Eurofighter: Die Evaluierung der Evaluierung

Der Leiter der Kommission, Generalleutnant Norbert Gehart, mit Minister Mario Kunasek und Generalstabschef Othmar Commenda (von links).
Der Leiter der Kommission, Generalleutnant Norbert Gehart, mit Minister Mario Kunasek und Generalstabschef Othmar Commenda (von links).(c) APA/HERBERT PFARRHOFER (HERBERT PFARRHOFER)
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Beim Eurofighter geht es zurück an den Start: Eine neue Kommission entscheidet über die Zukunft der Flieger.

Wien. Verteidigungsminister Mario Kunasek (FPÖ) hat seine Evaluierungskommission für die Luftraumüberwachung vorgestellt. Ein halbes Jahr, nachdem eine Expertenkommission für den Umstieg von den Eurofightern auf ein neues System plädiert hat, geht es zurück an den Start: Die neue Kommission soll „ergebnisoffen“ Varianten für die zukünftige Luftraumüberwachung erarbeiten und bis Juni ein Ergebnis präsentieren.

1 Wozu sind überhaupt Änderungen bei der Luftwaffe notwendig?

Aus zwei Gründen: Erstens haben sich die Eurofighter aufgrund der Betriebskosten als enorm teures System erwiesen. Das Problem wird sich noch verschärfen, weil Österreich die veraltete Tranche I einsetzt, bei der die Ersatzteilbeschaffung künftig teurer wird. Zweitens müssen die Saab 105 – 50 Jahre alte Trainingsflugzeuge, die Teile der Luftraumüberwachung übernommen haben – im Jahr 2020 stillgelegt werden. Die Expertenkommission im Vorjahr hat dazu geraten, diese nicht nachzubeschaffen, sondern auf einen einzigen Flottentyp zu setzen. Und da sei es aufgrund der Betriebskosten über eine Lebensdauer von 40 Jahren billiger, die Eurofighter stillzulegen und eine ganz neue Flotte zu kaufen.

2 Warum sollte eine neue Kommission zu neuen Ergebnissen kommen?

Luftwaffenchef Karl Gruber, Leiter der ersten Kommission, ist auch stellvertretender Leiter der neuen Evaluierungskommission. Und die Mitarbeiter werden großteils dieselben sein, nämlich die Luftfahrtexperten des Bundesheers. Kunasek verzichtet auf die Beiziehung externer Experten. Trotzdem soll die Kommission auch zu neuen Ergebnissen kommen können. Denn nun will man „neue Informationen“ einarbeiten: Seit Abschluss der letzten Kommission haben die schwedische und die amerikanische Regierung konkrete Kostenangaben gemacht, falls Österreich ihnen Flugzeuge abkauft. Und auch Eurofighter hat sich mit einem „Flatrate-Angebot“ für die Betriebskosten zu Wort gemeldet. Dazu haben die Eurofighter-Nationen Italien und Großbritannien Angebote zur Senkung der Wartungskosten und für eine gemeinsame Pilotenausbildung abgegeben.

3 Welche Varianten gibt es überhaupt?

Im Prinzip gibt es drei Möglichkeiten. Erstens: Man behält die Eurofighter, spart bei den Betriebskosten und kauft drei zweisitzige Ausbildungsflugzeuge dazu. Zweitens: Man behält die Eurofighter und ersetzt die Saab 105 durch ein neuwertiges Trainingsflugzeug, das auch in der Luftraumüberwachung eingesetzt werden kann. Drittens: Man stellt auf eine völlig neue Flotte um. Dafür kämen der schwedische Saab Gripen und die amerikanische F-16 infrage. Dann müsste man aber den Eurofighter verkaufen – und dafür gibt es eigentlich keinen Markt. Man müsste sich mit dem Hersteller einigen, dass er die Flieger zurücknimmt.

4 Welche Lösung bevorzugt der Minister bzw. die Regierung?

Das hat Mario Kunasek bisher nicht verraten, der Kommission hat er den Auftrag gegeben, „ergebnisoffen“ zu arbeiten. Man darf aber vermuten, dass die von seinem Vorgänger Hans Peter Doskozil geplante Vorgangsweise, eine völlig neue Flotte anzuschaffen, nicht seine erste Wahl ist. Denn das hätte er schon ganz ohne neue Kommission umsetzen können.

5 Was bedeutet die Kommission für den Rechtsstreit mit Eurofighter?

Vorerst einmal gar nichts. Das Strafverfahren gegen den Konzern wegen des Verdachts des Betrugs und der Täuschung, das aufgrund einer Anzeige des Ministeriums eingeleitet wurde, läuft weiter und kann vom Verteidigungsressort gar nicht gestoppt werden. Und die Kommission hat nur den Auftrag, mit Eurofighter über die Betriebskosten und die Nachrüstung der Flieger zu verhandeln. Wohl aber könnte der Minister im Zuge der Verhandlungen auch gleich über zivilrechtliche Ansprüche der Republik – im Raum stehen Schadenersatzforderungen von bis zu 1,1 Milliarden Euro – mitverhandeln. Der Chef der Finanzprokuratur, Wolfgang Peschorn, sieht da vorerst die Gegenseite am Zug: Es sei Sache der Verdächtigen, Wiedergutmachung zu leisten und Vorschläge zu unterbreiten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.02.2018)

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