klassischen Schwarzarbeitsbranchen Lohnsteigerungen von insgesamt 7 Mrd. Euro nötig, um die Mindestlohn-Regelungen einzuhalten. Gerade Branchen mit ohnehin viel Schwarzarbeit sind demnach davon betroffen. Gewerkschaften haben bereits vor Schummeleien gewarnt.

In welchen Wirtschaftszweigen ist Schwarzarbeit besonders verbreitet?
Experte Boockmann nennt Gaststätten, Hotels sowie die Landwirtschaft und Dienstleistungen im Haushalt. Auch in der Bauwirtschaft werde häufig am Fiskus vorbei verdient. Dort gibt es den Mindestlohn zwar schon länger - der Gewerkschaft IG Bau zufolge gibt es aber nach wie vor auch viel kriminelle Energie.

Ist auch Unkenntnis ein Grund für Schwarzarbeit?
"Haushalte, die Schwarzarbeiter beschäftigen, wissen in der Regel, was sie tun", sagt Boockmann. Ausnahmen gebe es möglicherweise, wenn kein Geld fließe. "Aber auch ein nachhaltig ausgeübter Tausch von Leistungen - etwa wenn der eine dem Sohn regelmäßig Nachhilfe gibt und der andere ihm dafür auf dem Bau hilft - kann Schwarzarbeit sein."

Wie kann man gegensteuern?
Neben gesetzlichen Änderungen sowie Strafen sind Kontrollen ein Mittel. Für die Überwachung von Schwarzarbeit und illegaler Beschäftigung ist der Zoll zuständig. Um die Einhaltung des Mindestlohns zu prüfen, soll das Personal um 1.600 Stellen aufgestockt werden. Fachleute sind aber skeptisch, ob das reicht. "Unsere Analysen zu den schon bisher existierenden branchenspezifischen Mindestlöhnen zeigen, dass der Zoll Schwierigkeiten haben wird, die Einhaltung des Mindestlohns wirklich flächendeckend zu prüfen", sagt Boockmann. "Wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer den Mindestlohn umgehen wollen, finden sie auch einen Weg."

Wie geht es in den kommenden Jahren weiter?
Hochrechnungen dazu gibt es noch nicht. IAW-Direktor Boockmann sieht aber keine Hinweise auf eine Trendwende. "Wir sehen wenige Impulse, die auf einen Rückgang der Schattenwirtschaft hindeuten", sagt er. Beim Mindestlohn gelten bis 2017 Übergangsfristen - so dass sich die dadurch befeuerte Schwarzarbeit sogar noch verstärken könnte.

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