Klingeln nach der Klinik

Die Errichtung von Serviced Apartments mit medizinischen Leistungen lässt noch auf sich warten. Ein Marktsegment mit Potenzial.

Die Idee der Serviced Apartments hat sich wohl deshalb durchgesetzt, weil sie Wohnen (oft nur auf Zeit) und zahlreiche Serviceleistungen unkompliziert miteinander verbindet. Die Idee entwickelt sich zunehmend weiter, in immer differenziertere Richtungen. So könnten für Experten Serviced Apartments, die neben den üblichen Packages gezielt medizinische Leistungen bieten, künftig an Bedeutung gewinnen. „Bei solchen Projekten steht die Nähe zur Medizin und damit auch die Sicherheit im Vordergrund“, sagt Manfred Kohl, Geschäftsführer der Tourismusberatung Kohl & Partner. Die Zielgruppe sei ähnlich wie bei herkömmlichen Serviced Apartments: gut situierte Personen. Sinnvoll sei das Konzept vor allem in Verbindung mit Privatkliniken – mit Wohnungen in Ober- oder Dachgeschoßen oder auf dem Klinikgelände. „Das langfristige Potenzial für solche kreativen Lösungen ist groß“, meint Kohl über den Markt.

In Österreich handelt es sich bei Kliniken, die servicierte Wohnungen anbieten, trotz aller Notwendigkeit, noch um Zukunftsmusik. Für Ingo Dietrich, Geschäftsführer des auf Gesundheitsfragen spezialisierten Beratungsunternehmens Humanomed Healthcare International, liegt das vor allem daran, dass die grundsätzliche Bereitschaft fehle, medizinische Leistungen aus eigener Tasche zu bezahlen. „Derzeit gibt es für Serviced Apartments oder Patientenhotels keine Sozialversicherungsleistungen oder private Krankenversicherungen, die so ein Paket anbieten. Deshalb müssen Interessenten selbst bezahlen“, so Dietrich. Schwierig wären ebenso die rechtlichen Rahmenbedingungen. „Wegen des Sanitätsrechts muss es eine klare Trennung zwischen Apartment- und Krankenhausbereich geben“, so Dietrich. Eine Wohnung könne die baulichen und hygienischen Auflagen nur eingeschränkt erfüllen. Der finanzielle und administrative Aufwand rund um die sanitätsrechtliche Bewilligung sei auch der Grund, wieso nur wenige Immobilienentwickler diese Bürde auf sich nehmen.

Stylish – und barrierefrei

„Im Krankenhausbereich gilt der Grundsatz Form follows function, im Privaten steht meist die Form im Vordergrund der Architektur“, erläutert Dietrich. Der Architekt Alexander Loebell, der sich auf Krankenhausarchitektur spezialisiert und unter anderem die Privatklinik Mariahilf in Klagenfurt geplant hat, macht sich Gedanken, wie diese betreuten Apartments aussehen könnten: kleinere, hochwertig ausgestattete Wohneinheiten mit bis zu 50 Quadratmetern und getrenntem Wohn- und Schlafzimmer. „Die Zielgruppe hat ja meist große soziale Netzwerke und möchte Besucher nicht im Wohn-Schlafzimmer empfangen.“ In den Wohnzimmern befinden sich zudem kleine Kochnischen.

Auch wenn Loebell betont, dass keine Krankenhaus- oder Heimatmosphäre aufkommen sollte, müsse doch den Bedürfnissen der meist älteren oder vorübergehend kranken Nutzer Rechnung getragen werden. Dazu gehören barrierefreie Badezimmer, breite Türen und Betten, die elektronisch in Position gebracht werden können. Es müsse auch Möglichkeiten geben, um im Notfall per Knopfdruck Hilfe oder Betreuungspersonal holen zu können.

Während Österreich auf medizinische Serviced Apartments noch wartet, bestätigen Experten, dass hinsichtlich Patientenhotels einiges im Entstehen ist. „Eine Krankenanstalt oder ein Ambulatorium muss sich hier mit einem Hotelbetreiber zusammentun oder eine eigene Immobilie entwickeln“, sagt Dietrich. Die Kosten für Hotel und Service muss der Patient selbst begleichen, und die medizinischen Leistungen werden über die private Krankenversicherung oder Sozialversicherung abgerechnet. „Der Impuls muss hier von den Versicherungen kommen“, meint Kohl. Patientenhotels würden deutlich weniger kosten als teure Klinikbetten. Und Kosten zu sparen ist stets ein Argument.

Medizinisches Umfeld

Patientenhotels haben eine weite Verbreitung in Skandinavien, in Österreich existieren einige Häuser im Spitalsumfeld. Apartments mit Zugang zu medizinischer Betreuung: Sie verfügen über ein barrierefreies Badezimmer, breite Türen, verstellbare Betten und Notfalleinrichtungen. Das Projekt Hamerling in der Wiener Josefstadt umfasst neben exklusiven Wohnungen auch eine Seniorenresidenz mit Zwei- bis Dreizimmer-Apartments.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.04.2013)

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