Nach dem Klubvorsitz übernimmt Christian Kern auch die Führung des Renner-Instituts. Am Montag geht das SPÖ-Präsidium in Klausur. Offiziell geht es dort nicht um Personalia.
Wien. Die SPÖ ist nach dem Verlust des ersten Platzes und – wie es aussieht – des Kanzleramtes dabei, sich neu aufzustellen. Nach dem Klubvorsitz übernimmt Parteichef und Noch-Bundeskanzler Christian Kern nun auch die Leitung der Parteiakademie, des Renner-Instituts. Und zwar von seinem Vorvorgänger Alfred Gusenbauer, wie Kern am Sonntag in der ORF-Sendung „Hohes Haus“ bestätigte.
„Ich habe mit Gusenbauer über die Neuaufstellung der Partei gesprochen“, sagte der Kanzler. Und das betreffe natürlich auch das Renner-Institut. „Wir sind übereingekommen, dass der Parteivorsitzende auch das Präsidentenamt übernehmen wird.“ Einen Termin dafür gibt es noch nicht. Wahrscheinlich ist aber, dass man damit noch bis zur Angelobung der neuen Regierung wartet. Direktorin des Renner-Instituts bleibt Maria Maltschnig, vormals Kerns Büroleiterin im Kanzleramt und bei den ÖBB.
„Kein Streit mit Gusenbauer“ Dass sich Kern und Gusenbauer spätestens nach der Verhaftung von SPÖ-Berater Tal Silberstein, einem Geschäftspartner Gusenbauers, im August überworfen hätten, wollte man im Kanzler-Umfeld nicht bestätigen. Es sei gute SPÖ-Tradition, dass der Parteivorsitzende auch Präsident des Renner-Instituts sei. Durch die Mehrfachbelastung als Kanzlerpartei habe man zuletzt darauf verzichtet. Jetzt, da man wohl in die Opposition wechseln werde, solle sich das wieder ändern. Daneben gebe es pragmatische Gründe: Gusenbauer sei durch seine internationalen Beratertätigkeiten oft im Ausland, was für Beschlüsse in der Parteiakademie nicht eben förderlich sei.
Während sich SPÖ und SPD auf den Gang in die Opposition vorbereiten, die tschechischen Sozialdemokraten bei den jüngsten Wahlen halbiert wurden, steckt die Parti socialiste in Frankreich überhaupt in einer existenzbedrohenden Krise. Bald werden Sozialdemokraten nur noch in sechs von 28 EU-Ländern den Regierungschef stellen: in Italien, Portugal, Rumänien, Schweden, der Slowakei und Malta. Und selbst von diesen sitzen nicht alle fest im Sattel. Bei der italienischen Parlamentswahl im Frühjahr steht der Partito Democratico laut Umfragen nicht mehr an erster Stelle. Auch in Rumänien oder der Slowakei sinken die Beliebtheitswerte. Doch es gibt auch gegensätzliche Trends. Ein Überblick. APA/ROBERT JAEGER Partito Democratico (PD), die stärkste italienische Regierungspartei, hofft auf einen Sieg bei den Parlamentswahlen im Frühjahr. Der PD schickt Parteichef Matteo Renzi ins Rennen. Nach seinem Scheitern beim Verfassungsreferendum im Dezember 2016 und seinem Rücktritt vom Premieramt ist der 41-jährige Renzi nicht mehr der Dynamik und Optimismus versprühende Jungstar der italienischen Politik. Die PD kämpft mit der Konkurrenz der populistischen Fünf-Sterne-Bewegung, der ausländerfeindlichen Lega Nord sowie der Forza Italia um Ex-Premier Silvio Berlusconi. Die Renzi-Partei zahlt einen hohen Preis für die Spaltung des linken Lagers, die Politik der offenen Tore in punkto Einwanderung sowie für die fehlenden Resultate im Kampf gegen die Jugendarbeitslosigkeit, die bei mehr als 35 Prozent verharrt. REUTERS Die Sozialisten (PS) sind so populär wie schon lange nicht mehr. Seit zwei Jahren regiert Parteichef Antonio Costa mit einer Minderheitsregierung das Land und es läuft gut im früheren Eurokrisen-Staat. Anfang Oktober