Öko-Gemeinschaften: Ein Dorf aus Gleichgesinnten

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Wohnprojekte in Tirol, Oberösterreich und der Steiermark vereinen Familien und Idealisten. Und verbinden autarke, nachhaltige Lebensweise mit verantwortungsbewusstem Miteinander.

„Viele Menschen stoßen zunehmend an ihre Grenzen, wenn sie Beruf und Privatleben organisieren müssen“, sagt Barbara Strauch, Mitinitiatorin des Wohnprojekts Naturhof Pramtal. „Deshalb sind Initiativen, wo mehrere Erwachsene mit Kindern zusammenkommen, ein gutes Modell des gemeinschaftlichen Wohnens“. Im Juni haben Strauch und und weitere sechs Erwachsene die ersten Schritte dazu gesetzt: Sie haben einen Hof samt fünf Hektar Grund in Zell an der Pram gekauft und einen Verein gegründet. „Wir wollen autark leben, unsere eigenen Lebensmittel anbauen und gemeinschaftlich Geld verdienen“, beschreibt Strauch die Motivation. Zwei der bisherigen Bewohner sind über 50 Jahre alt, alle anderen unter 30.

Gelebte Autarkie

Strauch ist Gründungsmitglied von Austrotopia, dem österreichischen Netzwerk zur Förderung gemeinschaftlicher Lebensformen, und ist überzeugt, im Pramtal ideale Voraussetzungen dafür zu finden: „Nach unserem Konzept muss eine Kerngruppe beginnen und eine gemeinsame Basis finden. Erst danach werden wir erweitern.“ Strauch ist optimistisch, dass die gewünschte Größe von 30 Mitbewohnern letztendlich auch erreicht wird.

Der Verein „Lebensinsel“ in Tirol ist noch auf der Suche nach einem Anwesen. „Wir wollen fördern, dass die Menschen wieder mehr Verantwortung für ihr Leben übernehmen und unabhängig werden“, beschreibt Mitgründer Eckhard Emde eines der Ziele des Vereins. Autarkie sei allerdings nur sinnvoll in der Gemeinschaft.

Emde ortet großes Interesse an der Idee, ein autarkes Ökodorf zu gründen. Doch mit einem Problem hat er zu kämpfen: In Tirol scheint kein Platz dafür zu sein. „Wir hätten zwar Angebote aus dem Ausland, doch wir wollen das Projekt in Schwaz und Umgebung umsetzen.“ Flächen seien rar, meint Emde, „außerdem muss man Nutzungsvereinbarungen unterschreiben“. Jetzt sucht der Verein zur Pacht einen Bauernhof oder eine aufgelassene Pension mit dazugehörigem Grundstück, auf dem das geplante Ökodorf realisiert werden soll.

Einen Schritt weiter ist bereits der Verein „Keimblatt Ökodorf“ in der Steiermark. Demnächst entscheidet sich, wo das Modellprojekt seinen endgültigen Platz bekommt. „Wir werden dafür die Siedlungsgenossenschaft ,Nachhaltig leben‘ gründen“, erklärt Ronald Wytek, Gründungsmitglied des Vereins und Gesamtkoordinator. Das „Dorf“ soll in Strohballenbauweise errichtet werden. „Wir sind deshalb seit Langem mit Gemeinden und Landesregierungen in Verhandlungen.“ Schließlich müssten die Gemeinden der Umwidmung von landwirtschaftlichen Flächen auf Bauland zustimmen, so Wytek. Die künftigen Bewohner des Ökodorfes wollen sich auf alle Fälle nicht verstecken oder isolieren, die Siedlung soll an bestehende Wohngebiete anschließen. „Wir wollen der Öffentlichkeit das Gefühl geben, dass wir etwas Interessantes für sie zu bieten haben“, erklärt Wytek. Dazu gehört auch eine Verbesserung des Arbeitsplätzeangebots, das durch den Wirtschaftspark in der Siedlung entstehen soll. Menschen, die ihr eigenes Unternehmen aufbauen wollen, sollen sich hier ansiedeln. Oder jene, die von zuhause aus arbeiten. „Unsere dritte Zielgruppe sind Pensionisten, denn unser österreichweit einzigartiges Projekt steht auch für Mehrgenerationenwohnen“, so Wytek.

Weiterhin im Dornröschenschlaf befindet sich hingegen das Gemeinschaftswohnprojekt „Wohnen mit Sinn“, das ursprünglich im Umland von Wien angesiedelt werden sollte. „Wir hatten 30 Interessenten, wir hatten Arbeitsgruppen und fünf Grundstücke zur Auswahl“, sagt Thomas Chiari, einer der Gründer des „Vereins für ökosoziales Leben“. „Als es darum ging, Geld auf den Tisch zu legen und zu teilen, ist ein Großteil der Leute abgesprungen“, berichtet Chiari, „bei Kosten von drei Millionen Euro folgte einfach die Ernüchterung.“ Doch aufgeben wollen er und die verbliebenen fünf Interessenten ihre Idee nicht: „Miteinander wohnen ist einfach besser als nebeneinander.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.10.2010)


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