Johannes Hahn: Der Allwettersegler

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Hahn(c) Michaela Bruckberger
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Sonntagsspaziergang: Der Wissenschaftsminister fürchtet keine Wellen - weder in der Politik, noch auf hoher See. Die nötige Gelassenheit eignete er sich nicht zuletzt durch seine mehrfachen Krebserkrankungen an.

Der Regen peitscht über die Alte Donau, Windböen rütteln an den Segelmasten. Das Pfingstwochenende meint es wahrlich nicht gut mit Sonnenanbetern. Johannes Hahn stört das nicht weiter. Der Wissenschaftsminister bezeichnet sich schließlich selbst als Allwettersegler. Ganz im Gegensatz zu den Stegseglern, die stets im Hafen bleiben und trotzdem alles besser wissen, und zu den Schönwetterseglern, die nur bei blitzblauem Himmel und auch dann nur unter Motor in See stechen. Das meint Hahn durchaus doppelsinnig – auch auf die Politik bezogen.

Sein seglerisches Wissen hat sich Hahn über viele Jahre erarbeitet. Begonnen hat er in der Segelschule Hofbauer auf der Alten Donau, da war die Uno-City noch in Bau: „Das unberechenbarste Revier, das ich kenne.“ Hahn ist aber auch in der Adria zu Hause und auf dem Neusiedler See. Dort liegt sein eigenes Boot, ein kleiner Trimaran. „Eigentlich zu ambitioniert für mich und mein Zeitbudget.“

Steife Brisen spürt der ÖVP-Politiker aber nicht nur in der Nähe eines Gewässers. Erst war da der vermasselte Ausstieg aus dem CERN-Programm, dann gab es Streichungen bei der Wiederwahl zum Wiener ÖVP-Chef, und auch die Studenten lieben ihn nicht. Letzteres nimmt Hahn mehr als gelassen: „Wäre es anders, müsste man meinen, ich hätte was falsch gemacht. Trotzdem habe ich als schwarzer Minister den schwarzen Studentenvertretern offenbar nicht geschadet. Sonst hätten sie nicht zum zweiten Mal bei einer ÖH-Wahl zugelegt.“ Und als Parteichef war er eben aktiv – was nicht allen bewahrenden Kräften gefallen hat.

Die Sache mit CERN, die fand Hahn schon weniger lustig. Aus der Ruhe bringt es ihn trotzdem nicht, dass Österreich sich gegen seinen Willen nun doch weiter am europäischen Kernforschungszentrum beteiligt. Auchnicht, dass ihn neben Kanzler Werner Faymann auch sein Parteifreund, der niederösterreichische Landeshauptmann Erwin Pröll, und zwar rüde, zurückgepfiffen hat. „Im Stilistischen hatte das keinen Newswert“, ätzt Hahn und: „Über die Medien hört man das Brüllen ohnehin nicht so laut.“

Viermal die vernichtende Diagnose.Woher kommt diese Gelassenheit? Die hat sich Hahn unfreiwillig erarbeitet. 1979 musste er sich das erste Mal mit einer Krebserkrankung auseinandersetzen. 1986, 1991 und 1999 dann noch einmal. „Mittlerweile musste ich vieles abgeben, was man so doppelt hat im Körper: einen Hoden, eine Niere. Da wird vieles relativ.“ Das heiße nicht, er wäre ohne Leidenschaft bei der Sache. „Aber ich verkrampfe mich nicht“, sagt Hahn. Seine Aufmerksamkeit lenkt sich auf eine Schülergruppe, die auf der Alten Donau tapfer gegen Wind und Wellen kämpft. Hahn ist Kindern sogar zwei Jahre als Hilfssegellehrer bei solchen Manövern beigestanden.

Ein verbissener Kämpfer wurde er dennoch nicht: „Ich habe, wie man so sagt, Karriere gemacht, aber nie hundertprozentig etwas angestrebt. So war ich nie enttäuscht, wenn nichts daraus geworden ist.“ Was will ein Politiker auch mehr als ein Ministeramt? Höchstens ein anders Ressort. Hahn hat sich, ehe er aus der Wiener Stadtregierung in die Bundespolitik wechselte, jahrelang mit Gesundheitspolitik auseinandergesetzt. Anfangs hätte er gerne mit Andrea Kdolsky getauscht, aber nur anfangs. Und was wäre mit dem Bundeskanzler? „Lieber Wiener Bürgermeister“, gesteht Hahn. Das wär er gerne. Das Match um Wien, das machen sich aber wohl andere, SPÖ und FPÖ, untereinander aus. Die ÖVP wird da kaum eingreifen. „Das ist doch ein Medienhype“, entgegnet der Minister – nun doch mit Emotion. FPÖ-Chef Strache spreche die kritischen Dinge zwar an, das müsse man ihm schon zugestehen. Nachsatz: „Allerdings unheimlich monothematisch, mit einem unerträglichen Hass gegen Ausländer.“ Die einzig richtige Konsequenz daraus sei, dass die FPÖ so nie einen Koalitionspartner finden wird.

Kein Vorsitz für Martin Graf. Ärgert es ihn, dass seine Partei im Parlament eine Abwahl von Martin Graf als Dritten Nationalratspräsidenten verhindert? „Im Gegenteil. Das wäre reine Anlassgesetzgebung.“ Was nichts daran ändere, dass Graf ständig Grenzen überschreite, erst provoziere und dann lamentiere. „Darauf kann man anders reagieren.“ Barbara Prammer und Fritz Neugebauer sollten eine Zeitlang allein die Nationalratssitzungen leiten. „Keiner sagt, dass Graf ein Anrecht darauf hat. Das wäre auch ein Signal.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.05.2009)

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