konnten die Sozialisten bei landesweiten Lokalwahlen einen historischen Sieg feiern. Es war der Lohn für eine sozial verträgliche Wirtschaftspolitik und die Abwendung vom unpopulären Sparkurs der konservativen Vorgängerregierung. Costas Regierung hatte den Mindestlohn erhöht, Gehaltskürzungen im öffentlichen Dienst zurückgenommen und auch gewisse Steuererhöhungen rückgängig gemacht. Zur Verwunderung der EU wächst die Wirtschaft wieder kräftig und die Arbeitslosigkeit geht zurück. Zugleich konnte das Staatsdefizit 2016 auf 2,2 Prozent des BIP gesenkt werden. Dennoch könnten nun schwierige Zeiten für Portugals Sozialisten anbrechen. Im Hinblick auf die Parlamentswahl 2019 dürften ihnen die Kommunisten und der Linksblock, von denen die PS im Parlament abhängt, das Regieren erschweren. APA/AFP/PATRICIA DE MELO MOREIRA Der sozialdemokratische Premier Robert Fico sitzt mit seiner Partei Smer nicht mehr ganz so fest im Sattel. Bei der Parlamentswahl im März 2016 hatte Fico zwar die Alleinregierung abgeben müssen, wurde aber dennoch Wahlsieger. Bei den Regionalwahlen Anfang November erlitt die Smer allerdings ein schweres Debakel. Außerdem machen die eigenen Koalitionspartner dem Sozialdemokraten immer mehr zu schaffen. Die Nationalisten (SNS), die sich von Smer unterdrückt fühlten, hatten im Sommer die Regierung nahezu zum Sturz gebracht. Fico, der sich als Verteidiger der hart arbeitenden Niedrigverdiener präsentiert, schafft es mit Maßnahmen wie der Erhöhung des Mindestlohns und Zulagen für Nachtarbeit, weiterhin bei seinen Kernwählern zu punkten. Viele Slowaken sind jedoch unzufrieden und der Politik immer mehr überdrüssig. REUTERS Den Sieg bei der Parlamentswahl im Dezember 2016 sicherte sich die Regierungspartei PSD unter anderem durch nationalistische und europafeindliche Rhetorik. Ihren Wählern versprach sie höhere Löhne und Pensionen sowie westeuropäische Wohlfahrtsstaatlichkeit. Der vorbestrafte PSD-Chef Liviu Dragnea (54, rechts im Bild) schaffte es Anfang Februar, durch den vom ihm angestoßenen Regierungserlass zur Verwässerung der Antikorruptionsgesetzgebung die größten Demonstrationen im Land seit der Wende von 1989 hervorzurufen. Seine Partei leitet Dragnea mit harter Hand. Das bekam etwa der gestürzte Regierungschef Sorin Grindeanu zu spüren. Laut Umfragen hat die Partei von knapp 50 Prozent im Jänner bis September auf 38 Prozent verloren. Vertrauen in den PSD-Chef haben gerade einmal 18,7 Prozent der Rumänen. APA/AFP/DANIEL MIHAILESCU Der sozialdemokratische Regierungschef Joseph Muscat ist mit scharfen Anschuldigungen und auch Rücktrittsaufforderungen konfrontiert, vor allem, seit eine Journalistin Mitte Oktober bei einem Attentat getötet worden war. Die Journalistin hatte mehrere Korruptionsaffären in Malta aufgedeckt und auch über Vorwürfe in den "Panama Papers" recherchiert, die sich unter anderem gegen einige Mitarbeiter Muscats und dessen Frau richteten. Muscat wies diese Verdächtigungen mehrmals zurück. Er trat die Flucht nach vorne an und setzte im Juni vorgezogene Neuwahlen an, bei denen seine Labour Party mit dem Rekordergebnis von 55 Prozent der Stimmen im Amt bestätigt wurde. REUTERS In Nordeuropa stellen die Sozialdemokratischen Parteien lediglich in Schweden den Ministerpräsidenten. Stefan Löfven steuert das skandinavische Land seit 2015 mithilfe einer rot-grünen Minderheitsregierung, die von der bürgerlichen Allianz toleriert wird. Grund dafür ist die blockübergreifende Isolation