Hausboote: Mobile Designerheime mit Wellengang

Urlaubs- oder Dauerdomizil: das Ei-Home von Nautilus.
Urlaubs- oder Dauerdomizil: das Ei-Home von Nautilus. Nautilus
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Von der zweckmäßigen Hippie-Unterkunft und als Urlaubsquartier für Selbstversorger, erobern die schwimmenden Häuser auch die designbewusste Luxusklientel.

Einst waren sie die zwar coolen, aber doch eher zweckmäßigen als schönen Unterkünfte der Hippies, Künstler und Halbaussteiger; dann wurden sie als schwimmende Urlaubsquartiere für Selbstversorger und Jungfamilien populär. Inzwischen erobern sie auch die designbewusste Luxusklientel – zwar noch langsam, aber beharrlich. Davon zeugen Druckwerke wie das soeben in der Deutschen Verlags-Anstalt erschienene Buch "Hausboote und schwimmende Häuser" von Sandra Leitte – und preisgekrönte Projekte wie das heuer für die Mipim im Segment Hotellerie nominierte schwimmende Viersternehotel Off Paris auf der Seine. Aber auch die Auftragslage beispielsweise der deutschen Firma Nautilus, die sich auf die Herstellung hochwertiger Designerhausboote spezialisiert hat, spricht dafür.

"Wir bauen derzeit eine neue Werft, weil die Nachfrage enorm gestiegen ist", berichtet Nautilus-Pressesprecher Matt Müncheberg. Seit der Unternehmensgründung 2010 hat das Unternehmen des Architekten und Bootsspezialisten Andreas Hoffman rund 40 Designerhausboote gebaut und verkauft, "inzwischen wäre es möglich, 100 zu bauen, wenn wir die Kapazitäten dafür hätten".

Die Klientel, die sich für die Boote interessiert, sei breit gefächert, angefangen von Familien, die in den Mietexemplaren ihren Urlaub auf dem Wasser verbringen wollen. Aber auch Menschen, die ein Wassergrundstück besitzen, interessieren sich zunehmend für die schwimmenden Räumlichkeiten, die dann wahlweise als Feriendomizile, Gästehäuser oder aber als schwimmende Büros gekauft werden. "Manche Kunden verwirklichen sich damit ihrem Traum vom Arbeiten auf dem Wasser", berichtet Müncheberg.

Logenplätze in den Städten

Und das offensichtlich nicht nur in Deutschland und den deutschsprachigen Ländern – dort und in Skandinavien vertreibt die Firma Nautilus ihre Boote –, sondern auf der ganzen Welt, wie das neue Hausboote-Buch zeigt. Leitte hat darin schwimmende Designerträume zusammengetragen. Etwa die Maria, ein holländisches Flachboot aus dem Jahr 1929, das Architekt Roderick James in 18 Monaten zu einem schwimmenden Wohntraum in Weiß machte. Und sich damit ein stylisches Zuhause in einem der teuersten Immobilienmärkte der Welt erschuf: Derzeit liegt die Maria im Londoner Bezirk Wandsworth auf der Themse.


Einen ähnlichen Logenplatz in einer angesagten Großstadt hat sich der deutsche Architekt und Zimmermann Daniel Wickersheim erfüllt. Er nahm 2009 an einer Ausschreibung des Bezirks Hamburg-Mitte teil, bei der fünf Liegeplätze am Hamburger Nordekai ausgelobt wurden, und gewann mit seinem futuristischen Entwurf einer ovalen Röhre. Sechs Jahre und endlose Anträge und Genehmigungen später konnte er 2014 sein Domizil endlich beziehen und lebt jetzt auf 103 Quadratmetern auf dem Wasser. Geschlafen wird am Bug und Heck, gewohnt mittschiffs und gelagert unter Wasser, denn seine Konstruktion macht es möglich, dass die Schwimmkörper gleichzeitig als Keller- und Technikraum genutzt werden können.

