Verfassungsschutz

BVT: Kickls Versuch der Harmonie

Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) und BVT-Direktor Peter Gridling präsentierten am Dienstag ihre Reformpläne für das Amt für Verfassungsschutz.
Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) und BVT-Direktor Peter Gridling präsentierten am Dienstag ihre Reformpläne für das Amt für Verfassungsschutz. (c) APA/GEORG HOCHMUTH
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Minister Kickl tritt betont freundlich mit Direktor Gridling auf und kündigt Reformen an. BVT-Beamte sprechen indes von einem „Angriff von innen“, von einem „Stasi-Krimi“.

Das Scherbenaufräumen begann mit einer bemüht freundlichen Geste. FPÖ-Innenminister Herbert Kickl und Peter Gridling, Direktor des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT), saßen am Dienstag gemeinsam auf einem Podium. Dort bekundeten sie ihr Reformbemühen für das BVT.

Kickl sprach von seinem großen Vertrauen zu Gridling, und dieser lobte vice versa die Pläne des Ministers als gute Idee. Eine zum Teil skurril anmutende Szenerie, immerhin sorgte Kickl noch vor einigen Wochen für Gridlings Suspendierung, die dann vom Verwaltungsgericht aufgehoben wurde.

Nun soll das Vertrauen zu Gridling sogar so groß sein, dass dieser den Reformprozess leiten soll. Die Pläne sollen bis Herbst ausgearbeitet werden. Laut „Presse“-Informationen soll das BVT aufgesplittet werden. Die Abteilungen „Terrorismus“ und „Extremismus“ sollen in das Bundeskriminalamt überführt werden. Ein eigenständiges Cybersecurityamt soll entstehen – und das, was dann vom BVT übrig bleibt, soll in einen Nachrichtendienst umgewandelt werden. Aufgabe eines Nachrichtendienstes ist es, sich um die nationalen Interessen zu kümmern – welche das sind, definiert die Politik. Das BVT wird künftig also wohl politischer gesteuert und intransparenter werden.

Die Rolle der Ministerien

Auch wenn Gridling und Kickl auf dem Podium Einigkeit demonstrieren – das Image des BVT ist ebenso ruiniert wie die Zusammenarbeit mit international befreundeten Diensten. Das ist auch in Hinblick auf die EU-Ratspräsidentschaft ein veritables Sicherheitsrisiko, zu dem das blaue Innenministerium wie das schwarze Justizministerium ein gutes Stück beigetragen haben.

Das Innenministerium vor allem in Form des Generalsekretärs Peter Goldgruber, der persönlich Informationen an die Staatsanwältin lieferte und der jene Einheit aussuchte, die dann die umstrittene Hausdurchsuchung machte. Und dann wäre da noch der Kabinettsmitarbeiter Udo Lett, der persönlich Zeugen an die Staatsanwaltschaft heranführte, teilweise bei den Vernehmungen dabei war. Gegen die beiden wurden mittlerweile Anzeigen wegen Amtsmissbrauchs eingebracht – ebenfalls anonym.

Und auch die Rolle des Justizministeriums beziehungsweise die der führenden Staatsanwältin ist fraglich. So wurde die Hausdurchsuchung zwar mehrere Tage vorbereitet, eine richterliche Genehmigung dafür aber spontan in der Nacht davor eingeholt. Die angegebenen Gründe für die Hausdurchsuchung sind ebenfalls zu hinterfragen – ob diese überhaupt gerechtfertigt war, prüfen derzeit die Gerichte. Ebenso unverständlich ist, warum einige der anonym erhobenen Vorwürfe nicht überprüft wurden, bevor eine derartige Hausdurchsuchung angeordnet wurde. Sie hätten sich zum Teil leicht entkräften lassen.

Ebenfalls außer Acht gelassen wurde offenbar, die Motivation der vier Hauptzeugen zu hinterfragen – es sind durchwegs Geschichten der persönlichen Kränkung. Auch gegen sie gibt es Anzeigen wegen Verleumdung und Rufschädigung.

Und auch aktuelle Veröffentlichungen aus dem Ermittlungsakt werfen kein gutes Licht auf die Vorgehensweise. So beklagt laut „Falter“ etwa ein IT-Beauftragter des BVT in einem Brief an das Justizministerium, er fühle sich seit der Razzia im BVT „wie in einem Stasi-Krimi“, die Justiz würde „mit Scheuklappen“ ermitteln, es finde ein „Angriff von innen“ statt. Er sei 27 Jahre im Dienst, so etwas habe er aber noch nie erlebt.
Ein weiteres E-Mail stammt von einem anderen Systemadministrator. Er entdeckte, dass die Justiz in der IT-Abteilung eine Back-up-Festplatte des BVT-Servers samt den Daten ausländischer Dienste einpackte – eine Tatsache, die das Justizministerium stets bestritt, als „Die Presse“ es damit konfrontierte. Die Daten wurden bisher auch nicht an das BVT zurückgegeben.

Kern fordert Kickls Rücktritt

Die Leiterin des Extremismusreferats hat an die Staatsanwaltschaft geschrieben, ihr werde „seitens des Dienstgebers signalisiert, dass man mir etwas anhängen möchte, als gelinderes Mittel wurde mir konkret die Pension nahegelegt“.

Da täglich neue Details zur BVT-Affäre ans Licht kommen, hat SPÖ-Chef Christian Kern Innenminister Herbert Kickl am Dienstag zum Rücktritt aufgefordert.

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