der am rechten Rand operierenden Schwedendemokraten. In Dänemark und Finnland drücken die Sozialdemokraten seit 2015, in Island und Norwegen seit 2013 die Oppositionsbank. Bei der Wahl in Island Ende Oktober konnten die Sozialdemokraten sich allerdings auf rund 12 Prozent verdoppeln, eine Regierungsbeteiligung scheint greifbar. Im Baltikum regieren die Sozialdemokraten zurzeit als Juniorpartner in Estland und in Litauen mit. In Lettland bildet die russisch dominierte Sozialdemokratische Unionspartei "Harmonie" seit sechs Jahren die stärkste Fraktion im Parlament. Weil sie von den Parteien der lettischen Bevölkerungsmehrheit nicht als Koalitionspartner akzeptiert wird, blieb ihr sowohl 2011 als auch 2014 jeweils nur der Gang in die Opposition. APA/AFP/ANP/REMKO DE WAAL Die Sozialdemokraten (SD) sitzen in der Regierung des liberalen Premiers Miro Cerar. Bei den Wahlen 2014 erreichte die Partei als kleinster der drei Koalitionspartner mit knapp sechs Prozent ihr schlechtestes Ergebnis und blieb nur knapp vor der neu gegründeten Linkspartei. Für die im Juli 2018 stattfindenden nächsten Parlamentswahlen sieht es aber deutlich besser aus. Unter ihrem populären Chef, dem Landwirtschaftsminister und Vizepremier Dejan Zidan, ist laut Umfragen sogar der erste Platz in Reichweite. Ihr bestes Ergebnis hatte die SD, die meist im Schatten von liberalen Parteien stand, mit knapp 30 Prozent der Stimmen bei der Wahl 2008 erreicht. Der damalige SD-Chef Borut Pahor wurde Ministerpräsident, doch endete der Höhenflug im Jahr 2011 jäh mit der Abwahl Pahors, vorgezogenen Neuwahlen und dem Verlust von zwei Drittel der Stimmen. Die Niederlage führte zu einer inhaltlichen Neuausrichtung. Die Partei, die unter Pahor in die Mitte gerückt war, betont nun wieder stärker sozialdemokratische Werte. APA/AFP/EMMANUEL DUNAND Die von den Konservativen vorzeitig angesetzte Parlamentswahl im Juni, aus der sie trotz Verlusten erneut als stärkste Kraft hervorgingen, brachte für die Labour Party mit einem Zugewinn von 30 Sitzen einen unerwarteten Erfolg - trotz eines offen ausgetragenen innerparteilichen Führungs- und Richtungsstreits. Zunächst trauten viele dem links stehenden Parteichef Jeremy Corbyn (68) das Amt des Premiers nicht zu. Doch der Partei und ihrem Vorsitzenden, der seinen eigenen Politikstil pflegt, als geradlinig und prinzipientreu gilt und unter jungen Menschen seine größten Anhänger hat, gelang eine Aufholjagd. Mittlerweile liegt Labour in vielen Umfragen vor den Konservativen der sich mit dem Thema Brexit herumschlagenden Premierministerin Theresa May. APA/AFP/DANIEL LEAL-OLIVAS Bei der Bundestagswahl im September erlitten die deutschen Sozialdemokraten eine Schmach. Sie erlebten unter Martin Schulz mit gut 20 Prozent ihr schlechtestes Wahlergebnis seit Kriegsende. Ihr Abstieg begann in den 1980er Jahren, als sich die Grünen gründeten, die eine Menge enttäuschter Sympathisanten von der SPD abzogen, und setzte sich nach der Wiedervereinigung mit der Linkspartei fort. Die Themen, die Strukturen, die Dauerfehden, das Spitzenpersonal, alles schreit irgendwie nach Erneuerung. Die SPD tröstet sich nach ihrem Wahldebakel, dass sie als Opposition wieder relevanter werden wird. Seit Ankündigung des Schrittes gehen ihre Umfragewerte leicht nach oben. Die SPD wird sich wohl aber erst so richtig wieder finden, wenn Angela Merkel nicht mehr antritt. APA/AFP/TOBIAS SCHWARZ Die Sozialistische Partei Frankreichs (PS) befindet sich in