Schwimmende Urlaubsorte

Ein Schweizer Ehepaar hat sich dagegen mit seinem Designer-Hausboot den Traum von der Ferienimmobilie in Kalifornien verwirklicht: Ihr schwimmendes Urlaubsdomizil liegt in der Richardson Bay vor Sausalito inmitten von knapp 400 anderen schwimmenden Behausungen. Und ist eine schweizerisch-amerikanische architektonische Ko-Produktion der Stücheli Architekten und Hunter Architecture mit großflächigen Verglasungen, viel Holz und offenen Treppen, die die Splitlevel-Konstruktion im Inneren verbinden.

Aber auch wer nicht gleich – oder gar nicht – kaufen möchte, hat inzwischen jede Menge Gelegenheit, temporär auf dem Wasser Quartier zu beziehen. Etwa auf dem im Hausboote-Buch vorgestellten X-Float (siehe Bildergalerie oben) auf dem Kwai-Noi-Fluss im thailändischen Kanchaburi. Hier – inmitten von Reisfeldern und Zuckerrohrplantagen – haben etliche Hotels am Ufer schwimmende Zimmer im Angebot, darunter auch das X2 River Kwai Resort. Die schwimmenden Einheiten hier wurden vom thailändischen Architekturbüro Agaligo Studio entworfen und bestehen aus zum Ufer hin fast komplett geschlossenen Baukörpern, die zum Fluss hin durch Über-Eck-Verglasungen endlose Ausblicke in die exotische Landschaft bieten.

Für manche ist das temporäre Leben auf dem Wasser nicht nur Urlaub, sondern auch eine Art Probewohnen, wie Müncheberg berichtet: „Viele Kaufinteressenten chartern zunächst eines unserer Boote für einen Urlaub, ehe sie sich entscheiden.“ Denn bevor sechsstellige Summen – das kleinste Designerboot der Kollektion beginnt bei 103.000 Euro in der Basisversion – investiert werden, wollen die angehenden Hobby-Kapitäne verständlicherweise wissen, was das Leben auf dem Wasser kann und welche Abstriche damit verbunden sind.

Auch auf der Wiese

Die sind aber bei den High-End-Hausbooten inzwischen weder bei der Optik noch beim Komfort vonnöten, die technischen Möglichkeiten sorgen heute dafür, dass die Küchen und Bäder auf den schwimmenden Heimstätten jenen in Häusern auf dem Festland nicht mehr um viel nachstehen – was sie teilweise sogar für Bauherren ohne Wasserzugang interessant macht, wie Müncheberg erklärt: "Grundsätzlich können die Kunden unsere Boote auch auf die Wiese stellen."

Mit und ohne "Fahrpaket"

Diejenigen, die das tun, sind freilich die Ausnahme. Aber auch nicht alle Käufer wollen unbedingt mit ihren Hausbooten auf Reisen gehen, weshalb die Boote mit und ohne "Fahrpaket" verkauft werden. Diejenigen, die sich für die mobile Variante entscheiden, müssen bei den Fertigmodellen einen Aufpreis für die Steuerungs- und Antriebseinheit zahlen. Und sollten vor allem auch sicherstellen, dass die schwimmenden Heime so konstruiert sind, dass sie den Sportbootverordnungen der Länder, in denen sie genutzt werden sollen, entsprechen, um an den Häfen und Marinas anlegen zu können. Bei der Motorisierung müssen sie zudem darauf achten, dass nur bis 15 PS führerscheinfrei gefahren werden darf, wie Müncheberg erklärt.

Was nicht heißt, dass schwimmende Designobjekte nicht auch schneller bewegt werden können. Denn abgesehen davon, dass man sie auch deutlich stärker motorisieren kann, sorgen die speziellen Ausstattungen in den Küchen und Kästen dafür, dass nichts verrutscht, wenn der nächste Hafen angesteuert wird. (sma)

> > Mehr Infos unter:

www.agaligo.com

www.hunterarchitecture.com

www.nautilus-hausboote.de

www.roderickjamesarchitects.com

www.stuecheli.ch

www.wohn-boote.de

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