Energie-Effizienz: Sonnenernte auf dem Filialdach

Betriebsgebäude eignen sich hervorragend für die Stromerzeugung mit Fotovoltaik. Heimische Handelsketten nutzen dieses Potenzial besonders eifrig.

Rewe tut es, Spar tut es, Lidl tut es, Hofer tut es, M-Preis tut es. Alle großen österreichischen Lebensmitteldiskonter nützen die Dächer ihrer Supermärkte, aber auch ihrer Lager und Produktionsbetriebe zur Stromerzeugung mit Fotovoltaik. Wer mit den kleinen Kraftwerken auf dem Dach begonnen hat, lässt sich heute nicht mehr feststellen. Die westösterreichische Kette M-Preis sieht sich, so Pressesprecherin Ingrid Heinz, jedenfalls als Pionier dieser Bewegung. Bereits 2006 hat das Unternehmen die erste Anlage auf dem Dach der Verwaltung in Sölden in Betrieb genommen.

Mittlerweile verfügen mehr als 30 M-Preis-Filialen sowie die eigene Bäckerei und das Fleischwerk über solche Anlagen. Ziel ist es, alle Märkte mit geeigneten Dachflächen für die Sonnenstromproduktion zu nutzen: „Wenn uns dies gelingt, können durch diese Kraftwerke geschätzte fünf Millionen kWh Strom im Jahr von der Sonne ,geerntet‘ werden“, erzählt Heinz.

Nicht alle Filialen geeignet

Voraussetzung hierfür ist ein sonnenexponierter Standort, außerdem muss ein entsprechend tragfähiges und nicht begrüntes Flachdach vorhanden sein. Bei Rewe – das Unternehmen betreibt einen großen Teil der Filialen in dicht verbauten urbanen Regionen – seien maximal fünf bis sieben Prozent der Supermarktdächer geeignet, meint Pressesprecherin Ines Schurin. Derzeit hat das Unternehmen 21 Fotovoltaikanlagen mit einer Gesamtleistung von rund 1000 kWp in Betrieb. Sie erzeugen jährlich durchschnittlich eine Million kWh Strom, das entspricht dem Jahresenergieverbrauch von rund 300 Haushalten.

Eine Alternative zu den klassischen Dachanlagen sind Fassadenelemente mit integrierten Fotovoltaikmodulen. M-Preis hat bei einem Tiefkühllager bereits den Weg vom Dach zur Wand beschritten und dort eine Fotovoltaikfassade montiert. Andere Lebensmitteldiskonter haben solche Möglichkeiten im Visier, aber noch nicht realisiert. Rewe etwa denkt an die Nutzung von Fotovoltaikfolien, die flexibel und so selbst an gekrümmten Flächen montierbar sind.

Wie M-Preis möchten auch die anderen Handelsunternehmen ihre Eigenstromerzeugung weiter ausbauen. Rewe plant etwa fünf bis zehn Anlagen pro Jahr. Bei Hofer – wo neben dem Logistikzentrum in Weißenbach noch weitere drei Filialen damit ausgerüstet sind – evaluiert man noch, ob weitere Dächer infrage kommen. Neubauten werden aber schon jetzt möglichst so ausgerichtet, dass die Dachkonstruktion stabil genug für eine entsprechende Anlage ist, heißt es aus dem Unternehmen. Spar will in den nächsten zweieinhalb Jahren in Wien zwölf neue Anlagen auf Dächern von Geschäften errichten, zwei davon sind bereits in Bau. Zusammen mit den bereits umgesetzten Projekten werden die Wiener Supermarkt-Solarkraftwerke in Summe eine Leistung von 900 Kilowattpeak (kWp) haben und jährlich rund 900.000 Kilowattstunden Öko-Strom produzieren. Österreichweit betreibt Spar derzeit Anlagen mit einer Leistung von rund 620 kWp.

Sparen bei Licht und Heizung

Die Frage, ob sich die Nutzung von Sonnenenergie rechnet oder die Fotovoltaikanlage auf dem Dach bloß das grüne Image pflegt, wollen nicht alle Handelsunternehmen beantworten. Bei Rewe meint Schurin, die Amortisationszeit hänge vom Strompreis und den Errichtungskosten ab und müsse Standort für Standort neu berechnet werden: „Eine grobe Einschätzung: Mit einer Ömag-Förderung beträgt die Amortisationszeit circa acht Jahre, mit einmaliger Investitionsförderung circa zehn Jahre.“

Wobei das Sonnenkraftwerk auf dem nur eine von mehreren Energie-Effizienzmaßnahmen ist. Die Handelsketten sind generell bestrebt, den Energieverbrauch zu verringern, nicht zuletzt, um Betriebskosten zu sparen. So forcieren alle Diskonter die Umstellung auf energiesparende LED-Beleuchtung. Die Energieeffizienz wird durch Optimierung der Kühl- und Gefriereinrichtungen sowie Nutzung der Abwärme aus den Kühlaggregaten gesteigert.

Auch bauliche Maßnahmen werden gesetzt. Lidl errichtete sein steirisches Regionallager in energieeffizienter Bauweise und erreichte damit eine Zertifizierung der ÖGNI in Platin. M-Preis baute bereits drei Filialen in Passivhausbauweise, zwei weitere sind in Planung. Hofer betont, dass die neuen Filialen dem Green-Building-Standard entsprechen, der Heizwärmebedarf liegt pro Quadratmeter um mindestens 25 Prozent unter den gesetzlichen Vorgaben.

Solche Maßnahmen rechnen sich, wenn auch sehr unterschiedlich. Schurin meint etwa, dass die Amortisationszeiten bei manchen Maßnahmen über fünf bis zehn Jahre hinausgingen, aber auch bei 1,5 Jahren liegen können. Sie betont zudem, dass Rewe ohne Energiesparmaßnahmen einen weit über 100 Millionen kWh höheren Stromverbrauch hätte – das ist immerhin der Verbrauch von 30.000 Haushalten. Für M-Preis machen sich sogar die höheren Baukosten für die Passivhausbauweise der Supermärkte durch Einsparungen bei den Energiekosten bezahlt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.03.2016)

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