einer tiefen, existenzbedrohenden Krise. Nach dem desaströsen Abschneiden ihres Kandidaten Benoit Hamon bei den diesjährigen Präsidentschaftswahlen - Hamon erhielt nur 6,36 Prozent der Stimmen -, musste die einst stolze Großpartei auch eine vernichtende Niederlage bei den darauffolgenden Parlamentswahlen hinnehmen. Die Sozialisten stürzten von 280 Abgeordneten in der Nationalversammlung auf 31 ab. Viele PS-Kandidaten waren im Vorfeld zu Emmanuel Macrons sozialliberaler Bewegung La Republique en Marche (LREM) übergelaufen. Finanzielle Engpässe führten zur Entscheidung, die symbolträchtige Pariser Parteizentrale in der Rue de Solferino zu verkaufen. APA/AFP/JEAN-PIERRE CLATOT Die Sozialdemokratie (CSSD) ist in eine schwere Krise geraten. Die einst stärkste Partei in Tschechien mit über 30 Prozent der Stimmen erhielt bei den Parlamentswahlen im Oktober nur 7,3 Prozent und landete auf Platz sechs. Das war das schlechteste Ergebnis seit mehr als 20 Jahren. Auch dass die tschechische Wirtschaft brummt, die Arbeitslosigkeit die niedrigste in der ganzen EU ist, half nicht. Weil die CSSD schon Monate vor der Wahl in Umfragen schwächelte, wurde der blasse Parteichef Bohuslav Sobotka ausgetauscht. Für April 2018 wurde ein Parteitag angesetzt, der sich mit der Krise innerhalb der Partei befassen soll. REUTERS Die Arbeitspartei (PvdA) war der große Verlierer der Parlamentswahl im März. Sie schrumpfte auf 5,7 Prozent - nur noch ein Viertel ihrer alten Stärke und das schlechteste Ergebnis ihrer Geschichte. Interne Streitigkeiten um die Führung der Partei wurden dafür verantwortlich gemacht, aber auch starke Parteien links der Mitte machten es der PvdA nicht einfach: die Migrantenpartei und PvdA-Abtrünnigen DENK oder die grün-linke Partei GroenLinks. Die Treue hielten den Sozialdemokraten die über 65-Jährigen, von denen sie die meisten Stimmen aller Parteien erhielten. Seit ihrer Gründung 1946 war die Partij van de Arbeid sieben Mal an der Regierung beteiligt und stellte drei Ministerpräsidenten. Bild: PcvA-Vorsitzender Lodewijk Asscher APA/AFP/ANP/REMKO DE WAAL Die Sozialisten (PSOE) versuchen einen Neustart nach zwei verlorenen Parlamentswahlen und einem parteiinternen Machtstreit. Eine Wahlalternative zu den regierenden Konservativen (PP) stellen sie für die meisten Spanier heuer aber nicht dar. Nach dem Wahldebakel 2016 und einer Blockade-Politik - Spanien blieb fast ein Jahr ohne Regierung - kam es unter Führung der Andalusierin Susana Diaz zum Aufstand gegen Parteichef Pedro Sanchez. Im Mai 2017 schaffte Sanchez ein Comeback. Er drängte Politiker des Diaz-Lagers aus der Partei und verjüngte die Parteispitze mit unbekannten Gesichtern. Mit der Protestpartei Podemos hat er einen starken Konkurrenten. In der Katalonien-Krise konnte die PSOE im Vergleich zu Podemos etwas an Boden gewinnen. REUTERS Die mehrfache Regierungspartei PASOK (Panhellenische Sozialistische Bewegung) ist mittlerweile in der Versenkung verschwunden. Nun will sie als Bewegung durchstarten. Auf ihrem Höhepunkt war die Partei im Jahr 1981, als sie unter Andreas Papandreou (Bild) 48,07 Prozent der Stimmen erhielt. Noch 2009 erzielte die sozialistische PASOK unter Giorgos Papandreou, dem Sohn von Andreas, stolze 43,94 Prozent. Ein Jahr später begann der Ministerpräsident angesichts der Finanzkrise mit einer strengen Budgetpolitik und leitete schmerzhafte Sparmaßnahmen ein. Der PASOK wurde auch vorgeworfen, selbst für den de-facto Bankrott Griechenlands