"Intrige und Hinterhalt": Neos-Chef wehrt sich

Neos-Chef Matthias Strolz ist verärgert über Kurz.
Neos-Chef Matthias Strolz ist verärgert über Kurz. (c) Clemens Fabry
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Neos-Parteichef Matthias Strolz wirft Sebastian Kurz Abwerbeversuche von Neos-Abgeordneten vor. Tatsächlich hätte es sogar einmal eine Kurz-Neos-Fusion geben sollen.

Wien. Eine eigene Liste Sebastian Kurz dürfte so etwas wie das Worst-Case-Szenario für die Neos sein. Sie ist ein mehrfacher Konkurrent. Im gleichen Wählerteich haben die beiden Parteien (Neos und ÖVP) ohnehin schon jetzt gefischt. Nun versucht sich auch Kurz' „neue Volkspartei“ als formell unabhängig zu geben und das angestaubte Image der ÖVP abzustreifen. In Konkurrenz dürfte man auch in Sachen Personalia treten – zumindest behaupten das die Neos.

Begonnen hat am gestrigen Sonntag alles mit einem angriffigen Tweet von Neos-Parteichef Matthias Strolz: „Und @sebastiankurz, hör endlich auf unsere Leute durchtelefonieren (sic!). Ist schamlos & intrigant, wie gegen Mitterlehner. Lasst uns da draußen!“ Eine ausführliche Erklärung folgte wenig später: Kurz habe in den vergangenen Tagen „mit (fragwürdigen) Angeboten intensiv versucht“ Neos-Mandatsträger abzuwerben. Dafür habe er „etliche Male“ persönlich zum Hörer gegriffen. Von „Intrige und Hinterhalt als Methode“ sprach Strolz und warf Kurz „Lopatka-Style“, in Anspielung auf die umstrittene Abwerbung einiger Mandatare durch ÖVP-Klubobmann Reinhold Lopatka, vor. Die „Doppelbödigkeit“ sei „schamlos und unwürdig“. Kurz habe in den persönlichen Gesprächen, die er in den vergangenen Tagen mit Strolz geführt habe, nie etwas davon erwähnt.

Gescheiterte Kurz-Neos-Plattform

Diese jetzigen Abwerbeversuche seien außerdem nicht die ersten dieser Art gewesen. Schon beim Wechsel von Christoph Vavrik in den ÖVP-Klub sei Kurz mit Telefonaten und einem persönlichen Treffen involviert gewesen und habe dies später bestritten. Dass er diese Art von Hintergehung zwischen Klubobleuten und Parteichefs nicht okay finde, habe er Kurz damals in einem persönlichen Gespräch mitgeteilt, sagt Strolz. „Seine Antwort ist nun offensichtlich: Er macht so weiter.“

Die von Strolz suggerierte groß angelegte Abwerbeaktion dürfte so aber nicht stattgefunden haben. Welche Mandatare abgeworben werden sollten, wollten die Neos nicht sagen. Laut Informationen der „Presse“ ging es um eine Person. Kurz dürfte dem Neos-Abgeordneten Sepp Schellhorn den Posten des Wirtschaftsministers angeboten haben. Von Seiten der ÖVP wird das freilich dementiert.

Enge Bande gibt es zwischen den Neos und Sebastian Kurz aber tatsächlich schon länger. Mitte des Vorjahres ist sogar sehr intensiv daran geknüpft worden. Damals hat es zwischen Kurz, den Neos und der unabhängigen Ex-Präsidentschaftskandidatin Irmgard Griss Gespräche gegeben. Dort soll über eine mögliche Fusion zu einer gemeinsamen Wahlplattform diskutiert worden sein. Wie „Die Presse“ damals berichtete wären die Neos bereit gewesen, auf eine eigenständige Kandidatur zu verzichten und gemeinsam mit Kurz unter seiner Flagge zu segeln. Griss sollte die Querverbinderin der beiden Lager sein.

Schon damals, hört man nun, habe Kurz geplant, der ÖVP einen Katalog an Bedingungen vorzulegen. Das hätte nach der Hofburg-Stichwahl im Mai 2016 passieren sollen. Doch das Experiment scheiterte davor. Unter anderem auch deshalb, weil Kurz die Loslösung von der traditionellen ÖVP nicht so bieten konnte, wie sich die Neos das wünschten. Nun, so wird hinter vorgehaltener Hand gesagt, versuche Kurz diese Pläne alleine umzusetzen und das Personal dafür zu gewinnen.

Was macht Irmgard Griss?

Unter anderem geht es da um Irmgard Griss. Es ist kein Geheimnis, dass sowohl Kurz als auch die Neos sie gerne im Team hätten. Griss selbst hielt sich am gestrigen Sonntag auf Anfrage der „Presse“ weiter bedeckt. Sie wolle das Ganze (noch) nicht kommentieren und abwarten, „was das sein soll“, gemeint ist die Liste Sebastian Kurz. Ihr gehe es um Inhalte. Und etwas kryptisch fügte sie hinzu: „Ich gehe über die Brücke, wenn ich davor stehe.“

Auch andere Namen sind im Gespräch. Kurz, der sich ja weitgehende Personalautonomie von der ÖVP gewünscht hat, dürfte etwa versuchen, den früheren Rechnungshofpräsidenten Josef Moser zu gewinnen. Moser ist seit Oktober des Vorjahres für das Außenministerium tätig. Auch der Name Cattina Leitner fällt in diesem Zusammenhang. Dieser ist bereits im Präsidentschaftswahlkampf aufgetaucht. Leitner war Hauptsponsorin von Irmgard Griss.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.05.2017)

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