Virtuelles Spazieren durchs Eigenheim

Spezielle Computerprogramme bereichern abstrakte Papierpläne um die dritte Dimension. Was kann 3-D-Planungssoftware wirklich, und welche Vorteile bietet sie für Bauherrn und Planer?

Was früher abstrakt war, geht heutzutage auch konkreter: Statt des mühevollen Lesens eines Plans können Bauherrn mit 3-D-Planungsprogrammen auf dem Rechner wie in einem Computerspiel in (fast) fotorealistischer Darstellung durch das künftige Eigenheim wandern, die Wirkung dieser oder jener Fliesen im Badezimmer überprüfen oder eine Neugestaltung des Gartens virtuell ausprobieren. In der Theorie zumindest. Denn in der Praxis brächten 3-D-Grafikprogramme dem Laien oft mehr Frustration als Freude, meint Guido Fritdum, Chefredakteur des Computermagazins „WCM“: „Je leichter ein Programm zu bedienen ist, desto geringere Möglichkeiten wird es bieten.“ Wer eine realistische Darstellung anstrebt, wird mit einem Gratisprogramm kaum das Auslangen finden. „Man kann damit aber erste Erfahrungen sammeln, dann vielleicht 50 oder 100 Euro riskieren und schauen, ob sich damit die Vorstellungen von der Planung am PC verwirklichen lassen“, meint Fritdum.

Wenn der Laie mit dem Profi

„Architekt 3-D“, „3-D Traumhausdesigner“ oder „Cadvilla“ heißen die gängigsten dieser Programme. Damit können – entsprechende Einarbeitungszeit, Geduld und PC-Geschick vorausgesetzt – letztlich recht passable dreidimensionale Planungen erstellt werden, die einen guten Eindruck von dem Vorhaben vermitteln. Mit echter 3-D-Profisoftware, wie sie immer mehr Baumeister und Architekten einsetzen, haben sie allerdings wenig gemeinsam. Manfred Bott von Bott EDV, der mit „Mein Hausplaner“ ebenfalls eine solche 3-D-Software anbietet, streitet das auch gar nicht ab: „Unser Programm ist eindeutig für den Privatgebrauch und in der Benutzung entsprechend einfach aufgebaut“, sagt er. Die Arbeit mit diesem 3-D-Programm kann allerdings mehr als ein Planspiel sein, wenn sie mit einer Profisoftware des Unternehmens kombiniert wird, die nach eigenen Angaben bereits von mehr als 4000 Architekten und Baumeistern genutzt wird. „Da die beiden Programme kompatibel sind, kann ein mit ,Mein Hausplaner‘ gemachter, privater Entwurf vom Profiprogramm übernommen und dort weiterbearbeitet werden“, erklärt Bott.

Änderungen in Echtzeit

Genutzt wird die „Bauset“ genannte Planungssoftware etwa vom Fertighaushersteller Variohaus. Alle Kundenberater des Unternehmens haben diese Software auf ihrem Laptop und können damit – wenn auch in etwas eingeschränkter Form – die Typenhäuser dem Kundenwunsch entsprechend abändern. „Natürlich sind der freien Planung Grenzen gesetzt. Wo es um statische Dinge geht, kann nicht eingegriffen werden“, erläutert Thomas Riegelbauer, Leiter der Ausführungsplanung und EDV bei Variohaus. Bislang haben aber fast alle Bauherrn das Arbeiten mit dem Planungsprogramm den Variohaus-Mitarbeitern überlassen und sich damit begnügt, auf dem Bildschirm durch ihr künftiges Eigenheim zu spazieren.

Ein Profiprogramm für dreidimensionale Planungen bietet auch das Grazer Unternehmen Arbis an. Bauingenieur Edwin Reichhart hat bereits 1985 mit den ersten Entwicklungsschritten begonnen, nachdem ihn ein auf dem Markt befindliches nicht überzeugen konnte. Heute ist seine Software bei etwa 5000 Planern auf der ganzen Welt installiert. Das Programm liefert fotorealistische dreidimensionale Ansichten eines Hauses, aber auch zweidimensionale Einreichpläne sowie Detailpläne für die Baustelle und mit entsprechenden Ergänzungsmodulen selbst Ausschreibungen und Kalkulationen. Texturen von Möbeln oder Fliesen für eine möglichst reale Darstellung können anhand von Fotos eingearbeitet werden. „Die Basisnutzung des Programms ist relativ einfach, aber es braucht eine gewisse Einschulungszeit“, sagt Edwin Reichhart über die rund 4000 Euro teure Profisoftware. Richard Schaffranek überzeugen aber selbst solch anspruchsvolle Profiwerkzeuge nicht wirklich. Der Universitätsassistent beschäftigt sich gemeinsam mit seinen Kollegen am Institut für Architektur und Entwerfen der Technischen Universität Wien mit jenen Techniken, die morgen die Planungsarbeit bestimmen werden. Eines seiner Themen ist beispielsweise der Einsatz algorithmischer Planungsmethoden in der Architektur. Dabei geht es weniger um die Form, sondern um die Möglichkeit, Funktionszusammenhänge eines Hauses zu planen und zu simulieren. „Wir suchen nach Möglichkeiten, an die man bislang noch nicht gedacht hat“, erklärt er.

Hausbegehung mit der Google-Brille?

Experimentiert wird auch mit Software von Layar, einem Spezialisten für mobile Augmented Reality: Mit dieser Technik lässt sich etwa auf dem Smartphone der 3-D-Entwurf eines Hauses mit dem Bild des realen Grundstücks kombinieren. Mithilfe technischer Innovationen wie der neuen Google-Brille ließe sich dann selbst der Ausblick vom Wohnzimmer-Fauteuil des künftigen Eigenheimes realitätsnah simulieren. Solche Entwicklungen seien durchaus mehr als reine Spielereien, betont Schaffranek: „Das ist deshalb sinnvoll, weil sich der Laie auf Basis von zweidimensionalen Plänen meist kein dreidimensionales Bild machen kann.“ Das gilt letztlich aber nicht nur für den Laien, auch dem Architekten sind oft Grenzen gesetzt, die sich nur mit 3-D-Planung überwinden lassen. Futuristische Bauwerke mit mehrfach gekrümmten Flächen wie das Yas Island Marina Hotel Abu Dhabi oder das Guggenheim-Museum in Bilbao lassen sich aufgrund ihrer Komplexität nur mithilfe der dreidimensionalen Planung realisieren, so der Universitätsassistent.

Auf einen Blick

Einfachere 3-D-Planer für den ambitionierten Laien gibt es schon für wenige Euro. Die Preisspanne liegt zwischen zehn und 150 Euro. Zu den bekanntesten Programmen gehören „Architekt 3-D“, „3-D Traumhausdesigner“ oder „Mein Hausplaner“. Ausgefeilte Profiprogramme kosten hingegen deutlich mehr.

WEITERE INFORMATIONEN UNTER

www.meinhausplaner.de

www.architekt3d.de

www.traumhausdesigner.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.05.2013)

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