zumindest mitverantwortlich zu sein. 2015 bekam PASOK sogar weniger als fünf Prozent der Stimmen, der Linkspopulist Alexis Tsipras gewann. Die Presse Die Ungarische Sozialistische Partei (MSZP) steckt in einer schweren Krise. Nach Wahlschlappen 2010 und 2014 ging es in der Wählergunst nur noch bergab. Umfragen zufolge liegt die Partei erstmals seit 25 Jahren im einstelligen Bereich. Als Nachfolgepartei der Kommunistischen Arbeiterpartei wird sie verantwortlich gemacht für die Fehler der Vergangenheit. Während die Anhänger der rechtskonservativen regierenden Fidesz-MPSZ hochmotiviert sind und die rechtsradikale Jobbik zulegt, stehen die Sozialisten rund sechs Monate vor den Parlamentswahlen ohne Spitzenkandidat da. Laszlo Botka (Bild) war mit seinem Vorhaben gescheitert, ein Wahlbündnis gegen Fidesz zu schmieden, und warf das Handtuch. Auch die Demokratische Koalition (DK), die sich von der MSZP abgespalten hat, schwächelt. (c) REUTERS (Laszlo Balogh) Die oppositionellen Sozialdemokraten (SDP) sind eine der beiden Großparteien und die Nachfolger des ehemaligen Bundes der Kommunisten Kroatiens. Bisher waren sie zwei Mal an der Macht: erstmals von 2000 bis 2003 unter der Führung des inzwischen verstorbenen Parteichefs Ivica Racan, die zweite Regierungsperiode verschaffte ihnen Zoran Milanovic (2011-2015, Bild). Nach einer weiteren Niederlage bei den vorgezogenen Wahlen 2016 trat Milanovic als Parteichef zurück. Unter dem neuen Vorsitzenden Davor Bernardic (37) ist die SDP mit Streitigkeiten beschäftigt. Parteiinterne Kritiker werfen dem jungen Parteichef Ideen- und Programmlosigkeit vor. In Umfragen verliert die SDP an Zustimmung und hinkt hinter ihrem konservativen Erzrivalen, der regierenden HDZ, hinterher. APA/EPA/DANIEL KASAP Im EU-Armenhaus fassen die postkommunistischen Sozialdemokraten (BSP) nach Jahren der politischen Marginalisierung wieder etwas Fuß. Nachdem der BSP-Kandidat Rumen Radew (Bild) bei der Präsidentenwahl im vergangenen Dezember einen Erdrutschsieg gegen die Regierungskandidatin Zezka Zatschewa erzielte, konnte die Oppositionspartei bei den Parlamentswahlen im März ihren Stimmenanteil auf 27 Prozent verdoppeln. Die konservative GERB von Ministerpräsident Bojko Borissow blieb aber stärkste Kraft und konnte sich mit Unterstützung der ebenfalls gestärkten Rechtspopulisten im Sattel halten. Seit dem Vorjahr hat die BSP mit der 48-jährigen Kornelia Ninowa erstmals eine Parteichefin. imago/Pacific Press Agency Schon seit längerem nichts zu melden haben die Sozialdemokraten in Polen. Das postkommunistische "Bündnis der Demokratischen Linken" (SLD) hatte seine hohe Zeit rund um die Jahrtausendwende, als es mit Aleksander Kwasniewski (Bild) den Präsidenten und Leszek Miller den Ministerpräsidenten stellte. Die Linksregierung versank aber bald in Korruptionsskandalen, bei der Parlamentswahl 2005 verloren die Sozialdemokraten drei Viertel ihrer Stimmen auf nur noch 11 Prozent. Seitdem wird das Land von den Rechtsparteien PO und PiS dominiert, bei der Wahl 2015 kamen die in einem Bündnis angetretenen Linksparteien gerade noch auf 7,5 Prozent und wurden dabei von der neuen liberalen Partei "Nowoczesna" (Die Moderne) und der populistischen Bewegung des Musikers Pawel Kukiz überholt. EPA Auf der Grünen Insel liegen Glanz und Elend für die Sozialdemokraten eng beisammen. Jahrzehntelang konnte die Labour Party gegen die dominierenden Rechtsparteien Fianna Fail (FF) und Fine Gael (FG) nichts