Ceta: SPÖ gibt Weg mit Vorbehalt frei

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PK SP�-PR�SIDIUM ´CETA´: KERN(c) APA/HERBERT PFARRHOFER
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Kern blockiert die Unterzeichnung trotz des Widerstandes der Gewerkschaft nicht. Aber bis zum Sanktus im österreichischen Parlament müssen noch Bedingungen erfüllt werden.

Wien. Österreichs Regierung wird den Sanktus auf EU-Ebene zum Freihandelsabkommen zwischen der EU und Kanada nicht behindern. Das SPÖ-Parteipräsidium hat für die Unterzeichnung grünes Licht gegeben – allerdings nur unter Bedingungen. Bundeskanzler SPÖ-Chef Christian Kern gewinnt damit vorerst in seiner eigenen Partei Zeit bis zur endgültigen Ratifizierung des Freihandelspakts im österreichischen Parlament.

Die offenen Fragen – etwa zur Stellung der Schiedsgerichte – müssten geklärt sein, bevor es zu einer „positiven Ratifizierung kommen kann“. Kern, der mit dem Hinauszögern der Entscheidung in der SPÖ zu Ceta bereits für Verärgerung beim Koalitionspartner ÖVP gesorgt hatte, zog jetzt die Schlussfolgerung: „Das bedeutet, dass eine Etappe erledigt ist.“

In der Kanzlerpartei gibt es nach wie vor massive Vorbehalte gegen Ceta. ÖGB-Präsident Erich Foglar deponierte bereits unmittelbar vor der Sitzung, dass die Gewerkschaft gegen das Freihandelsabkommen sei. In der SPÖ-Sitzung gab es dann auch keine formale Abstimmung, um ein direktes Kräftemessen zu vermeiden.

ÖGB: „Nicht zustimmungsreif“

Der SPÖ-Vorsitzende sprach danach an, dass die Gewerkschaft für eine Totalablehnung sei. Aber: „Die Linie, die wir hier festgelegt haben, ist die Linie der SPÖ, nicht die Gewerkschaftslinie“, stellte der Regierungschef klar. An anderer Stelle betonte Kern, dass er eine Entscheidung als Bundeskanzler der Republik getroffen habe. Vor dem Parlament gab es vor der SPÖ-Entscheidung Proteste, die von Ceta-Gegnern organisiert wurden, darunter auch der Sozialistischen Jugend mit ihrer Chefin Julia Herr.

Die Gewerkschaft bleibt jedenfalls bei ihrem Nein. ÖGB-Chef Foglar hat in einem Schreiben an alle ÖGB-Mitarbeiter bekräftigt, dass das Abkommen mit Kanada „nicht zustimmungsreif“ sei. Die Verbesserungen am Vertrag seien zwar anzuerkennen, würden aber nicht ausreichen.

Für SPÖ-Chef Kern sind durch die Nachverhandlungen über die Zusatzerklärung zum Abkommen zwar „eine Reihe von Fortschritten“ erreicht worden, es sei aber „nicht alle Skepsis ausgeräumt“ worden. Deswegen würden auch die Bedingungen für den endgültigen Ratifizierungsprozess gestellt.

Dazu zählen: Es müssten offene Fragen zu den Schiedsgerichten geklärt werden; darunter das Statut dieser Gerichtshöfe; die Unabhängigkeit der Richter müsse gewährleistet werden; es müsse noch fixiert werden, wie die Schadenersatzhöhe für klagende Investoren berechnet wird; die SPÖ verlangt gemäß dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts in Deutschland die Möglichkeit, die vorläufige Anwendung des Vertrags zu beenden; und ein etwaiges EU-USA-Freihandelsabkommen (TTIP) wird so nicht unterzeichnet.

Kern sieht als Fortschritt, dass die Zusatzerklärung rechtsverbindlichen Charakter haben solle. Das ist von Seite der EU-Kommission bereits zugesichert worden. Die Zusatzerklärung stellt allerdings großteils nur eine Zusammenfassung zentraler Inhalte des Handelsvertrages dar. Auch um sein langes Zuwarten mit dem grünen Licht für Ceta zu rechtfertigen, betonte der SPÖ-Chef freilich, es habe sich ausgezahlt, dass sich Österreich „auf die Hinterfüße gestellt habe. Offensichtlich an die Adresse von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker gerichtet, wonach es bei der Zusatzerklärung um Klamauk gehe, merkte Kern an: „Österreichischer Klamauk hat sich voll und ganz durchgesetzt.“

ÖVP: Wäre einfacher gegangen

Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) sieht bei Ceta zwar jetzt „die Stolpersteine weggeräumt“. Und: „Ich bin froh, dass wir hier eine gemeinsame Linie gefunden haben“. Mitterlehner machte klar, dass das Finden der gemeinsamen Regierungslinie mit „viel Mühe“ verbunden gewesen sei: „Wir hätten es uns einfacher machen können.“ Denn viele Punkte der Diskussion seien Behauptungen gewesen, die bereits im Vertrag widerlegt waren.Es seien lediglich Interpretationsspielräume eingeengt worden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.10.2016)

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