„Grün“ allein hilft noch nicht Kosten sparen

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Nachhaltige Gebäude sollen das Image ihrer Nutzer aufpolieren und langfristig Kosten sparen. Damit Letzteres passiert, bedarf es von Anfang an detaillierter Planung und Einbeziehung des Facility Managements.

„Green Buildings“ liegen im Trend. Moderne Bürogebäude, womöglich noch mit einem Zertifikat, das sie als nachhaltig ausweist, sollen die Renditechancen für Immobilieninvestoren erhöhen. Bei Mietern sind sie beliebt, weil sie niedrigere Betriebskosten verursachen. Drittens sollen sie das Image der eingemieteten Unternehmen verbessern. Und die Auswahl an Gütesiegeln wächst. Neben dem britischen „Breeam“-Siegel und dem US-amerikanischen „Leed“-Zertifikat gibt es auch das „Deutsche Gütesiegel für Nachhaltiges Bauen“ (DGNB) oder dessen Österreich-Ableger.

Ein Gütesiegel macht jedoch bis zu drei Prozent der Baukostenaus – und sorgt noch nicht in jedem Fall für niedrigere Gesamtkosten. „Der Facility Manager sollte sich schon in der Planungsphase einbringen“, sagt Herbert Zitter vom Beratungsunternehmen M.O.O.CON. So könne er Einfluss auf die Ausrichtung des Gebäudes, die Größe und Anordnung der Räumlichkeiten und den Umfang der Heizung und Klimatisierung nehmen. Dazu muss er freilich genau über die Organisationsabläufe im Betrieb und das künftige Wachstum Bescheid wissen. Denn was für das eine Unternehmen ausreichend und effizient ist, kann sich für ein anderes negativ auswirken und zusätzliche Kosten verursachen.

Kostenkompetenz gefragt

„Die Know-how-Anforderungen sind sowohl für Betreiber als auch für Facility Manager gestiegen“, stellt Alexander Redlein, Professor für Facility Management an der TU Wien, fest. Der Begriff „Facility Manager“ sei allerdings mehrdeutig. Zum einen handle es sich um Dienstleister, die im Auftrag von Unternehmen bestimmte Arbeiten rund ums Gebäude anbieten. Vor allem verstehe man darunter den Gebäudeverantwortlichen, der im Unternehmen selbst verankert ist und Managementaufgaben wahrnimmt. In erster Linie sind die Anforderungen an diesen gestiegen. „Es geht nicht mehr nur um Betriebskosten-, sondern um Vollkostenkompetenz“, sagt Zitter. Das Bewusstsein dafür habe es lange nicht gegeben.

Das bestätigt auch Redlein: Bei der Gebäudeauswahl gehe es nicht mehr nur um die Frage, wie viele Quadratmeter in welcher Lage man benötige und wo man diese zu möglichst günstigen Gesamtkosten (Miete und Betrieb) erhalte. Bei modernen Gebäuden mit viel Haustechnik müsse man schon im Vorfeld genau definieren, wofür man die Immobilie nutzen wird: Verwende man etwa die Räumlichkeiten überwiegend für Besprechungen und bringe dort mehr Leute unter als vorgesehen, könnte es sein, dass die Klimatisierung nicht ausreicht.

Oft würden aber auch die Betreiber beziehungsweise Eigentümer des Gebäudes die Leistungsfähigkeit der Haustechnik und die Energieeffizienz nicht richtig einschätzen. Weshalb die Facility Manager unbedingt darauf achten müssen, dass im Mietvertrag genau vereinbart wird, welchen Zweck die Immobilie erfüllen muss. Hat man vereinbart, dass man die Räumlichkeiten auch für Konferenzen nutzen will, kann man eine Mietzinsminderung geltend machen– oder den Vermieter zwingen, für eine ausreichende Klimatisierung zu sorgen. Hat man das nicht, steht man vor einem Problem. Denn dann sei nicht der Eigentümer, sondern das Unternehmen oder sein Facility Management verantwortlich, so Redlein. Auch eine Betriebskostenobergrenze sollte man vereinbaren. Redlein kennt Fälle, in denen die Betriebskosten schließlich siebenmal so hoch waren wie ursprünglich angenommen. Böse Überraschungen können sich auch erst nach Jahren einstellen, wenn gehäuft Reparaturen anfallen. Ob zertifizierte Gebäude über den gesamten Lebenszyklus tatsächlich niedrigere Kosten verursachen, sei noch nicht ausreichend erforscht, da diese meist sehr jungen Datums sind. Doch je höher der Technisierungsgrad, desto größer die Wartungs- und Reparaturanforderungen.

Umgekehrt könnte sich die Wahl eines nachhaltigen Gebäudes über Umwege rechnen, wenn dieses zu einem besseren Image und zu höheren Umsätzen führt, sagt Redlein. Auch dieser Zusammenhang sei aber noch kaum erforscht. Die Anforderungen für ein „Leed“-Zertifikat sind übrigens relativ leicht zu erfüllen, beim DGNB sind sie höher. Wolle man einen US-Investor ansprechen, sei ein Leed-Zertifikat wegen seines hohen Bekanntheitsgrades geeignet, meint der Experte. Wie hoch der finanzielle Nutzen über den gesamten Lebenszyklus ausfalle, sei aber nicht abschätzbar.

Infrastrukturkosten drücken

Bei M.O.O.CON stellt man indes Modellrechnungen an, was es kostet, wenn sich der Facility Manager nicht schon in der Planungsphase einbringt. Dann gebe es nur noch wenige Schrauben, an denen er drehen könne, meint Zitter. Man könne zwar einen neuen Vertrag mit dem Reinigungsdienstleister oder der Bewachungsfirma vereinbaren. Einfluss darauf, wie leicht die Fassaden zu reinigen sind, habe man aber nicht mehr und könne die Infrastrukturkosten nur um zwei Prozent nach unten drücken. Nehme man auch schon Einfluss auf die Planung des Gebäudes, seien es bis zu zwanzig Prozent.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.09.2011)

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