Asylgericht wie geplant von der Koalition beschlossen

Die Presse (Fabry)
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Am 1. Juli wird der Asylgerichtshof seine Arbeit aufnehmen - trotz der Proteste der Opposition. Die Argumente für und gegen das neue Modell im Überblick.

Wien. Nach längerem Hin und Her ist es vollbracht: Der parlamentarische Verfassungsausschuss beschloss am Mittwoch den neuen Asylgerichtshof. Dieser wird ab 1. Juli 2008 seine Arbeit aufnehmen. Neben der ÖVP stimmte auch die SPÖ geschlossen für den Plan – trotz der in den letzten Wochen im SPÖ-Klub laut gewordenen Kritik.

Das Asylgericht wird die neue Berufungsinstanz in Asylfragen. Wer in erster Instanz von der Behörde einen negativen Asyl-Bescheid bekommt, kann dagegen beim neuen Asylgericht berufen. Der neue Rechtsweg wirft aber eine Reihe von Diskussionen auf:
Die Gegner des Modells – es sind dies etwa das Flüchtlingshochkommissariat UNHCR oder Verwaltungsgerichtshof-Präsident Clemens Jabloner – beklagen einen mangelnden Rechtsschutz. Denn Asylwerber dürfen gegen Urteile des Asylgerichts nicht mehr beim Verwaltungsgerichtshof berufen (VwGH). Dieser hob in den letzten Jahren aber zwischen 13 und 22 Prozent der Asyl-Bescheide auf. Der den Asylwerbern nach wie vor gewährte Gang zum Verfassungsgerichtshof reiche nicht aus, meint der UNHCR. Denn dieser könne nicht die Einhaltung der Genfer Flüchtlingskonvention prüfen.
•Als unfair wird auch betrachtet, dass der Innenminister – also der „Prozessgegner“ des Asylwerbers – sehr wohl Entscheidungen des VwGH anregen darf. Diesen Punkt hatte SPÖ-Justizministerin Maria Berger angeprangert. Entschärft wurde dieses Thema allerdings durch die nun erfolgte Klarstellung, dass der Innenminister nur losgelöst von Einzelfällen eine VwGH-Entscheidung initiieren darf. Überdies soll sich der Innenminister mit dem UNHCR absprechen, bevor er ein VwGH-Urteil anregt. Diese Absprache ist aber nicht zwingend. Und der Innenminister kann sehr wohl Asyl-Fälle beeinflussen: Denn von ein durch ihn initiiertes Urteil des VwGH würde sich das Asylgericht in künftigen Fällen leiten lassen.
•Moniert wird auch, dass das Asylgericht nicht mit vollwertigen Richtern ausgestattet sein wird: Für eine Tätigkeit am Asylgericht reicht es aus, wenn man Jus studiert hat und über fünf Jahre Berufserfahrung verfügt.

Die Befürworter des Entwurfs setzen den Kritikpunkten Folgendes entgegen:
•„Wir können nicht sagen, wir wollen einen Gerichtshof und dann wollen wir zehn Jahre Berufserfahrung. Dann können wir ihn nie gründen“, erklärte etwa der Zweite Nationalratspräsident Michael Spindelegger (ÖVP).
•Überdies verwiesen Innenminister Günther Platter und Kanzler Alfred Gusenbauer – sie sind hauptverantwortlich für die Details zum Asylgericht – darauf, dass das neue Modell zur Beschleunigung des Verfahrens unabdingbar ist.
•Und das Asylgericht – so die Argumentation der Regierung – biete guten Rechtsschutz: Denn es entscheiden zumindest zwei Richter. Dazu komme, dass das Asylgericht von sich aus den VwGH um seine Meinung zu rechtlich unklaren Themen fragen muss.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.11.2007)

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