ausrichten und kam nur selten über zehn Prozent der Stimmen, doch infolge der Finanzkrise erlebte die Partei einen Frühling: Bei der Parlamentswahl 2011 erreichte die Partei mit 19,4 Prozent der Stimmen ein Rekordergebnis und wurde Juniorpartner in einer von der FG geführten Regierung, wenige Monate später wählten die Iren den Labour-Kandidaten Micheal Higgins überraschend zum Staatspräsidenten. Bei der Wahl im Februar 2016 stürzte Labour dann auf nur noch 7,6 Prozent ab und wurde erstmals von der linksnationalistischen Sinn Fein (Bild) überholt. APA/AFP/PAUL FAITH Wie Europas Sozialdemokraten gegen ihre Krise kämpfen Christian Kern zieht damit auch die Lehren aus einem Wahlkampf, in dem die SPÖ nicht geschlossen aufgetreten ist. Auch intern verdichtete sich zuletzt der Eindruck, dass Kanzleramt, Partei und Klub nicht am selben Strang ziehen. Das will der SPÖ-Chef ändern, indem er sich an die Spitze aller Parteiteile stellt. Mehr Führung sei gefragt, vor allem aber „mehr Zusammenführung“, sagte Kern vor Kurzem in einem Interview mit der „Presse am Sonntag“.
Heute, Montag, trifft sich das SPÖ-Präsidium im Gartenhotel Altmannsdorf (das der Partei gehört, aber verkauft werden soll). In einer Klausur, die bis Dienstagmittag angesetzt ist, soll es um die Strategie für die Opposition gehen, die wohl auch mit einer inhaltlichen Neuausrichtung beziehungsweise Zuspitzung verbunden sein wird.
Wobei die Richtung noch offen ist. Den Anhängern der Grünen, von denen ein nicht unwesentlicher Teil am 15. Oktober SPÖ gewählt hat, will man jedenfalls ein dauerhaftes Angebot machen, etwa mit umweltpolitischen Ansagen. Generell hat bisher aber nur Verteidigungsminister und Vizeparteichef Hans Peter Doskozil, der demnächst als Landesrat und Landeshauptmann-Anwärter ins Burgenland wechselt, seine Vorstellungen kundgetan. Er wünsche sich eine SPÖ, die „gesellschaftspolitisch liberal, sozialpolitisch links, wirtschaftspolitisch pragmatisch und in Sicherheitsfragen konsequent“ sei.
Laut Bundesgeschäftsführer Christoph Matznetter werde sich das Präsidium mit der Frage auseinandersetzen, wie die SPÖ ihre Strukturen und ihre Zielgruppenarbeit an die künftigen Erfordernisse anpassen könne. Die anstehenden Personalentscheidungen würden aber noch kein Thema sein.
Wobei es da um Matznetter selbst geht, der nach dem Rücktritt von Bundesgeschäftsführer Georg Niedermühlbichler unmittelbar vor der Nationalratswahl gemeinsam mit Andrea Brunner die Führung der Parteizentrale übernommen hat. Interimistisch, wie damals betont wurde. Dass Matznetter und Brunner verlängert werden, ist eher unwahrscheinlich. Zuletzt gab es das Gerücht, Kanzleramtsminister Thomas Drozda oder Frauenministerin Pamela Rendi-Wagner könnten Bundesgeschäftsführer werden.
Kern hält sich zu Wien bedeckt Rendi-Wagner ist allerdings auch als nächste Wiener Bürgermeisterin im Gespräch – neben Wohnbaustadtrat Michael Ludwig, Bildungsstadtrat Jürgen Czernohorszky und Klubobmann Andreas Schieder. Dem Vernehmen nach ist sie sogar Kerns Favoritin, was man in dessen Büro aber nicht bestätigen will.
Kern selbst wollte sich im ORF-Interview nicht festlegen: Michael Ludwig, der unter anderem von der Zweiten Nationalratspräsidentin Doris Bures favorisiert wird, sei sicher ein geeigneter Kandidat für die Nachfolge von Michael Häupl (im Jänner). Aber nicht der einzige.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.11.2017)
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