Infrastruktur, städtische Lage und Ökologie werden auch in 20 Jahren über den Wert einer Vorsorgewohnung entscheiden. Die Wohnung sollte funktionell sein.
Die Zeiten ändern sich, und die Ansprüche steigen – das ist auch auf dem Immobilienmarkt vor allem seit der Finanzkrise zu beobachten. Dabei handelt es sich um eine nachhaltige Entwicklung. Speziell im Segment der Anlagewohnungen sollte man diese Veränderungen beachten, damit die Investition auch in den nächsten Jahrzehnten Bestand hat und Renditen bringt. Thomas Malloth, Fachverbandsobmann der Immobilien- und Vermögenstreuhänder, meint: „Für mich lautet das wichtigste Schlagwort: Nutzerorientierung. Der Erfolg einer Immobilie wird davon abhängig sein, ob die Räume bedarfsgerecht ausgerichtet sind.“ Die Wohnung sollte funktionell sein – und das gilt für heute genauso wie für die Zukunft.
Blick über den Tellerrand
Um den Begriff Nutzerorientierung zu definieren, ist es wichtig, einen Blick über den Tellerrand zu werfen und auf die Entwicklungen der kommenden Jahre zu blicken. „Infrastruktur, Urbanisierung und Ökologie“, nennt Peter Weinberger, Geschäftsführer der Raiffeisen Immobilien Vermittlung, die Stichworte zu den Trends, die derzeit den Wohnungsmarkt prägen.
Was sich immer mehr als das wesentlichste Kriterium herauskristallisiert, ist die Erreichbarkeit, erklärt Weinberger: „Vor allem mit öffentlichen Verkehrsmitteln sollte eine Wohnung gut angebunden sein.“ In Wien steht an erster Stelle die U-Bahn, danach folgen Straßenbahn und Bus, für andere österreichische Städte sind es die ihnen entsprechenden öffentlichen Transportmittel.
Der Individualverkehr ist zwar ebenfalls wichtig, doch wird diesem von den Mietern ein geringerer Stellenwert eingeräumt. Walter Wittmann, Vorstand von Premium Immobilien, bestätigt diese Entwicklung: „Die Frage nach einem Parkplatz fürs Auto im Haus stellt sich für den Großteil der Mieter, die in unsere Projekte einziehen, gar nicht mehr.“ Mit 150 revitalisierten Zinshäusern weiß er, wovon er spricht, und sieht über die Jahre hin eine Veränderung der Mieterwünsche. Zentrale Lage bedeutet nicht eine Adresse im ersten Bezirk, sondern eine Positionierung entlang der öffentlichen Verkehrsachsen. Auch der Stadtrand ist daher gefragt, wenn er direkt angebunden ist.
Es zieht viele in die Stadt
In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass es europaweit eine Tendenz zur Landflucht gibt, von der nicht nur die ganz großen Städte, sondern auch die kleineren Landeshauptstädte und die Bezirksstädte profitieren. „Es ist ein Zuzug in die Städte zu bemerken“, so Wolf Dietrich Schneeweiss, Immobilienkanzlei Schneeweiss, „da die Arbeitsplätze in den Zentren liegen.“
Für die meisten Stadtbewohner ist es nicht mehr selbstverständlich, ein Auto zu besitzen. Vorbei sind die Zeiten, als man ohne nachzudenken mit dem PKW zum nächsten Supermarkt gefahren ist, um einzukaufen. Was in der Folge für die Mieter auf der Wunschliste ganz oben steht, ist, dass die Infrastruktur für den täglichen Bedarf zu Fuß erreichbar ist: allen voran die Lebensmittelmärkte, aber auch Banken oder Schulen.
Sanierung nötig?
Ganz genau sollte auf den Zustand des Hauses geachtet werden. Als Besitzer einer Vorsorgewohnung ist man auch Miteigentümer des gesamten Hauses und daher an zukünftigen Sanierungen und Renovierungen prozentuell beteiligt. Sollten diese in absehbarer Zeit in einem größeren Ausmaß notwendig sein, dann kann das die Rendite schmälern.
Nicht nur für den zukünftigen Zustand des Hauses und für den Werterhalt der Investitionen lohnt es sich, die Hausverwaltung zu betrachten: „Die Mieter sind anspruchsvoller geworden. Sie erwarten ein serviciertes, gepflegtes Haus und gewartete Anlagen“, so Thomas Lang, Vorstand der Örag. Je wohler sich der Mieter fühlt, desto länger wird er im Objekt bleiben, sofern es seine Lebensumstände zulassen.
Eine Wohnung mit flexibler Zimmereinteilung und individuell veränderbaren Wänden und Grundrissen ist baulich nur schwer umsetzbar. Doch es hat sich herausgestellt, dass Altbauwohnungen eine flexiblere Struktur als Neubauten aufweisen. Zumal man in einem Altbau auch die Raumhöhe beispielsweise für Hochbetten nutzen kann. Was die Wohnungsgröße betrifft, so fokussiert sich das breite Mieterpublikum in der Regel auf den Bereich von Zwei- bis Dreizimmerwohnungen mit 50 bis 80Quadratmetern.
Ebenso steht das Thema Ökologie im Fokus. „Die Verteuerung von Energie ist nicht aufzuhalten. Immobilien mit niedrigem Energieverbrauch werden daher immer stärker nachgefragt“, so Weinberger. Wenn jetzt schon die Betriebskosten hoch sind, so werden sie in den nächsten Jahren also sicherlich noch weiter in die Höhe klettern und können den Gewinn enorm schmälern.
Was eine Vorsorgeimmobilie mitbringen soll:
- Direkte öffentliche Verkehrsanbindung
- Zentrumslage oder gut angebundene
- Stadtrandlage
- Infrastruktur (wie Supermarkt, Bank, Schule)
- Umsichtige Hausverwaltung
- Altbau, da flexiblere Aufteilung möglich
- Hervorragender Zustand des Hauses
- Übersichtliche Anzahl der Wohneinheiten
- Energieeffizienz und Ökologie
- Niedrige Betriebskosten
("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.06.2011)