Hausgeschichte

Bad Ischl: Zauner reloaded

Die neue Sandwichtheke
Die neue SandwichthekeMatthias Heschl
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Das 1832 erbaute Stammhaus der Zauner–Kaffeehausinstitution in Bad Ischl wurde von Life Ball-Designer Andreas Lackner umgestaltet. Das Ergebnis: überraschend vertraut.

Man würde sich die beiden nicht zwingend gemeinsam an einem (Kaffeehaus)Tisch vorstellen: Josef Zauner, Traditionscafetier und Andreas Lackner, Kreativ-Consulter und Eventdesigner: Er gestaltet vom Life Ball bis zum Hotel, ganz aktuell in seiner Wahlheimat Ibiza. Und doch haben sie sich bemüht, künftig viele Menschen an einen Kaffeehaustisch zu bringen: Sie gestalteten das Stammhaus der Konditorei Zauner in Bad Ischl neu.

Die Institution der imperialen Kaffeehauskultur wurde 1821 in der Maxquellgasse gegründet und wurde rasch zum Treffpunkt für Einheimische und Gäste. Sowohl bei Minustemperaturen an tief verschneiten Wintertagen als auch an warmen Sonnentagen während der klassischen Sommerfrische trifft man sich heute noch beim ehemaligen k.u.k. Hoflieferant und Hofzuckerbäcker auf einen Kaffeetratsch bei einem Lachsbrötchen oder bei einer der rund 250 süßen Köstlichkeiten, die die Zuckerbäcker und Köche produzieren. Legendär ist der Zaunerstollen, seit 1905 beliebtes Mitbringsel aus der Stadt im Herzen des Salzkammergutes.

Stammbaum und Malerei

Das Stammhaus in der Pfarrgasse wurde 1832 erbaut und 1869 nach dem Bad Ischler Großbrand wieder errichtet. Seit knapp fünf Monaten – nach sechsmonatiger Planung und siebenwöchiger Bauzeit – glänzt es in neuer Gestalt. Die Konditorei, das Café und der grüne Salon heißen in warmen Farbtönen und Materialien willkommen. An den Wänden hängen der Zauner-Stammbaum und historische Bilder, zieren Süßspeisen servierende Grazien aus früheren Zeiten den Raum, rankt sich frisch-grüne Natur in Tapetenform.

Die prächtige Vitrine aus den 1980er-Jahren ist geblieben. Sie sei wie ein barockes Schlafzimmer mit süßen Köstlichkeiten, sagt Andreas Lackner. „Zuckerbäckerbarock“ ergänzt Josef Zauner. Sie fügt sich nahtlos ein ins neue Design. Die Sandwichterrine im Stile der 50er-Jahre hingegen ist komplett neu, ebenso die Toilettenanlagen.
„In den letzten 50 Jahren wurde immer wieder ein wenig renoviert. Dabei ist die Harmonie verloren gegangen“, erzählt Josef Zauner. Die Eröffnung des „Zauner reloaded“ im März nutzte er zur Feier seines 70. Geburtstags. Für den neuen Look des Cafés hat er gut 900.000 Euro in die Hand genommen, eine der größten Investitionen in der Geschichte des Unternehmens. „Es ist etwas, woran sich kommende Generationen erfreuen sollen“, so der Cafetiér.

Architekten-Teamwork

Andreas Lackner war der Designregisseur der Neugestaltung, seine Ideen setzte der Wiener Architekt Conrad Kroencke um. Im Teamwork ging man an die Aufgabe heran. „Gebaut wurde vornehmlich mit lokalen Handwerkern“, erzählt Lackner. „Der Boden stammt aus Gmunden, der Stein aus Salzburg, die Schlosserarbeiten wurden in Bad Ischl hergestellt.“ Viel Messing glänzt im Eingang, das gehöre sich so für ein Kaffeehaus, sagt Josef Zauner. Einzig die Stoffe und Tapeten wurden in Wien gefertigt. Designt von Andreas Lackner.

„Ich war der Familie sicher nicht immer ganz geheuer“, meint er und ist daher stolz darauf, dass ihm die Familie vertraut hat. Die größte Herausforderung sei gewesen, „den Zauner Zauner bleiben zu lassen“. Das ist aus Sicht des Hausherren gelungen: „Wir haben eine klasse Linie gefunden, eine Wohlfühloase kreiert“, freut er sich. „Mit modernen Elementen. Und dennoch unter Bewahrung der Tradition.“

Kokettieren mit der Tradition

Kindheitserinnerungen an Ischler Törtchen, Tradition und Monarchie haben Andreas Lackner zum neuen Zauner inspiriert. „Das ewig österreichische Kokettieren mit der Monarchie finde ich lustig und inspirierend“, sagt er. In Bad Ischl ist Kaiser Franz Joseph I. omnipräsent. Den kaiserlichen Geburtstag feiert die Stadt alljährlich, heuer mit Veranstaltungen von 11. bis 18. August. Andreas Lackner ist überzeugt, dem Kaiser hätte der neue Zauner gefallen.

Die Reaktion der Gäste auf das Makeover, das modern und zugleich traditionell vertraut wirkt, ist durchgängig positiv, bestätigt Josef Zauner. Er selbst ist täglich im Geschäft und hat seinen Lieblingsplatz im neuen alten Zauner schon gefunden. An einem Kaffeehaustisch beim Eingang gleich links. Mit Blick auf die große Vitrine.

Zum Ort, zur Person

Bad Ischl im Bezirk Gmunden/OÖ ist seit der Monarchie ein beliebter Ferienort: auf rund 14.000 Einwohner kommen rund 385.000 Nächtigungen im Jahr. Neue Eigentumswohnungen kosten im Bezirk Gmunden in guter bis sehr guter Lage 1998,8 bis 3703 Euro/m2, Geschäftsflächen zwischen 4,4 und 15,4 Euro/m2 (Bestlage) an Miete.
Andreas Lackner ist als Eventdesigner und Hotelier (in Ibiza) tätig.

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