Die Wirtschaftskammer fordert ein Recht auf Niederlassung für Jugendliche aus Drittstaaten, die in Österreich eine Lehre absolvieren. Die Fremdenrechtsnovelle ist derzeit in Begutachtung.
Die Wirtschaftskammer drängt auf eine Lösung für Jugendliche aus Drittstaaten, die in Österreich eine Lehre absolvieren: Für sie sollte es einen Niederlassungstitel geben - und dieser wäre auch die "dringend erforderliche aufenthaltsrechtliche Lösung" für Lehrlinge, die einen negativen Asylbescheid bekommen haben, so der Appell am Donnerstag. Denn, wie die drei grünen Landesräte Rudi Anschober (Oberösterreich), Martina Berthold (Salzburg) und Gabriele Fischer (Tirol) ergänzten: "Es ist zu den ersten Abschiebungen gekommen, direkt vom Lehrplatz." Das Erfolgsprojekt "Lehre für Asylwerbende in Mangelberufen“ sei in Gefahr.
Derzeit werden 800 Asylwerber in einem Mangelberuf ausgebildet. Sie würden "von den Betrieben dringend benötigt“, unterstreicht die WKÖ. Denn Österreich leide unter einem akuten Fachkräftemangel, "in vielen Branchen und Regionen Österreichs suchen Unternehmen händeringend nach Lehrlingen.“ Deshalb habe die Regierung in ihrem Programm einen Niederlassungstitel in Aussicht gestellt, der es Jugendlichen aus Drittstaaten ermöglicht, hier eine Lehre zu absolvieren. In der von Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) vorgelegten Fremdenrechtsnovelle 2018 finde sich dieser "wesentliche Punkt" allerdings nicht, bedauert die WKÖ - ebenso das Rote Kreuz.
Als Lösung für den Niederlassungstitel schlägt die WKÖ eine "entsprechend angepasste Schiene der Rot-Weiß-Rot-Karte“ für betroffene Jugendliche nach Abschluss der Lehre vor. Bedauert wird auch, dass durch die Novelle Asylwerbern mit hoher Bleibewahrscheinlichkeit der Rechtsanspruch auf einen Deutschkurs genommen wird.
Kritik an Verschärfungen für jugendliche Asylwerber
Die von Kickl eingebrachte Gesetzesnovelle bringt außerdem weitere Verschärfungen für Jugendliche. Stellungnahmen kamen dazu auch von der Volksanwaltschaft, dem Ludwig Boltzmann Institut für Menschenrechte und der Wiener Landesregierung. Sie kritisieren, dass jugendliche Asylwerber künftig nach einer gerichtlichen Verurteilung ihr Aufenthaltsrecht verlieren und sogar abgeschoben werden können. Damit sollen alle für eine Straftat vorgesehenen Konsequenzen bei Erwachsenen auch für straffällige Jugendliche gelten.
Das Jugendgerichtsgesetz sieht grundsätzlich aber gelindere Konsequenzen für Jugendstraftaten vor. Der Grund dafür ist, dass Jugendkriminalität meist Ausdruck vorübergehender Probleme bei der Anpassung an die Erwachsenenwelt ist. Die Fremdenrechtsnovelle widerspricht diesem Grundsatz, sagen die Kritiker. Die Volksanwaltschaft lehnt die "massive Verschlechterung“ für Jugendliche ab und spricht von einer "Anlassgesetzgebung“. Die Chancen straffälliger Jugendlichen dürfen nicht durch weitere Folgewirkungen neben einer Strafe erschwert oder unmöglich gemacht werden, konstatiert das Ludwig Boltzmann-Institut für Menschenrechte.
805 Asylberechtigte in Lehre
Auch die Stadt Wien betont, dass die Regelungen der gelinderen Konsequenzen gerade im Asylbereich gelten müssen. Seien doch die Jugendlichen oft aus schwierigen Umständen, bürgerkriegsähnlichen Situationen, gänzlich anderen Rechtssystemen und oftmals von psychischer Vorbelastung betroffen. Zudem seien die jugendlichen Asylwerber oft unbegleitet und hätten auch im Heimatland keine Familie mehr.Die Neos haben eine parlamentarische Anfrage zur Beschäftigungssituation von jungen Asylberechtigten eingebracht. In der Beantwortung durch Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) heißt es dazu: "Ende März 2018 waren österreichweit 832 Lehrlings-Beschäftigungsbewilligungen für Asylwerber/innen aufrecht, 805 davon bei laufendem Lehrverhältnis. Von allen österreichweit erteilten Lehrlings-Beschäftigungsbewilligungen seit 2015 (1.322) sind inzwischen 580 ruhend gestellt worden. (...) Aus den dem AMS und dem Sozialministerium vorliegenden Daten kann daher nicht festgestellt werden, welche Lehrverhältnisse erfolgreich abgeschlossen, abgebrochen oder aus anderen Gründen beendet wurden."
Heuer wurden bisher 189 Beschäftigungsbewilligungen erteilt. Der Löwenanteil entfällt mit 78 Bewilligungen auf die Kochausbildung. Es folgen Kellner und Elektroinstallateure. Auffallend sind die regionalen Unterschiede: So gab es im Burgenland nur 4 Bewilligungen - und in Wien gerade mal doppelt so viele, während in Oberösterreich 68 Bewilligungen erteilt wurden.
Noch auffälliger ist die Geschlechterverteilung: Lediglich 6 der 189 Bewilligungen entfallen auf Frauen.
(APA)