Fäkal-Transplantation stoppt Darmentzündungen

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"Das ultimative Probiotikum" als alternative zu Antibiotika ist Kot. Was hinten rauskommt, kann armen Durchfallopfern die Darmflora retten. Appetitlich ist das Prozedere aber nicht.

Die Prozedur ist eine Notlösung, äußerst unkonventionell und obendrein sehr unappetitlich: Bei vielen Menschen verursacht das Bakterium Clostridium difficile nicht nur heftige Durchfälle, sondern wiederkehrende Darmentzündungen. Da Antibiotika immer häufiger gegen den Erreger versagen, greifen Ärzte in ihrer Not zu einem letzten Ausweg: Sie verpflanzen Stuhl von gesunden Menschen in den Darm der Patienten. Die Exkremente sollen gute Bakterien in den Verdauungstrakt einschleusen, die die üblen Keime dann verdrängen.

Das Verfahren ist nicht aufwendiger als eine Darmspiegelung. Dutzende Fallbeispiele - dokumentiert in Fachjournalen oder vorgestellt auf medizinischen Fachkongressen - belegen, dass die sogenannte Fäkaltransplantation vielen Patienten hilft.

Bakterien werden umgesiedelt

"Das ist das ultimative Probiotikum", so Lawrence Brandt von der Montefiore-Klinik in New York. Schon 17 Mal hat der Arzt auf diese Art ganze Bakterienkolonien umgesiedelt. Alexander Khoruts von der Universität von Minnesota vergleicht das mit einer Organverpflanzung, nur dass der Empfänger keine Medikamente braucht, die die Immunabwehr unterdrücken.

Kleine Spende vom Gatten

Bei einer Patientin, die nach achtmonatigem Befall mit C. difficile völlig abgemagert war, untersuchte Khoruts mehrmals die Darmflora. Nachdem die Frau Fäkalien ihres Ehemannes erhalten hatte, verschwand nicht nur ihr chronischer Durchfall, sondern gleichzeitig besiedelten die bakteriellen Neuankömmlinge zügig den genesenden Darm.

Trotz aller ermutigenden Fallbeispiele: Eine wissenschaftliche Untersuchung, die die Wirkung des Verfahrens eindeutig beweist, etwa indem sie die Transplantation mit einer Antibiotika-Kur vergleicht, gibt es bisher nicht. Schon oft haben anfangs vielversprechende Verfahren bei näherem Hinsehen enttäuscht.

15.000 Todesfälle pro Jahr

"Es gibt sehr gute Gründe zu der Annahme, dass diese Fäkaltransplantation - oder Bakterientherapie - helfen kann", sagt Lawrence Schiller aus Dallas. Der Gastroenterologe verfolgt den Trend mit Interesse, hat aber selbst noch keinen solchen Eingriff vorgenommen. "Bevor alle damit anfangen, muss man den Effekt klar nachweisen."

Der Problemkeim C. difficile ist sowohl in Krankenhäusern als auch außerhalb davon auf dem Vormarsch. In den USA verursacht er pro Jahr etwa 15.000 Todesfälle. Manche Infizierte entwickeln nur leichte Durchfälle. Aber andere Patienten, insbesondere durch andere Erkrankungen geschwächte Senioren, erleiden heftige Entzündungen des Darms.

Antibiotika greifen Darmflora an

Und auch nach einer Besserung kehrt die Infektion bei fast jedem dritten Patienten wieder zurück, bei vielen davon regelmäßig. Diese Menschen schlucken dann über Wochen und teilweise über Monate Antibiotika. Deren Nachteil: Sie setzen auch den nützlichen Darmbewohnern zu. Wenn Hunderte Bakterienarten wegsterben, fällt es dem Erreger in dem Vakuum leichter, wieder Fuß zu fassen. "Die Patienten stecken in einem Teufelskreis aus Behandlung und Wiederbehandlung", sagt Khoruts, der seit 2008 schon 21 Mal Stuhl-Transplantationen vorgenommen hat.

Neu ist das Verfahren nicht: Die erste Fäkaltransplantation nahmen Mediziner schon 1958 vor. Seitdem sind 170 Fälle in Fachzeitschriften dokumentiert. Dass allein ein Drittel davon aus dem Jahr 2010 stammt zeigt, dass Ärzte angesichts der zunehmenden Probleme durch C. difficile immer häufiger zu dieser Möglichkeit greifen.

(APA/dapd)

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