Mipim Awards: Die neuen "Oscars" der Immobilienbranche

Bei der Immobilienmesse in Cannes werden heuer Projekte zum Thema der wachsenden Urbanität ausgezeichnet.

Insgesamt 227 Bewerbungen aus 55 Ländern hat die Jury unter Vorsitz von Méka Brunel, CEO der französischen Immobileninvestmentgesellschaft Gecina, in den vergangenen Wochen gesichtet und daraus jeweils vier Finalisten in den elf Kategorien gewählt. „Heuer haben wir eine große Anzahl an Projekten, in denen sich das Mipim-Thema ,Mapping World Urbanity‘ findet“, sagt die Immobilienexpertin.

„Die Projekte sind, über ihre architektonischen Qualitäten hinaus, ein weiterer Schritt hin zur Verbindung zwischen den Menschen in den Städten“, meint Brunel. „Innovationen und ökologische Qualitäten treffen auf bildschönes Design und umsichtiges Denken. Es ist eine Freude, so viele internationale Bewerber zu sehen, die ihr Können für die gleichen hohen Ansprüche einsetzen.“


• French Spiderman referiert: Für Spannung bei der Eröffnung ist jedenfalls gesorgt. Kein geringerer als Spiderman – oder zumindest sein französischer Namensvetter Alain Robert, der als Fassadenkletterer und French Spiderman zu Berühmtheit gelangt ist – konnte heuer für die Zeremonie gewonnen werden. Er wird über seine einzigartige Beziehung zu Gebäuden und Städten sprechen und damit den passenden Auftakt zur Prämierung der elf besten Projekte unter den 44 nominierten Finalisten liefern. Denn darunter befinden sich auch heuer wieder spektakuläre Projekte, die um die Stimmen der Fach- und der Publikumsjury rittern.

Durch alle Projekte zieht sich das Motto „Mapping World Urbanity“. Damit wird der weltweite Trend zur Urbanität (siehe auch Seite F2) und die Tatsache, dass nach Angaben der Vereinten Nationen 2050 rund 60 Prozent der Weltbevölkerung in Städten leben werden, thematisiert. Die großen Herausforderungen, denen sich nicht nur die Teilnehmer der Mipim, sondern auch die Architekten, Planer und Entwickler der nominierten Projekte stellen müssen, bestehen darin, Wege für den Umgang mit dem Anwachsen der städtischen Bevölkerung zu finden. Es gilt schließlich, allen Wohnraum, Büroräume und Raum für die Freizeitgestaltung zur Verfügung zu stellen und die Erwartungen hinsichtlich Dienstleistungen, Mobilität, Infrastruktur und Nachhaltigkeit zu erfüllen.


• Urbane Oase:
Wie die Antworten darauf aussehen können, zeigen aus europäischer Sicht sowohl heimsche wie auch exotische Projekte, beispielsweise das in der Kategorie Green Buildings nominierte Projekt „Marina One“ in Singapur. Hier haben die Ingenhoven Architects einen innovativen Beitrag zum Thema Leben und Arbeiten in tropischen Mega-Citys mit ihren wachsenden Bevölkerungen und den Problemen des Klimawandels geleistet. In vier Türmen finden sich hier 400.000 Quadratmeter, die als Wohn- und Gewerbeflächen genutzt werden, geschart um das grüne Herz der Anlage – eine dreidimensionale Oase, die öffentlich zugänglich ist und sich über mehrere Stockwerke erstreckt.


• Wohnen im Getreidespeicher:
Oder das dänische Projekt „The Silo“, das in der Kategorie Revitalisierte Gebäude unter den Finalisten ist. Einst ein Getreidespeicher, wurde das Kopenhagener Gebäude von den Architekten von Cobe in ein 17-stöckiges Wohn- und Geschäftshaus verwandelt. Hier finden sich 38 einzigartige Wohnungen mit bis zu sieben Meter hohen Decken und original erhaltenen Teilen der einstigen Betonstruktur genauso wie öffentliche Bereiche im Erdgeschoß und ein Restaurant auf dem Dach.


• Vorbild Berliner Hinterhof:
In der Kategorie Stadterneuerungsprojekte gehört ein Berliner Projekt zu den Award-Anwärtern, mit dem einem der letzten nicht entwickelten Flecken des Prenzlauer Bergs zwischen der Kastanienallee und der Schönhauser Allee urbanes Leben eingehaucht wurde. Auf einem ehemaligen Parkplatz folgten die Architekten von Hamburg-Team dem Grundprinzip vom Weiterbau der Höfe – und haben den Puhlmannhof, der in den 1940er-Jahren als Varieté genutzt wurde, jetzt mit einer Mischung aus Gewerbe, Dienstleistung, Gastronomie und Wohnen zu neuem urbanen Leben erweckt. In zwei Wohnhäusern entstehen hier Eigentumswohnungen und Ladeneinheiten, die auf der einen Seite zum geschäftigen Treiben der Hauptstadt hin geöffnet sind, auf der Rückseite aber durch die begrünten, abgeschiedenen Innenhöfe auch Ruhe und Privatsphäre bieten.


• Acht Waldhäuser:
Unter den nominierten Projekten in der Kategorie Wohnimmobilien findet sich auch ein japanisches Projekt, das bereits den asiatischen Mipim-Award in Gold gewonnen hat: „The Honor“ heißt die Anlage auf dem Gelände des Tadasu-no-Mori in Kyoto, einem heiligen Wald am Ufer des Kamo-Flusses. 99 Wohneinheiten in acht Gebäuden haben die Architekten der Takenake Corporation hier mit Bedacht auf die Erhaltung des Waldes und der traditionellen baulichen und gartenarchitektonischen Elemente errichtet.


• Architektonische Lichtblicke:
Und auch auf die Frage, wie die Gesundheitsversorgung der Zukunft im besten Fall aussehen kann, finden sich auf der Shortlist Antworten. Eine besonders schöne gibt eine Zusammenarbeit verschiedener Architektenbüros im belgischen Knokke-Heist mit einem Krankenhaus, das von der Kunst René Magrittes inspiriert ist. Der Bau „Az Zeno“ scheint über dem Boden zu schweben, schafft mit großen Fenstern und viel Licht einen fließenden Übergang von innen nach außen. Und sorgt mit schönen Details vom Schwung der Treppen bis zur Einrichtung der Zimmer für zumindest architektonische Lichtblicke in schwierigen Lebenssituationen. (sma)

AUF EINEN BLICK

44 Projekte aus 19 Ländern – jeweils vier Finalisten der elf Kategorien wie Gesundheit, Hotels & Ferien (siehe auch „Die Presse“ – Immobilien 4/5 am 10. März), Industrie- und Logistik, Innovative Green Buildings, Büro- und Geschäftsimmobilien, Revitalisierte Gebäude, Wohnimmobilien, Shoppingcenter und Stadterneuerungsprojekte und Zukunftsprojekte – stehen auch heuer wieder zur Wahl der Mipim-Awards, die so etwas wie die Oscars der Immobilienbranche sind. Verliehen werden die Preise am Abend des 15. März. Insgesamt wurden 227 Bewerbungen aus 55 Ländern von der Jury in den vergangenen Wochen gesichtet und vorausgewählt.

www.mipimawards.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.03.2018)

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